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Di, 19. März 2024

Wien - Beisl & Co.

Wien - Beisl & Co.

Wie genau ein Beisl (oder Beisel) definiert werden kann oder darf, überlasse ich jedem Wiener selbst. Wikipedia hilft auch, die Beschreibung ist aber dürftig, immerhin
erfährt man so einiges über die Etymologie.

Die "Urform" des Beisls, welches schon früh am Morgen offen hat, gibt es in dieser Form kaum noch bzw. die "Beisln", die in Wien "en vogue" sind, entsprechen der Urform überhaupt nicht mehr.

Ich lege mich also fest:
Reden wir lieber von urigen Gasthäusern, wo's noch so richtig menschelt, wo die Patina auf den Möbeln schon richtig greifbar ist.

Hier ist man oft per du, reservieren ist meist nur bedingt möglich, wenn Platz ist, wird man "dazugesetzt". Hier sind "alle gleich", Nichtrauchergesetze werden schon mal augenzwinkernd "interpretiert".

Allen gemein ist die noch ursprüngliche Küche, darunter z.B. Alt-Wiener Backfleisch, das so genannte "Bruckfleisch", Hirn mit Ei und natürlich Gulasch und Schnitzel. Hab ich was vergessen? Ganz sicher.
Auch "Edelbeisln", die etwas gehobeneren Varianten
des Themas, dürfen natürlich nicht fehlen.

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amarone1977·9 Lokale·Update: 10. Okt 2013·4 Kommentare

1. Grünauer

Hermanngasse 32, 1070 Wien
Maroni-Mascarpone-Nockerl mit Schlagobers, im Hintergrund die Béhmischen Mohnpálatschinkän ;-)Perfektes Gansl. Wem der Knödel zu klein ist, dem ist nicht zu helfen.
Zwei schöne Weine: BF ...Rindsuppe mit Tiroler Knödel
In diesem Guide weil: Edelbeisl. Für mich "die" Wien-Erfahrung schlechthin. Immer wieder. Kalbsrahmgulasch, 'kocht's Rindfleisch, Schweinsfledermaus, Krenfleisch, Szegediner Krautfleisch, Steirisches Wurzelfleisch, Armer Ritter, Böhmische Mohnpalatschinke, usw. Hoffentlich bald: das Gansl.
SpeisenAmbienteService
19. Jän 2011
Einige Besuche beim Grünauer. (Weitere Besuche weiter unten durch eine Sternderl-Linie getrennt!) ************************************************...MehrEinige Besuche beim Grünauer. (Weitere Besuche weiter unten durch eine Sternderl-Linie getrennt!)
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Erster Besuch: bin alleine dort, der kleine Tisch beim Eingang ist für mich reserviert. Gut, schon klar dass ich den Vierertisch bei diesem Kommen und Gehen nicht besetzen kann.

Das Interieur ist das eines guten alten Wirtshauses, "gut und alt" mit viel Holz, aber nicht abgewohnt oder versifft, im Gegenteil. Es bleibt hier urig und gemütlich, ohne auftrumpfen zu wollen. Einfach und ehrlich, aber wohnlich.

Es ist noch nicht ganz voll, aber ziemlich, und die beiden Herren haben viel zu tun, eilen von Tisch zu Tisch. Das kleine Staro ist schnell serviert, für die Frittatensuppe dauert es dann aber doch noch weit mehr als eine halbe Stunde, zu lang.

Die Suppe ist im kleinen Häferl serviert, sehr gut, aber mit noch ein wenig Luft nach oben.

Die Hauptspeise: konnte mich zuerst nicht entscheiden, da die Karte sehr interessant gespickt war, mit allem, was die Wiener Küche zu bieten kann. Dass ich das klassische Wienerschnitzel gar nicht auf der Karte gefunden habe, stört mich aber nicht wirklich. Also wurde es dann das gekochte Rindswangerl mit Erdäpfelschmarren und Wurzelgemüse. Lange Rede, kurzer Sinn: der Hauptgang hat's ordentlich in sich. Der darüber gestreute Kren ist so frisch, dass mir (auch vor Freude) die Tränen kommen. Das Fleisch ist perfekt, typisch geleeartig durchzogen (wie heißt das nochmal??). Das streifig geschnittene Wurzelgemüse ist fein gedünstet, aber nicht zerkocht, der Erdäpfelschmarren rundet das Gesamtbild ab. Ich esse langsam, weil's einfach schmeckt.

Doch halt, ich bin fast fertig, da kommt einer der Herren mit einem Kännchen Suppe daher. Hatt' ich zwar nicht erwartet, gibt's aber natürlich zuhause immer - warum kam das nicht früher? Ich gieße das über den verbliebenen Rest - göttlich.

Fazit: auch wenn die beiden Herren an diesem Abend ein wenig gestresst und nicht perfekt organisiert waren (der Wein wurde vergessen, eine neue Flasche wurde dann hastig für mich geöffnet), so komme ich hier auf alle Fälle wieder, Speisekarte nächstes Kapitel sozusagen.

Alfred Dorfer erwähnt in einem seiner Kabarett's seine Hornhaut im Magen, Dank der Wiener Küche. Das stimmt auch oftmals, doch hier wird die Wiener Küche sehr einfach, schlicht und edel, ohne nachherigem Bauchweh serviert. Ohne Schnickschnack. Ambiente: Grundehrlich, sehr authentisch. Wenn die Einwohner des 7. nicht grad zuhause essen wollen, kommen sie hierher.

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--> 2. und 3. Besuch: Ich habe es geahnt, das Service ist genauso routiniert, freundlich, mit puristischem, aber nie ungutem Wiener Charme, wie ich es beim ersten Mal vermisst hatte. Beim ersten Besuch scheint irgendeine Servicekraft kurzfristig ausgefallen sein, wie auch immer. Sowas kann passieren, ich bewundere ja jeden Gastronomen, der sein Lokal am richtigen Tag mit genügend Personal auszustatten vermag.

Das Essen: eine Kalbsleberknödelsuppe. Der Knödel ist in der Farbgebung schon mal nicht "krankhaft" purpurbraun, schmeckt nicht wie der 08/15-Maggiknödel, wie man ihn all zu oft bekommt. Sehr cremig, sehr gehaltvoll, zart, leicht würzig. Nur die Bouillon mag im Hause nicht ganz 100%ig zu überzeugen. Eine gute Suppe, aber trotzdem noch nicht die absolute "Aaaaaaaah"-Brühe.

Letzens hatte ich das Wangerl, beim zweiten Mal wollte ich instinktiv beim Rindvieh bleiben und nahm das Schulterscherzel. Ein bisschen kerniger als das Wangerl, aber trotzdem Top-Qualität. Der Erdäpfelschmarrn wird in einem halbkugeligen GEfäß nochmal angebraten und so serviert. Fast ein wenig zu knusprig, aber trotzdem sehr gut. Das Kohlgemüse... erfrischend, fruchtig, würzig. Ich bestelle ein wenig Suppe nach, die prompt geliefert wird. - Ein Genuss!

