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Sa, 27. April 2024

Zauner Esplanade, Bad Ischl - Bewertung

WrKFan
Experte
am 1. September 2022
SpeisenAmbienteService
Der Zauner – mein Dommayer von Bad Ischl

Seit Jahren schon zieht es mich auf meinen Reisen durch Österreich magnetisch an einen bestimmten Ort nach Bad Ischl zum Zauner an der Esplanade. Was die Zauners hier mittlerweile nach einer 190 jährigen Geschichte auf die Beine gestellt haben, Hut ab. Was bedeutet das für mich? Lese man weiter.

Bei Schönwetter im geräumigen Garten zu sitzen, den dahinplätschernden Wellen der Traun verträumt hinterherzusehen, ein Blick auf den Siriuskogel und die hübsche Villen am gegenüberliegenden Ufer, vor sich das gute Kaffeetscherl oder den herzhaften Roten, bildete schon oft den Grund für einen Zwischenstopp auf meinen beruflichen Reisen, um kurz die Seele aufzutanken.

Weil mich diese Erlebnisse immer wieder fasziniert haben, plante ich heuer ein paar Urlaubstage zusammen mit meiner immer treuen Begleiterin. Zwei mehrtägige Aufenthalte erlaubten einige weitere Einblicke in das Repertoire von Frühstück, Patisserie und auch der Speisenkarte und wir konnten uns ein wenig durchwühlen.

Was für mich der Dommayer in Wien ist, das ist hier der Zauner an der Esplanade. Kommt dazu ein guter Rund-Um-Service geschulter Mannschaft samt Auftreten und Manieren, die für das werte Wohlbefinden sorgen, ist das für mich besser als so manche Fernreise.

Damit meine Seele fröhlicher Dinge ist braucht sie gar nicht mehr nebst Begleitung um im Nachhinein sagen zu können: G‘habert homma z'aumm guat, g’sess’n samma z'aumm sche und bedient höm‘s uns königlich. Dann lebt meine Seele auf und solches erreicht sie hierorts wirklich gut.


Kaffee & Zaunerstollen make my life easy

Hier gibt‘s ihn wieder für mich, einen wunderbaren Kaffee, besser sogar als Meinl würd‘ ich sagen, wer der Röster ist weiß ich nicht. In der Form „kurz“ ausnehmend betörend nach dem Aroma frisch geriebener Arabica-Bohnen duftend, eine passable Crema, so tanke ich kräftig und nachhaltig Koffein und man kann freudestrahlend in ein glückliches Gesicht ohne Schminke blicken.

All das mit von mir hochgeschätzter Kaffeehauskultur, dazu gehört ein Silbertablett, die Kaffeetasse auf passender Untertasse platziert, dazu ein Glas Wasser und den Espresso-Löffel verkehrt oben drüber gelegt. Genau so macht man das, und weil‘s für mich ist noch einen Tupf Schlagobers extra, echtes selbstverständlich, und erneut glücklich er ist.

Zucker obligatorisch dabei, aber für mich redundant, man kann so aber am Foto ablesen, von wem das dargebotene Kunstwerk stammt, weil am Papier’l „Zauner“ steht.

Dazu eine Oblatte vom Zaunerstollen, der auch das Aushängeschild ist, wie die Sachertorte für den Sacher, nur in Ischl. Das ergibt ein Orchesterwerk für meine Sinne und ich brauche für kurze Zeit nichts anderes.

Es gibt ihn in heller der dunkler Ausführung, im inneren die streuselige Schoko-Haselnuss-Fülle, die auf der Zunge zergeht und der Gaumen singt. Ach, könnte es so auf immer und ewig sein.


Frühstück im Freien

Bei einem anderen Besuch war Frühstücken dran und wir ließen das Kaiser-Etagere auffahren. Klar, hier hat alles was mit Kaiser zu tun, Wir haben festgestellt, dass es zu zweit doch an Menge nicht unbedingt reicht, aber das Gebotene lässt in Sachen Auswahl kaum Wünsche offen.

Aus dem habe ich zwei Highlights entdeckt, das erste der Lachs. Der war richtig gut, intensiv und mit einer Note, die meiner Nase bislang vorenthalten wurde. Ich kann’s gar nicht beschrieben als nur edel, edel. Ich brachte in Erfahrung, woher man den bezieht. Der Lieferant heißt „Abrahams Friesländer“ aus Norddeutschland.

Und dann noch dieses Nusskipferl, das on-top am Etagere platziert wird, sodass man es auch wahrnimmt. Werbung? Auch, jedenfalls hat das bei mir funktioniert. Das könnte sogar den Stollen noch übertrumpfen, aber alles zu seiner Zeit.

Mann, kann Leben schon sein. Süß ist es, das sei gesagt, aber die Kombination mit geriebenen Nüssen ist wie Weihnachten, wenn die Vanillekipferl Saison haben, dafür ganzjährig und für jung und alt.


Mitagessen - Vorspiel

Und wieder sitzen wir da. Heute wird g’essen und dazu organisierten wir einen direkten Tisch an der Traun. Man kann sich da auch ganz lässig am grünen Geländer anlehnen.

