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Sa, 20. April 2024

Café Central

(1)
Herrengasse 14, 1010 Wien
Küche: Wiener Küche, Österreichische Küche
Lokaltyp: Kaffeehaus, Café, Konditorei, Bäckerei
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Café Central

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Gesamtwertung

47
1 Bewertung fürCafé Central
Speisen
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Service
50

Bewertungen

WrKFan
Experte
am 11. Februar 2023|Update 12. Feb 2023
SpeisenAmbienteService
Das Café Central Herrengasse Ecke Strauchgasse, ein mächtiger Bau im Italo-Renaissance-Stil des 19. Jh. erscheint vor meinem Antlitz, davor die übliche Touristenschlange, die mit Eselsgeduld Einlass begehrt. Man will hier aber nicht nur ein Kaffeehaus besichtigen, die beeindruckende Architekt...Mehr anzeigenDas Café Central

Herrengasse Ecke Strauchgasse, ein mächtiger Bau im Italo-Renaissance-Stil des 19. Jh. erscheint vor meinem Antlitz, davor die übliche Touristenschlange, die mit Eselsgeduld Einlass begehrt. Man will hier aber nicht nur ein Kaffeehaus besichtigen, die beeindruckende Architektur möchte auch inspiziert, ja bewundert werden. Die Handys etlicher Asiaten knipsen unaufhörlich jedes Detail.

5,70m hoch die Räumlichkeit im Inneren, Marmorsäulen unterstützen dicke Träger, die Decke als Kreuzrippengewölbe gestaltet, bei flüchtigem Blick erhalte ich den Eindruck, man betritt ein Kirchengebäude.

Der Architekt Ferstel hat sich da was einfallen lassen. Es sollte lt. Vorgabe der damaligen Stadtverwaltung ein schlichtes Bauwerk werden, nun ja, so fiel das Ergebnis bei der Eröffnung anno 1876 aus, aber heute sind alle froh, dass man ordentlich in die Geldtasche gegriffen hatte.

Das Café besitzt mittlerweile eine trächtige Kulturgeschichte, namhafte Literaten frequentierten es seinerzeit. Ihnen zu Ehren sitzt der ehemalige Stammgast Peter Altenberg heute noch als Pappmaché-Kamerad beim Eingang und mustert still alle eintretenden Besucher.


Mein Beziehung zum Café Central

Unumwunden gebe ich zu dem Flair dieser Institution gleich in mehrerer Hinsicht zu unterliegen, aber eines mag ich partout nicht, das wäre die neumodische Sitte bzw. für mich Unsitte des „wait to be seated“, welche zugegebenermaßen aufgrund des Andranges dennoch unvermeidbar ist.

Für ein ausgedehntes Verweilen muss ich mich gezwungenermaßen beugen, d.h. Besuche schon im Vorfeld planen. Immer wieder wäre ich gerne nach einem meiner Besuche im Minoriten-Stüberl, das nur unweit davon entfernt ist, eingekehrt, aber die dann erspähte Menschtraube vereitelt solche Vorhaben.

Als Wiener werde ich mich in meinem Kaffeehaus nicht anstellen! Nein! Dazu stehe ich. Insofern sind meine Besuche über die Jahre abzählbar. Nun mag ich aber solche ehrwürdige Kaffeehäuser. Gesagt getan, meine letzten Aufwartungen erfolgten mit Reservierung, die m.E. telefonisch besser funktioniert als online. Dazu im Folgenden ein paar aktuelle Eindrücke.


Meine zentrale Kaffee-Ansprache

Als Kulinarik-Forum konzentrieren wir uns ja auf solche Dinge, so bemesse ich ein Kaffeehaus neben seinem Ambiente auch nach dem Kaffee, ist dieses Edelgetränk auch einer meiner täglichen Wegbegleiter, nicht nur hier. Darin ist er zumal sogar treuer als mancher Mensch, sofern er auch meinen genüsslichen Anforderungen genügt.