Beim dritten Besuch gibt's Grießnockerlsuppe (routiniert, aber eben nicht "aaaaaah"...), und einen Spanferkelbeinschinken mit Krensauce und dem bereits bekannten Erdäpfelschmarrn. Das Spanferkel lässt, vor allem in dieser Zubereitung, jedes billige Schweinefleisch vergessen.

Gleich morgen komm ich wieder, nächster Gang!!

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6.4. 2012: Mittlerweile hat es ein mehrmaliges "Morgen" gegeben. Auch heute bleibt es wieder schwierig, weil die Auswahl es alles andere als leicht macht.

Es gäbe wieder Spanferkelbeinschinken mit Krensauce, Wadschinken mit Wurzelrahm, Schulterscherzel bietet die Küche auch wieder...
Unter den Vorspeisen findet sich heut sogar eine Eierspeis mit Trompetenpilzen (Eierschwammerl-Verwandter). Letzteres würde aber wohl zuviel werden.

Hoppla: Leberpofesen in der Rindsuppe, das werd ich nehmen. Und um das Kalbsrahmgulasch mit Nockerln komme weder ich noch die gute Freundin aus dem Weinviertel herum. Beide hatten wir uns schon gefreut - und weil's der Grünauer heut (morgen wohl wieder nicht) auf der Karte hat, muss es wohl sein!

Die Suppe war wieder gut, aber nicht exzellent, die Leber-Pofesen (das Wort geht wohl noch auf die Zeit der Kämpfe an der Adda-Front zurück: Pavia-Pavesi-Pofesen...) enttäuschten aber nicht.
Die an Ildefonso erinnernden Weißbrotscheiben mit der obligaten Füllung dazwischen machen sich gut in der Suppe und sind schön sämig-schwammig, wie sich's eben gehört.

Das Kalbsrahmgulasch danach haben wir wieder nicht bereut: die Nockerln sind ein Wiener Hausfrauentraum, das Fleisch könnte edler und zarter kaum sein, die Sauce ist das absolute Gegenteil von Allerwelts-Kunstsauce.

Ein Hoch auf die Küche, ich könnte dank nicht blähendem Essen sogar noch eine Nachspeise essen, doch der Blick in die Karte überzeugt mich heute nicht so ganz, ist aber Geschmacksache: Schokomousse mit Zwergorangen ist nicht ganz Wiener Küche, böhmische Mohnpalatschinken wiederum schon, bin aber kein Mohnfreund. Käseplatte geht wiederum wegen der Histaminkur zur Zeit gar nicht. Na gut, die Nachspeise holen wir uns dann gegenüber in der M Lounge...

Nach diesem Besuch: Grünauer at its best, wie immer!

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Update 18.10.
Suppe mit Tiroler Knödel: sehr gute Suppe, dank dem Knödel nicht in der zu engen Tasse serviert.
Aber der Knödel... genau so ist die Konsistenz am allerbesten, nicht "z'foahrn", nicht trocken, mit der richtigen Menge Fleisch drin. Perfekt.

Steirisches Wurzelfleisch:
Mir kommen die Tränen - Freudentränen! Frischer kann der Kren nicht sein. Das nudelig geschnittene Gemüse hat den feinen Biss, das es braucht.
Das Fleisch ist saftig, aber nicht zerkocht, schon gar nicht trocken oder strohig. Wunderbar.
Der Grammelschmarren nimmt ein wenig die Suppe auf, genauso muss das sein.
Man schweigt und isst "vor sich hin" und erwischt sich dabei, bei jedem Bissen alle Zutaten auf einmal auf der Gabel zu haben. Over the top!

Die "behmische" Mohnpalatschinke...
Nach Wunsch mit ein bisserl weniger Fülle. Genau richtig erwischt, mit diesem Nachspeisenjuwel mit Mohn, Powidl und feiner Sauce garniert schicke ich den Grünauer endgültig in den Wiener Beisl- und Gasthausolymp.

Vielen Dank, ich hab euch vermisst!

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Update November 2014:
Ganslzeit - letzter Termin.

Gansleinmachsuppe vom Allerfeinsten, großzügige Gansleinlage und auch ein paar Scheiberln Gänseleber.

Gansl einfach perfekt - zart-knuspriger kann die Haut nicht sein, das Fleisch zart und saftig, nicht trocken.

Rotkraut mit dem schönen Biss, fruchtig und intensiv.

Knödel: nicht zu groß, aber schon gar nicht zu klein. Was wollen die Leute eigentlich mit "das Knödel war zu klein".
Ich sage gerade richtig - mit dem letzten Bissen Fleisch und Kraut wurde auch das letzte Knödelstück verzehrt.

Maroni-Mascarponenockerl:
zusammen mit ein bisschen Schlagobersgarnitur wirklich fein, durch das Maronimehl natürlich ein bisschen trockener und kompakter als ein Tiramisu oder ein Schokomousse, aber trotzdem sündhaft gut.
Vielleicht hätte man die Biskotten noch in irgendetwas eintauchen können. Wäre mal einen Versuch wert.

Schnellfazit: Grünauer hat mich noch nie enttäuscht. Auch diesmal nicht.
Das Gansl war idealtypisch, gut zwei Klassen besser als zuletzt in einem hochgelobten Grinzinger Traditionshaus.Weniger anzeigen

2. Zur Herknerin

Wiedner Hauptstraße 36, 1040 Wien
Speisekarte Modell "Minigolf-Punktekarte"GrießnockerlsuppeÜberbackene Schinkenfleckerl
In diesem Guide weil: Ein Wiener Original. Die Tochter des Dornbacher Herkner kocht "Mamis Küche" im ehemaligen Installationsgeschäft.
SpeisenAmbienteService
2. Okt 2013
Stefanie Herkner. Nein, nicht Stefanie Hertel. Ich muss schon bitten! „G’scherte“ wie ich haben von Herkners Vater Heinz noch nicht so viel geh...MehrStefanie Herkner. Nein, nicht Stefanie Hertel. Ich muss schon bitten!

„G’scherte“ wie ich haben von Herkners Vater Heinz noch nicht so viel gehört. Das erklärt nämlich auch den klingenden Namen, den viele „Herkner-Fans“ anlässlich der Eröffnung des Lokals in der Wiedner Hauptstraße sehnlichst, ja fast wie eine Wiedergeburt, erwartet haben dürften.

Das Lokal hat an drei Tagen zu (Samstag bis Montag), was für mich als Eventuell-Irgendwann-Lokalbesitzer absolut verständlich und nachvollziehbar ist. Ist das Lokal gut, kommen die Leut‘ dann hin, wenn halt offen ist. Punkt.
Und auch ein Lokalbesitzer und Koch braucht mal Ruhe und Entspannung, um an den offenen Tagen bestens drauf sein zu können – von der Vorbereitungszeit wollen wir ja gar nicht erst reden.