Die dargereichte Karte beinhaltet auch die Weine flaschenweise und wenn man danach verlangt, erscheint eine dafür ausgebildete Fachkraft. Das finde ich toll, denn der Mann war auch vom Fach.

Nach eingehender Beratung festigte sich die Entscheidung für einen Mittelburgenlandler, Reumann Grenzlandhof aus Deutschkreuz mit dem klingenden Namen „Cuvée Mariela“ Jahrgang 2018. Der Tropfen erwies sich als vollmundig und kräftig, würdig das Kommende zu begleiten. Die Beratung hat sich gelohnt. Man findet solches oft nicht in Top-Lokalen, daher erhielt das meinen gebührenden Respekt.


Wiener Schnitzel - Original mit Hürden

Als Speisen finden wir nicht so die rechte Wahl, weil die Auswahl eher bescheiden war, aber dann wird es nicht selten die Klassik-Kombi Rindsuppe, heute Fleischstrudel, und danach ein Original Wr. Schnitzel, letzteres für beide.

Die Consommé war brav, sauber und rein, gut die Einlage, herzhaft und intensiv die Fleischnote. Sie überschattete den Suppengeschmack, das aber nicht zum Nachteil. Ein guter Einstieg.

Das Wiener vom Kalb, in der Pfanne herausgebacken, was ein paar dünklere Stellen der Panier offenbaren und ein unverkennbarer Butterschmalzduft, also ein richtiges Original mit alles.

Ich stehe auf das intensive schmalzig riechende Aroma aber nicht immer, weil es auch zuviel des Guten sein kann und dann schlägt es um, und das war für mich etwas der Fall.

So hin und wieder das Original des Originals, wie’s im Sacher-Kochlehrbuch steht, das geht in Ordnung und es bereitete dem Wort „Wien“ auch keine große Schande, nur halt der Geruch, aber vielleicht bin ich darin übersensibel. Meine Begleitung meinte es wäre ok, nun gut, dann nehm ich das auf mich.

Einen deutlich größeren Abstrich bildeten die Petersilienerdäpfel und da waren wir uns beide sehr einig. Mit leuchtend knallgelber Farbe waren sie zwar eine regelrechte Naturschönheit, der Geschmack nicht weniger, d.h. die Qualität wäre exzellent, nur bildete sich an der Oberfläche eine dünne Hautschicht und sie wurden mit der Zeit immer trockener.

Die sind halt schon länger gelegen und waren auch durch erneutes in Butter schwenken nicht mehr zu retten. Frisch ist eben frisch, ein m.E. dummer und unnötiger Küchenfehler.

Dafür gleichte der Gurkenrahmsalat mit Erdäpfeln das so entstandene Flüssigkeits-Defizit aus. Gut, dass wir den extra geordert haben. Reinen Gurkensalat, wie es mein Wunsch war, hat es nicht gegeben, aber der tat’s schon.

Aus früheren Besuchen hatte ich ähnliche Erfahrungen mit anderen Speisen. Es war ja nie schlecht, aber es bleibt wieder der Eindruck haften, in ein Kaffeehaus gehst Kaffee trinken und essen doch woanders. Das bestätigte aufs Neue meine Erfahrung, so kenne ich das auch vom Dommayer.

Top-Küche und Kaffeehaus dürfte als gastronomisches Konzept scheint’s nicht funktionieren. Schlag mich tot warum, aber so empfinde ich das. Anderseits verlange ich gar keine eierlegende Wollmilchsau, so einigt man sich auf die jeweiligen Stärken und lobt diese.


Nette Service G’schicht’n

Ich habe schon das tadellose Auftreten samt Manieren angesprochen, das gefällt mir klarerweise, reicht aber noch nicht. Es passierten einige Patzer, die aber bravourös gemeistert wurden. Und daran erkennt man, was Sache ist und das überzeugte. Ein paar G'schicht'ln dazu.

Ein etwas schon an Geruch leidender Schinken hatte sich ohne entdeckt zu werden auf das Frühstücks-Etagere geschlichen. Er wurde ohne Umschweife in einen neuen, saftig frischen verwandelt. Nun, die Geruchsprobe überzeugte auch den Kellner sofort.

Ich wollte dazu noch eine Portion Schnittlauch, aber lt. Küche wäre für heute noch nichts angeliefert worden. Ein paar Minuten später leuchtet er mir auf der Eierspeise eines anderen Gastes grün entgegen. Ich fragte, welche Zauberhand da im Spiel wäre. Wieder ohne Umschweife kehrt Marsch und schwupp di wupp kam ein Schüsserl mitsamt netter Bemerkung: „Es tut uns leid, aber wissens‘s unser Koch …“. Is doch liab.

Die Urgenz der ausgetrockneten Erdäpfel wurde kurz mit der Küche abgesprochen und man redete sich nicht heraus. Ändern kannst es eh nimmer, der Service kann da auch nichts dafür, aber auch den Umgang fand ich Klasse.

Ich habe selten Probleme mit Hoppalas, finde sie menschlich und steh‘ sogar insgeheim drauf, ich geb’s zu, denn dann hat man was, worüber sicher der Wiener so gern s‘Maul zerreißt, aber es macht eine ganz andere Musik, wie man damit umgeht. In meinen Augen hier genauso, wie es sich gehört.