Man könnte es kurz machen und sagen, der Lieferant ist Meinl, der quasi einen Kaffeestandard für Wien bildet und damit weiß man was einem erwartet. Passt also. Das wäre richtig, aber es gibt da noch den Barista, der aktiv mitwirkt und nicht zu vergessen die Grundeinstellungen an den Maschinen und das gibt die Führung vor.

Der Fairtrade-Bio-Masche ist man noch nicht auf den Leim gegangen, zumindest liest man darüber nichts. Im Kaffeegeschmack sollte das auch wahrgenommen werden, indem ich keine Säurereste verspüre, die man bei diesen Bio-Dings-Da Röst-Verfahren kaum wegbekommt.

Wie üblich fällt die Stärke für meine Begriffe wieder zu schwach aus, was der Arabicasorte geschuldet ist, aber man ist so ehrlich und benennt ihn auf der Karte auch „Mokka“ und nicht Espresso. Also muss ich wieder zu meinem Zauberwort „kurz“ greifen, oder auch „kurz-kurz“, womit ich dann Ristretto meine.

Solches muss ich zuerst abklären, je nachdem, welche Koffeindosis ich tagesaktuell benötige. Dann muss auch die Informationskette funktionieren, damit es nicht bei der Ober-zu-Barista Übermittlung via stille Post verkommt. Das gelingt nicht immer, aber oft beim zweiten Anlauf, wenn ich sage, er war leider immer noch zu schwach.

Tja, und dann beim Folge-Besuch das Prozedere wieder von vorne, weil ich nicht so oft hierherkomme, sodass man solche Eigenheiten als Stammgast kennen würde. Aber das macht die Sache auch immer spannend und gehört zu meiner Plauscherl-Taktik, sie ist Teil meiner Kaffeehauskultur.

Die Röstmischung ist sehr gut, hebt meine Stimmung im Rausch der Arabica-Aromen, die nicht nur den Gaumen, sondern auch die Nase animierend durchdringen. Kaffee ist nicht Kaffee, das möge für unsere netten Piefke-Nachbarn gelten, aber nicht für unsereins.

Ich bin durchwegs zufrieden, der Preis erreicht stolze 4€ für den kleinen und 6€ für den Großen Mokka, Innenstadtlevel. Serviert wird er je nach Ober wie ich das schätze sehr traditionell oder einfach und ohne Tablett. Ein Glas Wasser ist obligatorisch dabei.

Den Tupf Schlag gibt es nicht, habe aber einen beim letzten Mal gratis erhalten, die kleine aber erfreuliche Extrameile, vielleicht damit ich das Personal nicht allzu nerve, oder der gute Mann war mir gewogen. Ansonsten müsste ich eine Portion (Preis unbekannt) bestellen.

Als Add-On fehlt nie das Schoki-Nuss-Leckerli, sauber verpackt in rotem Hochglanzpapier, das die Aufschrift „Central“ ziert. Manche Ober bemerken die kleine Leidenschaft und bringen mir nachfolgend mehrere. Darum auch immer das unverzichtbare Tratscherl. Ja, darin besteht der Vorteil zu Vierbeinern, die solches nur mitleidserregend erbellen könnten. 😊


Hauptspeisen der Wiener Küche

Es fehlt das tagesaktuelle Angebot, was Kaffeehäuser sogar attraktiver machen würde, was scheinbar geopfert wurde. Die Haupt-Karte ist über die Jahre stabil, zeigt aber auffällig ungewohnte Beilagen bei mehreren Klassikern. Mir wurde mitgeteilt, dass man sich mittlerweile des letzten Küchenchefs, eines Steirers, entledigt hatte und man wieder auf die traditionelle Schiene zurückkehren möchte.

Nur waren wir beim letzten Besuch dem Innovativ-Künstler noch ausgeliefert, da man logistisch die Umstellung nicht ad hoc sofort umsetzen kann. Der Start mit einer Rindsuppe (6,50€) gelang noch tadellos, nur musste ich mich ein wenig wundern, ich fragte ob als Einlage Nudeln möglich wäre, was bejaht wurde.