Guten Abend, hätten Sie noch ein Platzerl frei?
– „Naja, ich müsst‘ Sie halt wo dazusetzen, ich bin sonst nach 7 total voll!“
Für mich kein Problem, ich ess‘ auch wirklich niemandem was vom Teller!
- „Ti hi hi, kein Problem, kommen’S einfach mal vorbei!“

Doch wo ist das Lokal? Nr. 36 – ein Geschäft für Installationen, in riesigen 50er-Jahre-Lettern. ReTe mobil sagt auch Nr. 36. Falsch eingetragen? Wie hat der geschätzte User Gastronaut hierher gefunden?
Doch sieh mal an – das Geschäft IST das Lokal. Ein kleines Schild rechts und ein „Psst!“-Schild von der WKO links vom Eingang „verraten“ das Lokal.

Drinnen sieht’s aus –wie in einem Installationsgeschäft eben, allerdings erinnern nur mehr riesige, neue Absaugröhrln aus der Küche an Installationsarbeiten. Und der braun-g’scheckerte, zum Teil schon rissige Terrazzo, bei dessen Anblick ich schon fast kalte Füße bekomme.

Eine „selbstgemachte“ Bar, Bistrotische. Die robusten Sessel Marke „Lehrersessel Volksschule 1987“ wie schon mal in der Disco Volante von vor ein paar Wochen.
Eine alte Lampe am Tischerl beim Eingang, alles sehr karg und einfach gehalten. Aber doch irgendwie mit seinem einfachen Reiz, man erinnert sich an die wenigen Farbtupfen im recht angenehm beleuchteten Lokal.

Eine hoch aufgeschossene Kellnerin im entzückenden Piroska-Kleid samt Schürze und unverkennbar südkärntner Dialekt im Gespräch mit der Chefin, die ich zwar zuvor noch nie gesehen habe, aber sofort als solche erkenne.

Guten Abend. Ich hab angerufen!
- „Ah, der Herr aus der U4, kommen’S, gleich hier!“

Die Dame ist wahrlich ein Unikat – eine einprägsame, hohe Stimme, ein Lächeln, das Augen und Nase zusammenkneift und ein einzigartiges Outfit, das mich sofort wieder auf die Visitenkarte blicken lässt.
Meine Assoziationsrädchen drehen sich, vor mir erscheinen Monika Weinzettl, Trude Herr und eine Burlesque-Künstlerin aus der Zeit vor den 1930er-Jahren, also jene, die sich außer ihrer Handschuhe kaum weiterer Kleidungsstücke entledigten.
Ach ja, meine Mutter würde sie garantiert um ihre genialen roten Schuhe beneiden. Mein Wort.
Also bitte nicht falsch verstehen, ich verteile hier wohlverdiente Komplimente.

Die Speisekarte: nicht mehr als ein Blatt Papier, links eine Tabelle mit den Getränken, rechts eine Tabelle mit drei oder vier Gerichten, manche erst ab Mittwoch verfügbar, dazu noch ebenso viele Desserts.
Erinnert mich ein wenig an den selbst auszufüllenden Punktezettel beim Gemeinde-Minigolf.

Ganz klar – hier wird frisch gekocht, die Küche hat ihre eingeschränkte Kapazität, wenn was aufgegessen wurde, gibt’s dies eben erst am nächsten Tag wieder. Einer der Ersttester kann mit dieser Tatsache nichts anfangen, er möge doch in die Convenience-Abteilung im ersten Bezirk gehen, wo jede Speise bis 2:30 erhältlich ist.

Nur – der Laden läuft, und die beiden Damen schupfen den bummvollen Laden, dass es nur so raucht!
Dabei kümmert sich die begnadete Chefin immer wieder persönlich um ihre Gäste, seien es nun Stammgäste oder so Neulinge wie ich.

„Serbisches Menü“ für mich: es gibt serbische Krautsuppe. Mit Debrezinern.
Schön knackig-weiches Kraut (das macht so ein eigenes Beißgeräusch!), schöne säurig unterlegte Süße, nicht überwürzt, die Debreziner leider ein bisserl zu weich, da fehlt mir ein wenig der deftige Biss.

Und weiter serbisch: Sarma – Krautwickel, Kartofferl. Dazu wie schon bei der Suppe ein Tupfer Sauerrahm und ein wenig Paprika drauf.
Die Rouladen sind etwas weicher als etwa in der Bacówka letztens im 15., aber auch sehr gut. Da schmeckt man keine Würzmittel raus, ehrliche Hausmannskost.
Ohne Riesenteller, ohne Trockenkräuterdekoration, ohne Balsamico-Unterschriftsprobe am Tellerrand.

Drei Desserts, ja aber welches nehmen?
- „Der Apfelstrudel ist grad vor einer Stund‘ aus’m Rohr ’kommen!“
Na bitte, der muss es sein!
Großartig – der Teig ein dünnes Häutchen, aber darunter ein Gebirge: die Gabel zerteilt den Strudel mühelos in einem Zug, keine labbrigen, faden Äpfel, an denen die Gabel abrutscht wie sonstwo.
Das Zusammenspiel aus aromatischen Nüssen, Rosinen und den Äpfeln ist perfekt, das ist kein gewöhnlicher Apfelstrudel, der ist schlichtweg außergewöhnlich:
UNESCO-Weltstrudelerbe!

Ich muss sie darauf ansprechen - und sie wird plötzlich fast sentimental.
- „Das wird meine Mutter freuen, wenn Sie das hört! Da sind noch echte Maschanzker drin!“
Was soll ich noch nehmen, Himbeergrütze oder Hollerkoch?
- „Hollerkoch hab‘ ich halt nur jetzt, die Himbeergrütze hamma sonst auch! Im Hollerkoch sind halt noch die schwarzen Hollerbeeren drin!“

Das gefällt mir. Hier gibt’s noch die alten Hausfrauenrezepte, fast könnte man sagen „Arme-Leute-Küche“ (wie sie auch schon ihr Vater kredenzte), mit der die heutige Crème-Brulée-Bourgeoisie zumeist nichts mehr anfangen kann.
Sicher, jedes einzelne Holunderbemmerl hat sein eigenes Kerndl drin – das knirscht beim Beißen ganz eigen und immer wieder bleibt mal eins auf der Kaufläche vom 6er und vom 7er picken.
Das gehört halt dazu.
Doch auch dieses Rezept, zusammen mit den Zwetschken und einer Kugel Vanilleeis (bissi zu hart) gehört eindeutig unter Schutz gestellt.

Die Preise: sehr volksnah, das links in der Lokalinfo erwähnte "Gehoben" kam sicher vom Ersttester.

