am 13. Juni 2013
|Update 15. Jun 2013
SpeisenAmbienteServiceSchmutzer. Winzendorf.
Weder von dem einen Namen, noch vom anderen Dorf hatte ich davor jemals gehört.
Es lohnt sich einfach, bei all der vielen beruflichen Fahrerei hin und wieder mal ein paar Kilometer weiter weg von der Autobahn Quartier und Futternapf zu suchen.
Erstens, weil allzu gu...Mehr anzeigenSchmutzer. Winzendorf.
Weder von dem einen Namen, noch vom anderen Dorf hatte ich davor jemals gehört.
Es lohnt sich einfach, bei all der vielen beruflichen Fahrerei hin und wieder mal ein paar Kilometer weiter weg von der Autobahn Quartier und Futternapf zu suchen.
Erstens, weil allzu gut gelegene Lokale oft teurer sind als sie gut sind, und so nebenbei kann man auch mal die Büroarbeit am Bankerl mitten im Grünen erledigen. Ich kann nur sagen – das hat was.
Bin ich der Herold? Nein – also mal die gelbe „Äpp“ gefragt, Gasthof in und um Wr. Neustadt gesucht. Da kommt man dann auf Risultate bis zur Hohen Wand.
Die Hohe Wand kenne ich nur als grün unterlegten Schriftzug auf der Tafel „Abfahrt Wr. Neustadt west, 500m“.
Schäm dich amarone, du hast was versäumt. Irgendwie ein Mix von Prärie und Toskana. Wandern, Gleitschirmfliegen - oder einfach nur rumlümmeln.
Das erste Suchergebnis angerufen. Herr Schmutzer teilt mir allerdings mit, dass sie mit keinem Zimmer dienen können, obwohl Herr Herold ihn vorgeschlagen hatte. Dafür mit einem fein gedeckten Tisch, Zimmer bekäme ich bei X, Y oder Z hier im Dorf bzw. ein oder zwei Dörfer weiter.
Es gäbe sogar, wenn man die Hoteliers drauf anspricht, einen improvisierten "Shuttle"-Service vom Tisch weg ab ins Bett im Nachbardorf. Hier kennt man sich und macht gemeinsame Sache. Sehr sympathisch, da könnten wir Kärntner uns noch was abschauen.
So war es auch und ich bekam einen fein gefüllten Magen, ein schönes Bettchen und ein paar wunderschöne Bilder einer wirklichen tollen Landschaft – dem Schneebergland, wie sich die Gegend selbst vermarktet. Lohnt sich.
Jetzt aber zum wichtigsten – dem kulinarischen Genuss. Denn der sollte nicht zu kurz kommen.
Im Hause Schmutzer ist es wie in so manch anderem Familienbetrieb auch: der Sohnemann bekommt die elterlichen Gene in die Wiege gelegt, geht in die weite kulinarische Welt hinaus – pilgert von einem kulinarischen Mekka zum anderen – kocht in Michelin-Restaurants (nein, dort gibt’s keine Gummi-Laberln), um eines Tages heimzukehren, um den elterlichen Betrieb zu unterstützen.
Die Karte, online einsehbar, geizt nicht mit Auswahl: gleich drei Menüs von 4-6 Gängen, nicht billig aber preiswert, lassen die Zunge schnalzen. „Zitronenmuschel“, Gazpacho mit Minze, Spargelsalat mit Garnele, Burrata, Maibock mit Nektarinen, Goldbrasse mit Kohlrabi – oder auch allerlei Klassiker von Beuschel bis Kalbschnitzerl. Schau schau!
Das äußerst gepflegte Haus serviert im Eingangs-Schank-Bereich auch Gulasch und Schnitzel für den „täglichen Gebrauch“, der weiß gedeckte Hauptraum geht einen oder zwei Schritte weiter.
Eben dieser Hauptraum ist zwar schon ein wenig in die Jahre gekommen, aber ich sehe keinen Grund, daran etwas zu ändern, weder an den mit Polstern verhübschten Sitzlandschaften, am Teppichboden, der sicher nicht den neuesten Trends folgt oder gar an den etwas skurril anmutenden, aber höchst zweckmäßigen Spirituosen- und Käsewagerln (z.B. ein etwas „adaptierter“, fahrbarer Nähmaschinen-Untersatz).
Herr Chef ist ein echter Sir. Da kann man sich schon mal beim Wein ein wenig verplaudern, da sickern persönliche Vorlieben durch, stets mit einer bescheidenen Zurückhaltung des kulinarischen Tüftlers, um das mal so zu sagen.
Das merkt man schon bei der Auswahl der Weine – und natürlich auch beim Thema Käse. Das Haus wurde schon mit Preisen in puncto Käsekompetenz bedacht. Darf man schon mal sagen.
Und so freue ich mich über das erste vinophile Experiment. Ein Riesling Smaragd vom Knoll, in der Karte als „Altwein“ für Sherry-Freunde präsentiert. Wer aber den guten Knoll kennt, der weiß, was seine „alten“ Jahrgänge so können. Wenn ich heute wo einen Riesling Smaragd 2010 auf der Karte finde, muss ich milde lächeln. Schade drum, ihn jetzt schon aufzumachen. Das hat er nicht verdient.