Es kam eine Frittatensuppe und zu meiner Urgenz nach Nudeln wurde gesagt, das sind ja Nudeln und man beharrte darauf. Ok, Schwamm drüber, ess‘ ma di halt, is ja deswegen net schlecht. Serviert hatte sie ein Azubi, oder wie man die Jungspund-Serviceleute heute nennt. Früher sagte man Piccolo, das dürfte aus der Mode gekommen sein. Die Rinderbouillon war erste Sahne, eine Kraft und Wohltat an Suppe, soweit versöhnte das sofort.

Die Weinauswahl ist angesichts dieser Top-Location spärlich, es gibt 4 Rote und 5 Weiße und klar, dafür bedarf es damit auch keiner eigenen Karte. Darin besteht für mich klares Potential nach oben.

Meine Begleitung wählte als HS den Tafelspitz (24€), aber nun schlug die Küche unbarmherzig zu. Es fehlten die klassischen Beilagen. Ich will ehrlich gesagt auf die dargebotene Themenverfehlung nicht eingehen, da sie in ein zwei Wochen eh Geschichte sein wird. Eine Nachbestellung von Bratkartoffeln mit geringem Investment von zusätzlichen 3€ rettete die Performance. Schön aus Pfanne mit guter Zwiebelnote, hm davon naschte ich auch.

Bei meiner Wahl Pot au Feu vom gebratenen Waller (20€) ist dem Kellner allerdings nicht entgangen, dass ich mich über die Wahl der Zutaten, aber in erster Linie über die Zubereitung sichtlich mokiert hatte, das Gespräch führte ich jedoch mit meiner Begleitung, nicht mit ihm. Er kam aber auf mich zu und fragte, ob ich lieber eine andere Speise möchte. Die Zufriedenheit seiner Gäste stehe für ihn im Vordergrund.

Wow, was für eine Aufmerksamkeit, ich war überrascht. Das Angebot hatte ich wohlwollend angenommen und bei der so entstandenen kurzen Plauderrunde erfuhr ich über die gegenwärtigen Küchenzustände. Er sagte absolut nichts Schlechtes über den Ex-Kuch‘lbugl, aber der Eindruck, dass das gesamte Personal aufatmet kam m.E. rüber.

Damit wollte ich kein weiteres Risiko eingehen und orderte den klassischen Bröselteppich, da ich dachte, na den sollte selbst ein Küchenwappler z’samm’bringen. So war es dann auch, und sogar nahezu perfekt.

Das Kalb wunderbar zart, Duft nach Butterschmalz in angenehmer Intensität, die Soufflierung könnte noch etwas besser sein, die Petersilerdäpfel tadellos, na also geht doch! Man kann den Wiener damit immer wieder glücklich machen.

Auf der Online-Karte vermisse ich den Kaiserschmarrn, die Lokalkarte hat ihn mit 11€ gelistet. Den habe ich mir nach Jahren wieder vorgenommen. Die angekündigte Wartezeit von 20 Minuten verringerte sich dann auf ca. 5 Minuten. Es wird schon alles selbstgemacht, aber halt vorbereitet, wurde gesagt. Es überzeugte aber nicht.

Naja, an dem wird sich voraussichtlich nichts ändern, so ist mir die Guglhupf-Variante noch in Erinnerung. Er ist ja nicht schlecht, nur nicht meine Vorstellung. Die Elemente Vanille oder Rum in homöopathischer Dosierung, so ist‘s halt für meinen Gaumen ein passabler Biskuitschmarren.

Kein Ahnung, warum ich es immer wieder wissen will, aber so alle 5 Jahre kann man ja wieder nach dem Rechten sehen. Dem Tourist schmeckt er, weil er den Vergleich zum Original nicht hat.


Klassische Zwischengerichte

Bei vielen Besuchen begnüge ich mich mit Zwischengerichten, wenn nicht nur Kaffee am Programm steht. Solches hat das traditionelle Kaffeehaus auch geprägt. Damit bin ich recht zufrieden, zumal ich die auch gerne mit meinem Wr. Bier-Favorit Ottakringer Original begleite, 0,3l um 4,70€, das hier gepflegt o‘zapft wird.

Ein Krügerl gibt’s (offen) nicht, das wäre hier wohl nicht nobel. Soll sein, dann wird‘s mit zwei Seidel halt leider teurer, wenn das erste zu schnell weg war und sich der Durst weiter meldet.