Zum Schluss noch ein kurzes Wort zur Toilette: kleine Sitzschüssel, kleine Stehschüssel, perfekt gepflegt, fast wie eine Toilette zuhause. Über der Stehschüssel prangt ein Plakat aus dem frühen 20. Jahrhundert – mit einer Burlesque-Künstlerin.
War meine Assoziation also doch nicht so falsch!
Das Waschbecken am Eingang zum Gastraum montiert, schauen mir die Gäste beim Händewaschen zu.
Am Waschbecken steht ein Topferl mit Efeu, die Seife nicht vom Diskonter, aus Frankreich importiert? Am Regal daneben Devotionalien, Parfümflakons. Ich muss schmunzeln.

Fazit: mit großem Respekt eine kleine Verbeugung – denn ich komme wieder. Schließlich ist da ja noch ein Chili auf der Karte – und die Himbeergrütze natürlich.
Frau Herkner hat schon viel in ihrem Leben gemacht, kam in der Welt herum, vor allem im Bereich des Kulturmanagements.
Aber irgendwann „hab‘ ich g’wusst, was ich für mich mit meinem Leben machen muss!“
Genauso ist es – man muss das machen, was man am besten kann. Und wenn das auch noch Spaß macht, ja dann kann man eigentlich kaum noch was falsch machen.

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Besuch Nr. 2 Tage später:

Grießnockerlsuppe lind aber echt und unverfälscht, Nockerl riesig, schön kernig fest.

Schinkenfleckerl allerehrenwert: knusprig würzig oben, dampfend-vollmundig drunter.
Chinakohlsalat dazu, mit Radieschen, Tomaten werden rausgeklaubt.
Kernöl auf Wunsch. Kommt unverdünnt, wie's gehört.

Zwetschkenknödel mit den kleinen Hauszwetschken, Brösel schön braun und nussig.

Himbeergrütze: Suchtgefahr, auch wenn sie für mich ruhig weniger süß sein kann.
Ungeschlagenes Obers oben drauf, nicht zuviel.

Wieder erstklassig gegessen und wieder viel gelacht.
Das Lokal hat auf der Wieden gefehlt!Weniger anzeigen

3. Gasthaus Kopp

(1)
Engerthstraße 104, 1200 Wien
Gasthaus KoppKrautsuppeKnödel mit Ei und Salat
In diesem Guide weil: Hochgradig urwienerisch. Hier ist die Zeit stehen geblieben, ob bei Einrichtung oder Preisen. Sozialstudien inklusive, Essen ehrlich und schnörkellos.
SpeisenAmbienteService
9. Aug 2013
Legendär. Jetzt aber richtig! Dabei beginnt diese prägende Wiener Episode schon zwei Tage vorher: es ist nach wie vor drückend heiß, Wien match...MehrLegendär. Jetzt aber richtig!

Dabei beginnt diese prägende Wiener Episode schon zwei Tage vorher:
es ist nach wie vor drückend heiß, Wien matcht sich temperaturmäßig immer noch mit Tunis und Hurghada. Die Pratersauna ist obsolet geworden, in den Lokalen weiß man nicht, wo’s angenehmer ist – im brennend-brütenden Schanigarten oder im drückend schwülen Lokalinneren.

Im Gastgarten sitzt eine Person und liest das pulitzerpreisverdächtige Kleinformat. Nicht einmal die Speisentafel beim Eingang mit Hinweis auf „Sperrstunde 16 Uhr“ fällt mir auf, erst als ich merke, dass die Tür nicht aufgeht, kommt die Ansage aus der anderen Richtung wie auf Befehl:

„Koohst net les’n?“ (das Wiener „nn“ verschwindet ihm ang’fressenen „ooh“)

Wäre so eine Ansage in meiner „g’scherten“ Heimat passiert, hätte ich den guten Herrn gelinde gesagt nach seinem schlechten Befinden gefragt. Aber wir sind ja in Wien, und so drehe ich den Spieß salopp-humorvoll um:

„Sand’S leicht a bissl beleidigt heit?“ – „Na eh net, oba da Kopp hot heit scho um Viere Nochmittog Sperrstund‘, waaßt‘ de miassn heit putzen! Mia hot jo nua da Kööhna die Krone außa brocht. I wuit ma jo eh ah no an Spritza kaufn, hob’s jo söba net gwusst, doss a heit scho zua is.“

So erfahre ich innerhalb von 5 Minuten seine halbe Lebensgeschichte – „waaßt‘ i bin jo ka echta Weana, bin jo a Woidviertler, oba scho seit’n 63er-Joah do im Zwanzigsten.“
So bringt mich der 11A zurück zur U-Bahn – zwei Tage später nächster Versuch.

Der Schanigarten ist bummvoll, wohl nicht zum ersten Mal. Die Qual der Wahl gibt’s also erst gar nicht.
Drinnen zögert der Kellner keine Sekunde: Raucher oder Nichtraucher? – Nichtraucher natürlich.

Der Nichtraucherbereich ist nicht wirklich baulich vom Raucherbereich getrennt, ein großes Schild an der Wand scheint sich regelrecht dafür zu entschuldigen: (sinngemäß) „einen richtigen Nichtraucherbereich gibt’s im Extrastüberl.“ So kann man das auch sagen, heute ist mir das aber wirklich egal, ich fühle mich hier wie in einer anderen Zeit.

Es gibt sie ja nur in Wien – diese alten Gasthäuser, mit der allerersten Einrichtung von anno dazumal, also 50er- und 60er-Jahre, der geschätzte User Meidlinger12 wird mir beim Vergleich mit der Philadelphia-Wirtin zumindest irgendwie Recht geben.

Die helle Wandvertäfelung erinnert mich an Großmutters Esszimmer, das waren sicher die gleichen Brettln, die mit dem Schlitzschraubenzieher aufgeschraubt werden.
Die neben dem unermüdlich kurbelnden Ventilator runterhängenden Pflanzen wurden wohl auch nicht erst vorgestern beim bellaflora abgeholt.
Boden und Möbel zeigen Farbenspiele und Gebrauchsspuren, aber ich schwör’s: am Boden liegt nicht ein Futzerl oder Bröserl.

An der Wand Bierwerbung und Drucke von Salvador Dali. Mein Zwickl wird gebracht: erfrischend, trüb, vollmundig. Genau meine Wahl, kaum zu glauben, dass man in Schwechat ein so feines Bier braut.

Der Kellner stört mich beim Smartphonieren: „So, jetz‘ is‘ Schluss mit lustig – ‘gessn wird!“
Die Krautsuppe in der hohen Tasse dampft und riecht betörend. Das Kraut erinnert mich an jenes im polnischen Bigos. Schön sauer, die Suppe mächtig mollig, Fettaugen garnieren den kräftigen Sud, der ordentlich Selchfleisch mitgebracht hat. Wenn das nicht deftig ist, na was dann. User wirtshausfreak, hab Dank für deine Empfehlung!