Bei der Weinberatung kam ein Kellner in etwas anderem Look, der sich als „Mädchen für alles“ vorstellt. Es stellt sich heraus, dass er eher eine Koryphäe ist, nicht nur in der hiesigen Karte bewandert, sondern quer durch die Gastronomie Ausbildungen hat und auch eine schöne Portion Humor und Schmäh an den Tisch mitbringt. Gäbe es nur mehr seines Fachs.

Eine Eigenheit bietet der Zauner für die Patisserie. Man bestellt sich die Leckerlies nicht am Tisch, sondern begibt sich zur Theke, sucht sich was aus und erhält ein Zettelchen. Das Gewählte wird am Teller vor dir platziert, aber du darfst es nicht mitnehmen. Stattdessen wandert man zurück zum Tisch und überreicht den Zettel dem/der Kellner/in und die Bestellung wird dann zum Tisch gebracht.

Ok, warum einfach, wenn‘s umständlich auch geht, aber das hat hier schon so lange Tradition. So was ändert man wie ich das auffasse schon um der Tradition willen nicht. Gut, dann verbuchen wir das als Kulturaspekt.


Fazit – Rundum-Zufriedenheit

Der Zauner auf der Esplanade ist eine Wahl für jede Tageszeit, sei es für gutes Frühstück, eine Jause, für den kurzen Kaffeestopp oder das ausgedehnte Mittag- oder Abendessen. Er schlägt dabei andere um Meilen hinsichtlich seiner Patisserie und hervorragender Kaffeekultur.

Wer den gleichen Level für das Essen erwartet, der sollte das für meinen Geschmack aber woanders versuchen, es sei denn, man kann sich damit begnügen was das übliche Kaffeehaus dazu bietet.

Das Preisniveau wurde noch nicht angeschnitten. Ich halte den Zauner weder teuer noch billg, es ist für meine Begriffe insgesamt angemessen und vergleichbar mit gehobenen Kaffeehäusern aus Wien.

Ein paar Maßzahlen: Großer Espresso 4,60€, das Wiener vom Kalb 23,10€ oder unsere Weinwahl fiel auf 35€. Die aktuelle Speisekarte steht auch Online zu Verfügung: Link

Am Ende gibt der Gesamteindruck den Ausschlag und ist mit dem 1A-Ambiente und einem professionell agierenden Service für alle Fälle schon einen Besuch wert, und für mich als Kaffee- und Schokofreak auch ein Suchtfaktor. Mit anderen Worten, andere dürfen und können, ich muss. 😊
Zauner Esplanade - Kaffeekultur wie im Bilderbuch - Zauner Esplanade - Bad IschlZauner Esplanade - Zauner Stollen - Das Aushängeschild - Zauner Esplanade - Bad IschlZauner Esplanade - Kaiser Etagere - und was man sonst noch so alles braucht - Zauner Esplanade - Bad Ischl
Hilfreich8Gefällt mir6Kommentieren
5 Kommentare
WrKFan

Dem Wunsch ChrD3's bin ich nachgekommen. Was man nicht alles für treue Stammleser tut. :-) Und keine Sorge, den Begrff Sektiererei kenne ich aus ganz anderer Ecke. Hier war es eine gute Anregung was man verbessern kann. Danke

2. Sep 2022, 11:07Gefällt mir2
ChristianD3

M12: zwar exklusiv - aber in erster Linie eine Konditorei! Da wird eben in Richtung Bierangebot nicht großer Aufwand betrieben.

2. Sep 2022, 11:02Gefällt mir1
Meidlinger12

Warum man in solch "exklusiven" Etablissements hundsnormale BrauAG Plörre anbietet, werde ich wohl nie verstehen. Das Schladminger akzeptiere ich ja noch, obwohl leider inzwischen auch dem BrauAG bzw. Heineken Imperium eingegliedert, wird aber noch immer in Schladming gebraut. Danke für den umfangreichen, informativen Bericht.

2. Sep 2022, 09:24Gefällt mir1
ChristianD3

Vielleicht kann man den Link im Bericht oben einfügen - es gibt doch genügend Leser die sich nicht bis in die Tiefen und Untiefen der "Kommentare" durchkämpfen - oder würde das das obige Gesamtkonzept stören? Ich bin ja "afoch g´strickt" und schätze durchaus ein paar wenige Preisangaben - wenn sie nicht zu abschreckend sind ;-) - sie lassen doch auch Rückschlüsse auf das Lokal zu... und wenns nur eine abschließende Rechnungssumme ist! Also meine Anregung bitte nicht als Sekkiererei meinerseits verstehen, sondern als Info für den Leser.

2. Sep 2022, 09:02Gefällt mir1
ChristianD3

"Lesenswerte" Abhandlung, aber ein paar wenige Preisangaben (z.B. über des Kaiser´s Etagere) wären für den interessierten Leser "Hilfreich" - ansonsten kann ich nur sagen - "Gefällt mir".

2. Sep 2022, 08:46Gefällt mir1
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