Klasse sind die Handsemmeln, resch und knusprig, wie sich das gehört, zerbröckeln nicht in 1.000 Einzelteile und haben eine perfekte Teigkonsistenz, first Class. Einzeln kosten sie volle 2€, aber eine ist bei den Gerichten inkludiert.

Bei der ungarischen Gulaschsuppe (8€) passierte zuletzt ein Hoppala, weil ich sie schon um 09:30 Uhr geordert hatte. Warme Speisen gibt es erst ab 10.00 Uhr, aber die Küche brachte das schon hin, eine weitere Extrameile.

Nur war sie kaum als Suppe zu bezeichnen, sondern schon ein regelrechtes kleines Gulasch, zu fleischlastig angereichert voller kleiner Wadschunkenstückerl. Der Koch hätte besser schöpfen müssen, und selbst als Gulasch fehlte es so an Saft.

Das machte sich bloß erst ab der Hälfte bemerkbar, als mir dann aufgefallen ist, hey Supperl, wo bist du? Gut zubereitet war sie aber, pikante Note und schöne Gulaschwürze waren angenehm vorhanden.


Frühstücken wie ein Fürst

Wie in guten Kaffeehäusern üblich frühstückt man fürstlich, die Preise dazu passend fürstlich, die Qualität exzellent. Darin liebe ich mein herzallerliebst Österreich. Schlecht frühstückt man wirklich nur in Ausnahme-Gaststätten, man kennt das hohe Niveau auch aus der heimischen Hotellerie, ich vergleiche es mit 4-Sternen und höher. Ein Zuckerl dazu, ein Heißgetränk nach Wahl ist bei den Sets im Preis inbegriffen.

Die letzte Frühstücksoffensive tätigte ich mit einem guten Freund, er das volle Programm, Kaiserfrühstuck um 24€ samt Gläschen Sekt, ich bescheidener, a la Carte Wahl, Rührei mit Lachs auf getoastetem Schwarzbrot um 12€, sehr gut.

Rucola Salat ließ ich gegen Schnittlauch austauschen, was kein Problem war, passt m.E. besser, gegen Rucola hegt meine Seele Abneigung, für mich Hasenfutter, oder habe ich Löffel anstelle Ohren? 😉

Zuletzt noch das simple Schnittlauchbrot, welches aus 2 Stück bestand, das Brot allerdings nicht von der frischesten Sorte. Leider bringen das viele nicht nach meiner Vorstellung hin, ich bin in dem Punkt zugegeben auch penibel, dafür mit 4€ keine nennenswerten Kosten.


Konditorei bzw. Patisserie

Davon bevorzuge ich die Schiene Apfel- und Topfenstrudel und sie sind passabel. Klar, es gibt stets das sog. Bessere und solches ist immer der Feind des Guten, aber ich bin damit zufrieden. Meine letzten liegen aber schon einige Jahre zurück, wird mal wieder Zeit.

Wenig Erfahrung habe ich mit den Torten, das möge sich ein anderer Kollege vornehmen oder man kommt her und macht sich selbst ein Bild. Das liegt daran, dass ich diesbezüglich mein Oberlaa-Paradies in Wien habe, das auch mit mehreren Filialen an unterschiedlichen Orten vertreten ist.


Service, Allfälliges und Resümee

Eingehender bewerte ich den Service dann, wenn er abweichende Merkmale von der Norm aufweist, sei es positiv oder negativ. Damit möchte ich die Top-Leistung meines letzten Kellners beim Mittagstisch wie beschrieben hervorheben.

Der eine oder andere versteht es zusätzlich auf meine Plauder-Eigenschaft entsprechend zu reagieren und möchte gerne mithalten bzw. schiebt seine eigenen Wuchteln. Solch Schmäh gefällt mir natürlich. Da das kein Einzelfall ist, so vergebe ich gerne die Top-Note.