Sicher: an so einem Tag Krautsuppe zu essen, grenzt an Wahnsinn, doch ich hoffe insgeheim, dass mir das Gebräu hilft, die hartnäckige Halsentzündung auszutreiben.
Die Suppe tut ihren Dienst. Das Hemd wird feucht, das Gesicht bekommt einen glänzenden Teint. Herrlich.

Knödel mit Ei und Salat.
So muss das sein: schöne Knödelscheiben gleichmäßig angeröstet, das darüber gegossene Ei verteilt sich schön in der Pfanne, gerade eben vor dem kompletten Stocken holt der Küchenfreund das ganze aus der Pfanne – rauf auf den Teller.
Die anderswo verbreitete Angst, das Ei könnte „Probleme“ machen, gibt es hier nicht. Hier brät man das Ei nicht zu Tode, bis es trocken ist, um etwaige Keime im sprichwörtlichen Keim zu ersticken.
Einzig der Salat haut mich nicht vom Hocker – der schwimmt in einer doch viel zu verwässerten Marinade, obgleich der Salat selbst frisch und knackig ist.
Das können die Steirer dann doch um Welten besser, aber alles müssen Sie ja auch nicht können, die Wiener.

„Na, wer‘ ma no a behmische nehmen?“ – Ich bin praktisch am „Streiken“, soll ich mir noch die gute Palatschinke bringen lassen? Eigentlich geht ja gar nichts mehr.

„Geh kumm! ‘Platzt bisst jo eh no net!“ – Na also, Herr Graf, bringen’S ma no den Fisch!

Die böhmische Mohnpalatschinke ist schön dünn, etwas „eibetont“ gelb, schöne Konsistenz, mit flüssiger Butter und (zu) viel Powidl gefüllt.

„Na siehgst! Host‘ as eh g’schofft! Komma no was bringen?“ – Aber sicher! Fußball live am Schirm. Welche Farbe gibt’s hier eigentlich bei euch? Grün-Weiß oder doch Violett?
„Hean’S, mir is des wuascht, i bin a Grieche, do aufg’wochsn, i vasteh net, wiaso 22 Trottln olle an Boin nochlafn!“ – Im augengleichen Moment schießt ein Grieche für Rapid ein Tor. Jubel im Lokal.

Ich übersiedle in den rauchenden Schankbereich. Ein kleines Dunkles noch bitte!
Ich suche mir einen Tisch: Is‘ bei Ihnen noch frei?
„Sicher – nehmen’S Plotz. Setzen’S Ihnan oba gonz ummi, sunst sehgen’S jo nix!“

Wieder sitzt mir ein Herr gegenüber, der zwischen Fußball live, dem faschierten Braten („de kochen so guat, sog i Ihnan, bei uns im 23. gibt’s ka so a Lokal!“) und dem Hopfeneistee seine Lebensgeschichte loswird.

Drei Tore später die Rechnung bitte: nicht einmal 18 Euro für Suppe, Knödel mit Ei, Palatschinke und zwei Bier. Auch preislich ist man hier noch in der Vergangenheit – ich kann’s kaum glauben. Trotzdem, für die niedrigen Preise ist die Qualität und Umsetzung traditioneller Wirtshausküche wirklich mehr als ordentlich.
„Sogar die Taxler kumman doher essn!“ – Ich glaub’s meinem Sitznachbarn auf’s Wort.

Nach einer Hälfte Essen und Trinken und zwei Hälften Fußball ist klar: hierher muss man wiederkommen. Sollte die UNESCO in Wien einen weiteren Grund suchen, schützenswertes Kulturgut in ihre Liste aufzunehmen, in der Brigittenauer Engerthstraße wird sie sicher fündig:

Verdacht auf Weltgastronomieerbe!Weniger anzeigen

4. Hausmair's Gaststätte

(1)
Lerchenfelder Straße 73, 1070 Wien
Hausmair's GaststätteHausmair's Gaststätte
In diesem Guide weil: Uriges Beisl. "Schaun'S, a super Platzerl für Sie!" Die mannshohe, dunkle Holzverkleidung sollte von der UNESCO geschützt werden. Augsburger, Gulasch und Bier auch.
SpeisenAmbienteService
27. Jän 2011
Essen zu zweit gestern Abend, Reservierung war mehr als empfehlenswert, das Haus ist gerammelt voll. Urige Stimmung, die Einrichtung könnte &...MehrEssen zu zweit gestern Abend, Reservierung war mehr als empfehlenswert, das Haus ist gerammelt voll.

Urige Stimmung, die Einrichtung könnte "originaler" nicht sein. Die Wand ist ca. bis 2 Meter Höhe mit Holz vertäfelt, so wie's eben "immer woa".
Wieder mal ein Lokal, wo der Chef (war's der Chef?) alles unter Kontrolle hat. Empfang korrekt, eventuell ist der Tisch noch nicht frei, bitte kurz an der Bar Platz zu nehmen, was darf's sein, so bitte sehr, wenn Sie mir bitte folgen, bitte sehr, a fein's Platzerl für Sie....

Gefällt mir schon mal. Der Herr hat viel zu tun, ist stets flott unterwegs, aber verliert nie den Überblick, keiner muss lange warten, den Schmäh hat er obendrein drauf.

Das Essen. Erdäpfelsuppe nach Art des Hauses, etwas Essig drin, gewöhnungsbedürftig aber baucherlwärmend. Schmeckt. Die Augsburger Wurst wird auf Wunsch ohne Gurkerl serviert (Gott sei Dank, ich könnt's sonst nicht essen), der Erdapfelschmarrn ist gut, vielleicht eine Spur zu trocken.

Meine Begleitung isst eine Frittatensuppe, sehr gute Frittaten mit Biss, a bissi wenig Suppe vielleicht, macht aber nix. Das Szegediner Krautfleisch ist exzellent, die Sauerrahmgarnitur ist Geschmacksache, müsste gar nicht sein. Schade aber um die Erdäpfeln: hier wird meiner Meinung nach wie zu oft in der Gastronomie gespart. Eher trockene Erdäpfel im ungesalzenen Wasser gekocht.

Nachspeise: Palatschinken, tadellos. Auf Wunsch mit wenig Marmelade. Trotzdem ist nach meinem Geschmack noch viel zu viel Marmelade drin. Wenn Palatschinken zu viel Marmelade drin haben, schmeckt man das eigentlich wichtige, nämlich die Palatschinken, überhaupt nicht mehr raus. Die süße Marmelade überdeckt alles, hier wurde wie gesagt auf Wunsch etwas damit gespart. Gut so, kann eben sogar noch weniger davon drin sein. Wein oder Bier hatte ich diesmal aufgrund der Schnupfenepidemie nicht bestellt.