In meinem Fall also ein 96er, wenn ich mich recht erinnere, im eigenen Keller sumpern derweilen noch die 99er und 2000er rum. Sie dürfen, schlecht wird er ja nicht. Wir reden ja hier nicht vom Junker oder von Weinen à la „Promiwinzer“.
Was soll ich sagen – besser kann man ein feines Mahl gar nicht einläuten.
Riesling ist der „König der Weißweine“, sein Potential ist nicht umsonst legendär, nenn es „Petrol“, oder wie auch immer, das ist einfach betörend schön. Aber nenn es nicht „Alterl“, das hat er nicht verdient.
Und überhaupt – wer redet da noch von Sherry? Ich bitte Sie!
Aufstrich: nicht der Allerweltsaufstrich, dazu ein bisschen Butter und ein vom Zahnstocher durchbohrtes Wurstradl aus der eigenen „Werkstatt“. Feines Brot im Körberl!
Aus der Küche kommt ein kleiner Happen. Ich muss gestehen, dass mir die beiden Vertreter in der Mitte und rechts nicht mehr ganz in Erinnerung sind, ich glaub es waren Mousse mit Karotte und Ingwer bzw. ein kleines Häppchen mit Spinat.
Allerehrenwert und denkbar einfach allerdings das „Lachs-Ildefonso“ linkerhand. Eine Kombination aus schön teigiger Crèpe und zartem Lachs. Sehr erfreulich. Ich hätte gerne noch die ganze Schachtel geleert.
Grießnockerlsuppe.
Eine nicht zu rustikale Rindsuppe mit feiner Note, das Grießnockerl dürfte ruhig den angeblich verpönten Butterkern aufweisen. Ich wäre nicht beleidigt gewesen, im Gegenteil. amarone, auf den Spuren des Butterkerns. Nicht immer wird er fündig.
Zwischengang: Blattsalate. Bestens mariniert, appetitlich, saftig, mundgerecht. Samt Schollen vom Parmigiano.
Endlich auch mal: das richtige Schüsserl, das dem Salat alle Ehre macht und keine purzelnden Salatblätter verursacht.
Hauptgang: eine unendlich zarte Landhendl-Brust, dank Niedertemperaturgarung in absoluter Bestform.
Flankiert von gebratenen Salatherzen und – jetzt kommt der exotische Gegenspieler: Mangoragout. Allerdings nicht zu exzessiv, es entsteht ein wunderbares Gesamtbild, nicht nur optisch.
Ein „lebernes“ Schäumchen darf intensiv dazwischenfunken, dazu wird noch ein bisschen Hühnerragout separat beigestellt, „bevor ma’s wegschmeißen“, wie Chef „Peperl“ wohlmeinend hinzufügt.
Alles passt, man nickt zufrieden, genießt und schweigt. Worte folgen immer danach.
Ich vergaß ganz, es muss wohl am Wein liegen: wir schreiben bereits Achtel Nr. 3, schon zuvor durfte ein Chardonnay zu Tisch kommen. Das Huhn wird wieder von einem, diesmal weitaus komplexeren Chardonnay begleitet. Wenn ich mich recht erinnere, war der erste aus der Thermenregion, der zweite war der „S“ vom Feiler-Artinger. Ja, sehr artig, schön zu trinken.
Nachtisch: eine schwierige Wahl, Familie Schmutzer tobt sich bei den süßen Genüssen sichtlich aus. Ein zweiter Besuch ist allein schon angesichts des Dessertangebots ein Muss.
Nebst Powidltascherln, Apfel im Mürbteig, Nougat und „Schoko-Banane“ gibt’s auch einige Eisbecher, das Eis stammt dabei von einem Bio-Bauernhof aus der Buckligen Welt.
Ich entscheide mit letztlich doch für „Malakoff light“, flankiert mit hausgemachtem Löffelbiskuit.
Eine lohnende Wahl, das Törtchen ist tatsächlich nicht so üppig wie das „Original“, schmeichelt aber trotzdem mit allem, was das Thema Malakoff verspricht.
Hausgemachte Löffelbiskuits sind allerdings nicht das einzige, womit man sich im Hause Schmutzer nicht lumpen lässt.
Schokotrüffel, Marmeladen und andere Köstlichkeiten. Kann man mitnehmen – oder sogar online bestellen.
Erstere bekam ich - „natürlich“ – als süßen Gruß zum Schluss serviert.
Doch damit nicht genug: Schmutzer ist sogar Brandmeister – allerdings nicht bei der Feuerwehr, sondern was seine hausgemachten Schnäpse betrifft. Ich sag ja, ein weiterer Besuch muss her, allerdings werde ich mich beim nächsten Mal rechtzeitig darum kümmern, Quartier im selben Dorf zu finden.
Also: ein wunderbarer Familienbetrieb, dessen wirklich einziger Schönheitsfehler die fehlenden Zimmer im oberen Stockwerk sind.
Um jetzt Haubenrhetorik zu bedienen: die Küche bietet auf alle Fälle weit mehr als das Alltägliche. Und das mit einer sehr angenehmen, ungespielten Leichtigkeit.
Schmutzer – eine saubere Vorstellung!
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Ich bin grundsätzlich nicht der Typ Mensch, der deswegen die Bundesregierung zu einer Tagung zusammen trommelt. Allerdings habe ich beim Abservieren schon angemerkt, dass ich mit dem Schnitzel nicht zufrieden war - die Reaktion war gleich Null.