Erwähnenswert noch, nachmittags beschallt regelmäßig ein Pianist den Central-Äther mit Klaviermusik. Extra berappen muss man dafür nicht, wie sich der Musikus finanziert oder ob er überhaupt eine Gage bezieht, weiß ich allerdings nicht. Man darf aber dezent einen Schein bei ihm ablegen.

Wäre da nicht der permanente Ansturm, ich würde öfter herkommen. Ich muss damit leben, dass Touris aus aller Herrn Länder diesen Ort ebenso ins Herz schließen möchten wie ich. Für das beeindruckende Ambiente komme ich daher nicht umhin das klare 5er-Taferl zu heben. Ebenso passt das gesamte Interieur ins Bild. Must see!

Gäbe es nur eine Wertungs-Kategorie, wie auf Google-Map, wäre es eine saubere 5-Stern-Wertung. Das letzte Küchenerlebnis nehme ich nicht in die Note auf. Für mich reicht wie bei anderen Cafés an sich das gute Frühstück, das kleine Gulasch, hin und wieder ein Strudel, und last but not least der Kaffee. Damit bin ich sehr zufrieden und das schon über Jahre.

Das Café Central ist für mich eine widerspruchslos sehenswerte Wiener Tradition und sollte man jedenfalls kennen. Schande über den, der noch nie da war. Letzte Aussage versehe ich aber auch mit einem Emoji! 😊
Café Central - Apfelstrudel - perfekt in jeder Hinischt, auch meine geliebte ... - Café Central - WienCafé Central - Kaffeekulultur a al Central (so mog i des) - Café Central - WienCafé Central - Kaiserfrühstück (nicht im Bild das Glas Sekt) - Café Central - Wien
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Danke für das Kompliment, 1er-Menü :) - ich ziehe oft weiter ins Diglas im Schottenstift. Relativ ruhig dort. Touristen stören mich absolut nicht, nur Massen. Das Central ist nicht immer überlaufen, nur stehen trotzdem ständig Leute in Schlange. Das Korb muss noch näher inspiziert werden. Sitze dort hin und wieder im Sommer im Garten.

12. Feb 2023, 19:51·Gefällt mir
langnan
Experte
am 2. April 2015
SpeisenAmbienteService
In der letzten Zeit hatte ich eine "Cafe Centralomanie". Die Hauptsymptome äußern sich dadurch, dass meine Beine mich ständig mysteriös in die Nähe der Herrengasse führte wenn ich in der Innenstadt war (ok, zugegeben ich verlaufe mich ständig. vielleicht sollte ich an meiner Koordination und Rich...Mehr anzeigenIn der letzten Zeit hatte ich eine "Cafe Centralomanie". Die Hauptsymptome äußern sich dadurch, dass meine Beine mich ständig mysteriös in die Nähe der Herrengasse führte wenn ich in der Innenstadt war (ok, zugegeben ich verlaufe mich ständig. vielleicht sollte ich an meiner Koordination und Richtungssinn arbeiten.)

Das Cafe Central ist wahrlich ein Touristenmagnet. Asiatische Gesichter sind auch immer wieder zu sehen. In den 80er, 90er Jahren waren es vielleicht eher Japaner oder Taiwan-Chinesen. Heute ist die wiener Kaffeekultur auch teilweise in VR-China bekannt und für viele junge Chinesen ist es eine Pflicht bei ihrem Wien-Besuch einmal Kaffee zu trinken.

Was meine Frau und mich immer dorthin anzieht ist neben dem Kaffee eher die warmen Mehlspeisen. Der Kaiserschmarrn vom Cafe Central gefällt mir ausgezeichnet und ist auch eine ordentlich große Portion, ausreichend für zwei Personen. Den haben wir schön öfters dort gegessen, aber für ein Gesamtbild reicht er sicher noch nicht aus, deshalb haben wir beschlossen die Küche genauer kennenzulernen.

Wir besuchten das Cafe Central am Wochenende für ein Mittagessen, in der Hoffnung mit weniger Touristenandrang. Dieser Wunsch wurde zum Teil erfüllt, wir mussten nicht hinter einer langen Schlange warten, aber gleich einen Platz zu bekommen war auch nicht möglich. Der Ober platzierte uns wortwörtlich in die "goldene Mitte", einen Tisch auf der linken Seite des Lokals neben dem Sitzbank, umzingelt von anderen Gästen. Da kann ich noch vom Glück reden, dass wir noch hineingepasst haben.