Essen: mal eine Drei, schaun wir mal, ob's nächstes Mal noch mehr wird, die Drei ist aber trotzdem eher schon eine gute 3,5.
Erfreulich: für 2 Tee, Suppe, Augsburger und Palatschinken, sowie einen sehr edlen Bio-Nussschnaps (vom Haus) waren gerade mal 25 Euro (samt Trinkgeld) fällig.Weniger anzeigen

5. Heidenkummer

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Breitenfelder Gasse 18, 1080 Wien
Seidl PiestingerFrittatenteich!Meister Lampe, paniert!
In diesem Guide weil: Gepflegtes Gasthaus mit traditioneller Küche und hemdsärmeligem Personal.
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20. Sep 2013
Kein Kummer, kein Leid. Im Gegenteil. Hier ist man gut aufgelegt. Zwar in Gürtelnähe gelegen befindet sich das Gasthaus der Familie Heidenkumme...MehrKein Kummer, kein Leid. Im Gegenteil. Hier ist man gut aufgelegt.

Zwar in Gürtelnähe gelegen befindet sich das Gasthaus der Familie Heidenkummer in ruhiger Lage des Breitenfelder Grätzels. Drinnen geht’s aber geschäftig zu, im gut besuchten Lokal wird eifrig diskutiert und gelacht, das hemdsärmelige Personal ist quirlig und alles andere als mundfaul unterwegs.

Gepflegte Gasthausausstattung, nicht abgewohnt, fast schon fehlt ein wenig die mancherorts so typische „Patina“ auf dem Mobiliar.
Der einzige freie Tisch wird mir gleich neben dem Eingang zugewiesen, ein erhöhter, runder Tisch. Zeitungen gibt’s natürlich auch, sehr erfreulich natürlich, wenn sich’s nicht nur auf das „lesenswerte“ Kleinformat beschränkt.

Das gut gezapfte Piestinger ist rasch serviert und Balsam für die Kehle.

Ein zweiter Gast kommt bei der Türe rein und schmeißt seine Sachen auf den Tisch. „Do is‘ eh frei, gö‘?“
Aber sicher doch, wer will bei den herbstlichen Temperaturen schon draußen sitzen.
Der Herr ordert sich Würstel mit Saft, ich brauche doch ein etwas ausgiebigeres Menü.

Ein Teich Suppe wird serviert: „Wos, so ‚wenig‘?“ erwidere ich augenzwinkernd im Angesicht des übervollen Tellers.
Schöne Frittaten mit dem ordentlichen Biss, die eigentlich nur in der „bairischen“ Gegend zwischen Salzburg und Oberösterreich noch besser sind. Die Suppe ist eine ehrliche Wirtshaussuppe, die dem lädierten Hals Gutes tut.

Ostern ist vorbei, das musste auch Herr Lampe akzeptieren: so kommen zwei prächtige, lange Stücke vom Hasen, in goldbrauner Panier. Beim Anblick frage ich den Kellner, ob man seine Löffel auch gleich drunter verpackt hat.
Tadellose Umsetzung, das Fleisch ähnelt in der Farbe dem Huhn, ist aber ein wenig fester und würziger, aber nicht ganz so saftig wie ein Bröselflieger.
Der grüne Salat dazu ordentlich, nix matschig oder letschert, das Kernöl braucht sich auch nicht zu verstecken, Sakko ausziehen lohnt sich aber vor dem Essen.

Zwetschkenknödel: gute, süße Frucht, der Teig ist nicht schlecht, wenn auch ein wenig gummig, da fehlt mir ein wenig das Fluffig-Flaumige. Die Zuckerhaube wird so gut es geht entfernt.

Fazit eines schnellen Abendessens im 8. Hieb: gemütliches Lokal mit gepflegter Wirtshausstimmung, flottes, nicht schmähstades Personal und solide Küche mit Wiener Klassikern und alteingesessenen Farbtupfern.Weniger anzeigen

6. Gasthaus Pfudl

Bäckerstrasse 22, 1010 Wien
Gasthaus PfudlGasthaus PfudlGrieskirchner Märzen
In diesem Guide weil: Wiener Gasthaus mit Tradition, tadelloses Schnitzel.
SpeisenAmbienteService
8. Aug 2013
Wieder einmal ein Spaziergang durch das Alte Wien. Einige „To-Dos“ haben bereits ihren Sommerurlaub begonnen und „freuen sich ab September auf Ihre...MehrWieder einmal ein Spaziergang durch das Alte Wien. Einige „To-Dos“ haben bereits ihren Sommerurlaub begonnen und „freuen sich ab September auf Ihren Besuch“.

So lange warte ich nicht, Gasse um Gasse wird durchforstet. „Beim Czaak“ wäre ja eigentlich noch ein Schnitzel fällig, doch ob der hohen Temperaturen bin ich heute auf die übelgelaunten Herren des Hauses wenig neugierig und stehe plötzlich vor einen Namen, der beim Vorbeigehen schon öfters ein sich heftig wiederholendes Murmeln auslöste.

Pfudl – lautsprachlich irgendwo zwischen „Pfludern“ und „Dudl“ - ist innen viel charmanter als der Name vermuten lässt.
Der Garten ist mit Gästen aller Couleurs komplett besetzt, doch selbst bei Temperaturen wie auf Formentera bin ich neugierig auf das Innenleben des Lokals.

Drinnen ist’s erträglich, Gott sei Dank ohne Klimageräte samt Tonsillitis-Garantie.
Ich nehme am offenen Fenster Platz – keine schlechte Kombination. Kein unangenehmer Zug, dezentes Gassengemurmel von draußen, eine feine Brise.
„Klassische“ Vertikalvertäfelung hinter den Sitzbänken, Löcher in Herzerlform in den Sessellehnen.

Zwei Kellnerinnen. Die erste, eine forsche Dame, dürfte heute Abend schon mit aufgeschlossenen Touristen Bekanntschaft gemacht haben, ihr Blick spiegelt eher 10 Tage Regenwetter wider. Nach der Bestellung eines kleinen Biers würdigt sie mich keines Blickes mehr und nimmt sich stattdessen den Nebentisch mit Portugiesen vor – was für ein Fehler, wäre sie doch bei mir geblieben.

Die arme Frau muss nun bei der Bestellung, ganz abgesehen von den Sprachproblemen, Fragen à la „Wieviel Gramm Fleisch ist am Teller?“ beantworten, dabei versucht’s das für alle anderen sprechende Familienoberhaupt gar auf Französisch.
Irgendwann ist die Bestellung dann aufgenommen, die Kellnerin stampft kopfschüttelnd zum Orderman, tippt die Positionen ein und seufzt ein geplagtes „Des hoit i net aus!“

Wäre sie doch bei mir geblieben – so kommt Kellnerin Nummer 2 – und wir verstehen uns sofort.
Es menschelt!

Bier: Grieskirchner, Murauer oder Zwettler. Ersteres ein gutes Märzen, tadellos gezapft, erfrischt und ebnet den Weg für’s gute Schnitzerl.