Schnell wurde die Speisekarte gebracht. Am Wochenende ist die Auswahl nicht gerade viel, à la carte gibt es nur ein paar Hauptspeisen. Meine Frau bestellte das Cafe Central Backhendl und ich nahm einen Tafelspitz. Zum Trinken hatten wir einmal Bio-Fruchtsaft und einen Assam-Tee.

Während des Wartens fiel mir auf, dass neben uns drei Chinesinnen saßen, das Gespräch war nicht zu überhören, vielleicht nimmt man eine bekannte Sprache auch wesentlich besser wahr. Alle drei studieren zur Zeit in England und sind zum ersten Mal in Wien. Wie eben vorher erwähnt, junge Asiaten sieht man hier immer wieder, uns inkludiert, ;p.

Es dauerte nicht lange bis das Essen gebracht wurde. Das Backhendl für meine Frau bestand aus einem geteilten Stück Hühnerbrust, als Beilage gab es einen Gurken-Kartoffel-Salat. Mein Tafelspitz hatte als Beilage Semmelkren, Dillfisolen, etwas Gemüse und wurde mit frischem Schnittlauch dekoriert. Die Schnittlauchsoße und das Fond wurden extra auf einem Teller serviert.

Der Tafelspitz war sehr gut gekocht, mürb und im Mund leicht kaubar. Ein feiner Fleischgeschmack, der auch im Fond zu finden ist. Semmelkren ist für meinen Geschmack bisschen zu stark gesalzen und der Kren könnte noch etwas pikanter sein. Vom Gemüse bin ich nicht so beeindruckt, war erstens kein besonderes Erlebnis und zweitens passt es auch nicht unbedingt so gut zum Tafelspitz. Ich bevorzuge in diesem Fall eher die Plachutta-Variante, Rösterdäpfel, Spinat und Apfelkren, schmeckt viel besser. Wenn man die Größe bemängeln darf, dann war der Tafelspitz für 18,9€ etwas zu klein.

Das Backhendl von meiner Frau habe ich nicht probiert, ihr hat es gefallen aber umgehauen hat es sie auch nicht. Von der Betrachtung her fiel uns eine teilweise dunkelgrüne Färbung zwischen dem Fleisch und der Panade auf. Geschmacklich keine Besonderheiten, vielleicht wurde das Fleisch zuerst mit Kürbiskernöl mariniert?

Im Allgemein war das Essen nicht schlecht, aber satt wurden wir beide nicht. Deshalb bestellten wir gleich beim Herrn Ober die Nachspeise, einmal Milchrahmstrudel und einen Apfelstrudel mit Vanilleeis.

Der Apfelstrudel war diesmal nicht gelungen. Die Äpfelscheiben waren kaum durchgegart, die Konsistenz grenzt noch an knackig und vor allem der saure Geschmack war zu dominant, Zimt und Zucker waren kaum zu erkennen. Dafür war die Oberfläche sehr kross, klein wenig angebrannt. Ich würde sagen, da war der Meister wohl etwas zu eilig. Der Milchrahmstrudel war geschmacklich viel besser, könnte auch mit der Vanillesoße zusammenhängen.

Zum Service: Trotz des starken Andranges waren bei meinen bisherigen Besuchen alle Mitarbeiter bemüht die Gäste so schnell und so gut wie möglich zu bedienen. Natürlich kann man manchmal spüren, dass der Stress ihnen auf den Gesichtern geschrieben steht und ein Lächeln wäre in diesem Fall wohl kaum möglich. Bisserl schade, denn eine entspannte Atmosphäre würde besser zur wiener Kaffeekultur passen. Zum Glück gibt es etliche Institutionen, die (noch) von der Touristenmasse verschont geblieben sind.