Heute keine Suppe – nicht weil es sie nicht gäbe, aber das wäre dann doch so extrem wie gekühlte Getränke nach einer Bergtour mit schwersten Erfrierungen.

Also gleich zum Schnitzel: vom Kalb natürlich. Statt dem Erdäpfel-Vogerlsalat einfach nur grünen Salat und Petersilkartoffeln.

Was für eine Portion: zwei Schnitzel kommen daher, dazu eine Portion Kartoffeln, die eigentlich für zwei gedacht sein müsste. Irgendwas bleibt stehen, das war schon vorher klar.

Das Schnitzel sehr dünn, aber zart, keine verdächtigen Flachsen. Schade nur, dass man hier die etwas aufwändigere Variante in der Pfanne nicht wählt. Trotzdem, es schmeckt.
Die Kartoffeln recht neutral, aber von guter Qualität, nicht zerkocht, schon bissfest.

Salat: Eisberg, knackig und zart, mit nicht schlechter, süßlicher Marinade samt ordentlichem Senfeinsatz.

Schlussendlich sind es die Kartoffeln, die zur Hälfte stehen bleiben – man hat’s einfach zu gut gemeint.

Trotzdem wage ich ein schnelles Dessert – Marillenknödel, auch einzeln zu bestellen, ein zweiter würde wohl in der Speiseröhre stecken bleiben.
Sehr großer Knödel, nicht zu prägnant säurige Marille, gut, an meinen steirischen Lieblingsknödel kommt er aber nicht ganz heran.

Fazit: gutes Gasthaus mit Tradition, trotz des von Touristen gerne besuchten Lokals kann man nicht von einer Touristenfalle sprechen. Empfehlenswert.Weniger anzeigen

7. Wild

Radetzkyplatz 1, 1030 Wien
Rindsuppe mit HirnnockerlGamskeule mit EierschwammerltascherlSomlauer Nockerl, im Hintergrund Kaktusfeigenmousse mit Buttermilchsüppchen
In diesem Guide weil: Alte Hülle, junger Kern. Will heißen: "gebrauchte" Wirtshauseinrichtung, dynamisch-humorvolles Team und wirklich gute Küche, traditionell wie international.
SpeisenAmbienteService
9. Okt 2012
Jetzt wird’s wild. Nicht nur, weil das Gasthaus Wild ebenso heißt, sondern weil auch obendrein zur Zeit noch Wildwochen sind. Doppelt wild also...MehrJetzt wird’s wild.

Nicht nur, weil das Gasthaus Wild ebenso heißt, sondern weil auch obendrein zur Zeit noch Wildwochen sind. Doppelt wild also. Na Mahlzeit sag ich – und treff mich mit Freunden, die das Lokal von sich aus vorgeschlagen hatten.

Auf dem Weg von der U3-Station Landstraße über die Untere Viaduktgasse bis zum Radetzkyplatz hab ich sogar noch Gelegenheit, den Bericht von Userin „sakoe“ durchzulesen – welcher sich mit meiner Erfahrung im Großen und Ganzen decken sollte.

Drinnen ist’s recht gemütlich, viel „holziges“ Wirtshausfeeling gepaart mit einer erfrischend jugendlichen Servicemannschaft.
Löblich: der Nichtraucherbereich ist der vordere, große Bereich um Eingang und Schank. Und um auf die Toiletten zu kommen, muss man eben nicht durch den Raucherbereich spazieren, sondern die Raucher sind es, die durch die gute Luft hindurch auf’s Örtchen spazieren „müssen“.
So soll’s sein – und für die ewigen Motschkerer gleich vorweg: das Lokal ist sogar am Montag „knackevoll“.
Mit mir sitzen übrigens drei Raucher am Tisch, die sich vorher und nachher vor dem Lokal, und während dem Lokalbesuch mal kurz im Raucherbereich die Nikotindosis geben. Für niemanden ein Problem, einhelliger Tenor: das gute Essen soll nicht durch Rauch gestört werden. Na geht doch!

Die jugendliche Servicemannschaft: die mögen ihren Job wirklich, das spiegelt sich in jedem ungezwungenen Satz wider. Flink, flott, unaufgesetzt freundlich und humorvoll, „ich empfehle mal…“, „soll ma noch warten mit der Hauptspeise?“.
Ja, es geht, die Mannschaft hat alles im Griff und keinen Stress. Bei voller Hütte wie schon gesagt.

Wildwochen. Sogar am Vorspeisenteller tummelt sich allerhand vom wildgewordenen Aufschnitt. Ein netter Beginn.

Die Rindsuppe: eine wirklich authentische Suppe mit ordentlich „Gmias“ drin. Dazu eine Einlage, vor der sich meine Mitesser fürchteten. Beim Gedanken, Hirn zu essen, wurden Augen verdreht – völlig unberechtigt, schließlich essen wir ja auch Würste, also Därme, durch die Schweine ihre Darmwinde hindurchgeblasen haben. Trotzdem sollte ich der einzige bleiben, der diese Delikatesse ernst nimmt. Fein passiert, mit Mehl und Ei, mit Gewürzen fein und leicht pikant abgeschmeckt.
Schmeckt fast wie zuhause und lässt Freude aufkommen.
Rindsbouillon mit Hirnnockerl – im wahrsten Sinne des Wortes eine denkwürdige Suppe.

Der junge Mann vom Service ganz kokett: „Ohne Ihre Mutter zu beleidigen, kann die Ihre mit unsrer mithalten?“

Gamskeule mit Eierschwammmerltascherl: das Fleisch teils zart wie Gulaschfleisch, zum Teil ein wenig fester und leicht durchzogen, aber ansprechend würzig und gut, ein bissl Wacholder fehlt, wäre noch besser.
Die Tascherln passen gut dazu, könnten aber ruhig noch ein wenig mehr Pepp haben. Große Teigtaschen sind aber auch nicht wirklich einfach hinzukriegen, ohne dass sie das Kochwasser zu sehr aufnehmen.

Nachspeise: schaffen nicht alle mehr, nur zwei von vier bestellen. Einmal Somlauer Nockerl, einmal das Kaktusfeigenmousse mit Buttermilchsüppchen.
Der Servicespezialist bringt aber instinktiv vier Bestecke zum Tisch und stellt die beiden Teller einfach in die Mitte. Gewagt – aber angesichts unserer lustigen Runde berechtigt.
Die Somlauer Nockerl hatte ich bis dato überhaupt noch nie probiert, ein relativ festes Biskuit, sagen wir mal „Schichtkuchen“ mit Vanillesauce dazu. Ganz die große Liebe wird’d nicht werden.
Einhellig tendieren die vier Gabeln zum Kaktusfeigenmousse, dessen Konsistenz vielleicht ein bisschen zu weich ist, aber die Kombination von fein-exotisch duftendem Mousse und „süß-saurer“ Begleitung funktioniert sehr gut.