Fazit: Das Cafe Central hält trotz des Andranges sich wacker und kann ein akzeptierbares Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten. Die Küche a la carte ist nicht wirklich empfehlenswert, vielleicht kommen wir einmal vorbei und probieren das Menü unter der Woche. Wenn nicht, dann werden wir sicher noch in Zukunft hier warme Mehlspeisen konsumieren.
Café Central - WienAltenbergtorte - Café Central - WienTopfentorte - Café Central - Wien
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amarone1977
Experte
am 3. Oktober 2013
SpeisenAmbienteService
Kurzbesuch in der Herrengasse. Eigentlich wollte ich im Beaulieu vorbeischauen, das war allerdings voll besetzt und warten wollte ich auch nicht. Das Palais Ferstl ist ein gewaltiger Bau, geht man in Richtung Stephansdom kann man am Café Central nicht vorbei. Ich auch nicht. Drin eine „Säu...Mehr anzeigenKurzbesuch in der Herrengasse.
Eigentlich wollte ich im Beaulieu vorbeischauen, das war allerdings voll besetzt und warten wollte ich auch nicht.

Das Palais Ferstl ist ein gewaltiger Bau, geht man in Richtung Stephansdom kann man am Café Central nicht vorbei. Ich auch nicht.
Drin eine „Säulenhalle“, enorm, macht wirklich Eindruck. Während ich so staune, Kopf nach oben, renne ich fast einer Japanerin in den Fotoapparat, die gerade auch staunend Wiener Gastronomieerbe fotografisch festhalten will.

Das Lokal ist mehr oder weniger voll besetzt, inklusive dem gewichtigen Herrn am Klavier. Im Vergleich zum „Weimar“ geht’s hier allerdings weitaus touristischer zu, man hat ein wenig das Gefühl, zumindest die Hälfte der Gäste arbeitet hier gerade Seite 147 des Wienführers ab.

Die Akustik ist aufgrund der Bausubstanz natürlich weitaus lauter, mit deutlichem Hall-Effekt, nur ohne dafür einen Equalizer im Hörgerät zu benötigen. Man könnte die Stimmung ein wenig wie im Gare de Lyon beschreiben.

Dank der adrett gekleideten Herrschaften ist trotz des guten Besuchs rasch ein Platz für mich gefunden, Speisekarte wird überreicht, Getränkewunsch entgegengenommen.
Die Karte ist durch und durch „Kaffeehaus“, also mit österreichischen Mehlspeisklassikern und einer ordentlichen Portion „klassisch Wiener“ Küche – und dem einen oder anderen internationalen Experiment.

Noch gibt’s Schwammerl – auch wenn ich heuer noch immer keine gefunden habe (ja und das ich!): Erdäpfel-Steinpilz-Suppe.
Die Erdäpfel-Steinpilz-Suppe Jahrgang 2013 ist einfach beschrieben – die Schwammerl muaßt suachn! Und trauere den Erdäpfel-Schwammerl-Suppen Jahrgang 2012 nach – auch wenn ich mich noch daran erinnere, wie uns die Schwammerl sprichwörtlich schon aus den Ohren gekommen sind.
Na gut, im Hier und Jetzt zurück fehlen sie mir eindeutig, die Suppe kann ich gerade noch als brav bezeichnen, und erinnere mich an Mutters Spruch, als sie in ihrer Kindheit am Bauernhof („wir ham ja nix g’habt“) keinen „Weinbeerlstrudel“ bekam, sondern immer nur einen „Neun-beerl-Strudel“.
Also, ein paar Steinpilz-Moleküle hab ich dann doch gefunden.

Ein Räucherforellenmousse auf cremig marinierten Blattsalaten und Brotkrusteln. Sehr ansprechend, erfrischend-anregend, auch wenn’s draußen herbstelt. Ein bisschen mehr Räucherforelle, dafür ein bisschen weniger Mousse könnte es sein, aber trotzdem – ich bin zufrieden.

Den „Millirahmstrudel“ kannte man in Salzburg auch – hier gibt es ihn serienmäßig auf der Karte. Ein erfreuliches Dessert, das schon zu Kinders Zeiten leuchtende Augen verursachte.
Warum man ihn zuerst allerdings schon vor dem Räucherfisch servieren will, weiß nur die junge Herrenmannschaft selbst.
An der Konsistenz der Sauce merke ich allerdings, dass ich nachher nicht den gleichen Strudel bekam. Danke.

Wein: nicht wirklich der Rede wert, das Angebot hat mich nicht begeistert, die Wahl des grünen Veltliners war auch nicht die allerbeste Idee.

Fazit: historisch bedeutender Bau, wirklich beeindruckend, schönes Klaviergeklimper, archtiktonisch bedingte Akustik, recht laut und touristisch. Service flott und freundlich, zuweilen aber auch durch allzu flottes Tun und Machen ein bisserl durch den Wind.
Wie ich meinen Mitarbeitern immer sage: tuat’s net hudln, i tua's a net!
Café Central - WienCafé Central - WienErdäpfel-Steinpilz-Suppe - Café Central - Wien
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HelmuthS: stimmt schon, die Säulenhalle ist ja auch einzigartig, aber Ambiente ist ein Gesamteindruck, steht ja auch im Bericht. Dass Touristen hier manchmal reinströmen, um genau das zu fotografieren, macht das Lokal zu einem Ameisennest, die Architektur verstärkt mit ihrem eingebauten Hall-Effekt die Stimmung. Gemütlich essen, Kaffee trinken und Zeitung lesen ist also woanders besser.

13. Apr 2014, 09:49·Gefällt mir
alexkuzum
am 26. März 2013
SpeisenAmbienteService
Das Cafè Central zieht an, das Ambiente ist wirklich einzigartig und allzuviele Kaffeehäuser mit Live-Pianomusik gibts in Wien (leider) auch nicht. Die Süßspeise sind gut, ich würde sogar sagen sehr gut. Mein persönlicher Favorit ist absolut Haselnuss. Die angebotenen Tees lassen sich weniger em...Mehr anzeigenDas Cafè Central zieht an, das Ambiente ist wirklich einzigartig und allzuviele Kaffeehäuser mit Live-Pianomusik gibts in Wien (leider) auch nicht.
Die Süßspeise sind gut, ich würde sogar sagen sehr gut. Mein persönlicher Favorit ist absolut Haselnuss. Die angebotenen Tees lassen sich weniger empfehlen, Multifrucht gar nicht und auch der Kräutertee lässt eher zu wünschen übrig, was in Anbetracht der Preise für heißes Wasser und etwas Geschmack eine Frechheit ist.
Das Servicepersonal wirkt professionell beim ersten Mal hinsehen, beim zweiten Mal eher distanziert und kalt, was mit Bedacht auf die abzufertigenden Gästezahlen verständlich aber doch als Gast nicht unbedingt erwünscht ist.
Zum Glück gibts den Pianospieler, die angenehme Musik und gute Auswahl der Stücke macht vieles wieder gut.
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Gastronaut
Experte
am 18. Juni 2010
SpeisenAmbienteService
Gelistet in: Frühstück in Wien
Essen im Cafe? Ja bitte! Gerade vor kurzem übernahm ein neuer Küchenchef und das Essen hier ist jetzt absolut delikat! Zwar wird auf der Speisekarte ein Fokus auf die typisch österreichische Küche gelegt, aber die Art und Weise wie die Speisen zubereitet werden sind alles andere als gewöhnlich. W...Mehr anzeigenEssen im Cafe? Ja bitte! Gerade vor kurzem übernahm ein neuer Küchenchef und das Essen hier ist jetzt absolut delikat! Zwar wird auf der Speisekarte ein Fokus auf die typisch österreichische Küche gelegt, aber die Art und Weise wie die Speisen zubereitet werden sind alles andere als gewöhnlich. Wir hatten einen Tafelspitz mit getrüffeltem Kartoffelpüree! Großartig! Dabei mussten wir lange überlegen, was wir nehmen würden, denn auch die Sachen auf den Nachbarstischen sahen spanned aus. Und was die Deserts betrifft, hat hat das Central ja sowieso viel mehr zu bieten als einfach nur "Mehlspeisen"! Überigens gibt es hier unter der Woche auch günstige Mittagsmenüs!
Café Central - WienCafé Central - WienCafé Central - Wien
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