Caffè, Grappa. Braucht man jetzt. Geht absolut in Ordnung.

Fazit: wirklich sympathisches Gasthaus mit Wiener Küche und internationalen „Ausflügen“. Die Küche kratzt am 4er, Service und Ambiente komplettieren aber einen wirklich gelungenen Abend mit Wiederholungsgefahr.Weniger anzeigen

8. Gmoa Keller

(2)
Am Heumarkt 25, 1030 Wien
Specklinsen mit Knödel
In diesem Guide weil: Tradtionsgasthaus mit langer Vita und althergebrachten Gerichten.
SpeisenAmbienteService
9. Mai 2013
Spontane Mittagspause am Weg in den 3. Bezirk. Will man vom 9. in den 3., so schickt einen das Navi zumeist über den Heumarkt. Das tun andere N...MehrSpontane Mittagspause am Weg in den 3. Bezirk.

Will man vom 9. in den 3., so schickt einen das Navi zumeist über den Heumarkt. Das tun andere Navis auch und so staut man fröhlich vor sich hin. Ja, amarone, die Öffis sind schneller und die Sinnlosigkeit von Autos in der Stadt wird einem wieder mal vorgeführt.
Doch der Big Boss will nicht Tramway fahren, also braucht man vom Schwarzenbergplatz bis zur Landstraßer Hauptstraße auch mal gut 20 Minuten.
Da ist man zu Fuß schneller unterwegs.

Ein Parkplatz, mutterseelenallein, neben dem Gmoakeller. Die liebste Schwägerin von allen hatte mir das Lokal empfohlen.
Da der Hunger immer größer wird und der Stau auch später noch auf uns wartet, parken wir schnell mal ein und trappeln die Stufen runter zum Lokal.
Der Gastgarten ist an jenem Tag ordentlich windig, der Heumarkt scheint wie ein zugiger Schlauch zu sein, sogar der Wind ist also schneller als die Autos.

Fast alle Plätze sind voll, der einzige freie Tisch mit einem Reserviert-Schild ausgestattet. Da amarone aber ohnehin immer höflich um einen freien Tisch fragt, bekommen wir flugs genau diesen zugewiesen. Offensichtlich werden hier vorsorglich alle Tische mit dem Reserviert-Schild ausgestattet.

Entweder,
a) weil die Tische so begehrt sind
b) weil man den Anschein erwecken will, die Tische wären so begehrt
oder c), weil man auf Nummer sicher gehen will und vom Gast erwartet, dass er höflich fragt und sich nicht wie hierzulande leider überall üblich grußlos irgendwo hinsetzt.

Die gepflegt gekleideten Herren sind gewandt und wienerisch eloquent, ganz auf „Guten Appetit zu wünschen, die Herren“.

Die Karte: eigentlich nichts für den italienischen Capo, Innereien soweit das Auge reicht, Hirn mit Ei erwidert mein Gegenüber mit nachdenklichem Stirnrunzeln. Hat das wehrlose Viecherl noch gestern über die Qualität der Grasnarbe sinniert, so stehen die Gedanken heute schon zart geröstet am Tisch.

Wer aber schon mal Hirnschöberl in der Rindsuppe hatte – und vielleicht erst gar nicht wusste, was er da isst – der staunt über die geschmacklichen Qualitäten dieser Delikatesse.

Heute muss es nicht sein, denn ich entdecke ein anderes, alt hergebrachtes Traditionsgericht:
Specklinsen mit Knödel. Das gute Gewissen bestellt noch einen grünen Salat vorweg.
Mein Gegenüber bleibt konservativ und entscheidet sich für Putenstreifen mit Blattsalaten, und ist mehr als zufrieden.

Schartner Bombe! Ja gibt’s denn die noch? Die Flasche ist dieselbe, der Geschmack – so würde ich sagen – auch noch immer. Das letzte Mal hatte ich dieses Erlebnis vor gut 25 Jahren in der Kantine des dörflichen Tennisclubs. Die erste Flasche ist leer, bitte noch eine zweite!

Die Specklinsen: grundsätzlich nicht schlecht, die Linsen haben den richtigen Biss, die Sauce ist allerdings enorm mit Schlagobers eingedickt, auch ein wenig zu stark gesalzen. Dies wiederum fehlt vielleicht ein wenig dem gerösteten Serviettenknödel, der aber ansonsten einen satten und auffällig weichen Anschnitt hinlegt und sich gut mit der Sauce verbindet.
Geschmeckt hat’s schon. Aber eben enorm üppig, das Essen lässt bis zum frühen Abend problemlos durchhalten, was angesichts des Marathonprogrammes auch nicht schadet.

Salat: ordentlich frisches Blatt, brav mariniert, nicht zu sauer, ein bisschen Schnittlauch war auch dabei.

Erstes Fazit für den Mittagsbesuch: über die lange Geschichte des Lokals wird ja in den Berichten zuvor ausreichend erzählt, die Servicecrew repräsentiert mit Routine und dem nötigen Umgangston auch so etwas wie ein traditionsreiches Wiener Gasthaus.
Die Specklinsen waren ordentlich deftig und gut, wenn auch zu üppig interpretiert. Vielleicht bin ich aber auch die heimische Variante ohne Obers, dafür mit mehr Wurzelgemüse gewohnt.

Vielleicht mal bei Gelegenheit wieder, die Karte lässt ja ob der althergebrachten Schmankerln kaum Wünsche offen.Weniger anzeigen

9. Zum hungrigen Kojoten

Burggasse 4, 1070 Wien
In diesem Guide weil: Gasthaus. Hungrig bleibt nur der Kojote, aber nicht ich. Grundehrliches Gasthaus ohne Allüren.

Kommentare

4 Kommentare·Zeige alle Kommentare

Meidlinger12: du hast natürlich vollkommen Recht, die Unterteilung ist echt schwierig, ich musste nach über 100 Lokalbewertungen in Wien mal irgend eine Aufteilung vornehmen, ich find selbst schon fast nix mehr ;-))))

8. Okt 2013, 16:41·Gefällt mir

hautschi - stimmt, das war im Wienguide nicht drin, deswegen hatt' ich's vergessen - jetzt aber! ;-)

8. Okt 2013, 16:38·Gefällt mir1

Altes Fassl, Eiserne Zeit fallen mir auf die schnelle noch ein. Hatte vor ca. 2 Jahren vor die ganzen Falter Beislführer zu überarbeiten. Hab aber leider nur ein paar Bezirke geschafft. Was jetzt wirklich ein Beisl ist und was nicht da scheiden sich die Geister. Da gibt es z.b. Cafe´s mit Speisenangebot die sind 100-mal mehr Beisl als diese sogenannten Edelbeisl oder Neobeisl.

8. Okt 2013, 16:34·Gefällt mir1
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