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Sa, 27. Juli 2024

Gasthaus Herlitschka, Wien - Bewertung

am 19. Oktober 2021
SpeisenAmbienteService
Wie aus der Zeit gefallen.
Ein Wiener Wirtshaus, wie anno dazumal, aber nebenbei doch modern.
Immer, wenn ein Termin in Wien ansteht, wir dieser mit Kulinarik verbunden. Reservieren geht ganz leicht, auf der Homepage gibt es eine Sektion Quandoo, für die, die nicht telefonieren wollen.

Laufkundschaft dürfte nicht auf gut Glück zum Herlitschka finden, denn schon zwei Quergassen davor gibt es einen Wegweiser, wir persönlich kannten die Traungasse überhaupt nicht, die letzten Meter zum Lokal sind echt ätzend – Kopfsteinplaster …

Beim Annähern sehen wir durch die Fenster ins Lokal. Oh – komplett leer, naja hamma uns wieder blamiert mit unserer Reservierung. Au contraire – bis auf einen Tisch sind alle reserviert. Es hat was Gutes, wenn man etwas zu früh kommt, man kanns ich aus gleichwertigen Reservierungen einen Tisch aussuchen, der einen gefällt.

Die Einrichtung ist stilecht. Klassische Wirtshaus-Möblierung, massives dunkles Holz, Tischdecke rot kariert mit der weißen Schmuckdecke drauf, die schon bestehenden Kojen mit etwas erhöhter Holzvertäfelung sind noch mit Glasscheiben zur Sicherheit versehen. Die Wände weiß getüncht, ohne viel Schnickschnack, ein paar Tafeln mit dem Weinangebot. Von der hohen Decke hängen klassische Kugellampen.

Wir sitzen im Schankraum, am Ende die nicht mehr ganz junge Theke, ich mag solche Reminiszenzen, daneben geht’s zur Küche weiter. Vis-a-vis vom Eingang weiter gib es noch einen weiteren Raum, hat für mich den Anschein gehabt, als würden dort die Stammgäste sitzen.

Wir werden außerordentlich freundlich von zwei Kellnern umsorgt, die Karte wird gebracht, nochmals gefragt, ob uns der Tisch passt und dann schmökern wir im Angebot.

Beef Tartare – EUR 9,80 (EUR 14,80 als große Speise)
Angekündigt als klassisch.
Das Fleisch ist nicht geschnitten. Mir fehlt ein bissl Fruchtigkeit von Tomate. Aber insgesamt gute Konsistenz. Die Butter ist ein etwas größerer Keil mit viel Schnittlauch. Die dünn geschnittenen Ringe von der roten Zwiebel sind aufhäuft. Auf dem Fleisch wohnen zwei Kapern. Von den Großen, nicht die kleinen Scheißerchen. Separat im Körbchen werden 6 ordentlich getoastete Dreiecke serviert. Ich mag mir davon nicht die große Portion vorstellen.
Dann ist es aber mit dem asiatischen Koch durchgegangen, in einer Ecke vom Teller sind noch Sojasprossen und eine theatralische hingeworfener Blasamico-Fleck. Einerseits entfernt von klassisch und man würde das hier so nicht erwarten.

Fiakergulasch (EUR 12,90)
Nicht kleckern, klotzen. Riesige Fleischstücke, lang geschmurgelt, zart, lassen sich leicht teilen. Im Semmelknödel steckt ein Blutampfer (der war auch schon beim Beef dabei), ich würde das lassen, die Hitze macht ihn nur letschert. Das Würstel ist so perfekt aufgedreht, sieht aus wie eine Kleeblattform bei der Autobahnauffahrt, das Gurkerl gefächert geschnitten und das Spiegelei ist so auf den Punkt, der Dotter zittrig in der Hülle, aber alles hält.
Eine mächtige Portion, Hunger mitbringen.

Zucchini im Parmesanmantel (EUR 9,60)
Neben Käsespätzle und geröstete Knödel eine Speise aus der Rubrik Vegetarisch (es gibt noch saisonbedingt Rahmkürbis mit Semmelknödel).
Die Zucchini habe einen Deut noch zu viel Biss, es geht aber, die Parmesanpanade ist gut, könnte aber viel mehr geschmacklichen Bums haben. Als Beilage Salzkartoffel und Marktgemüse. Da kann man nicht viel falsch machen. Zusammen ergibt das auch einen mächtigen Teller, kalorientechnisch die kleine Schwester vom Fiakergulasch.
Bitte nehmt dem Koch die Balsamico Creme und den Ampfer weg, der Balsamico weicht die knusprige Panade auf.

Eigentlich geht jetzt nichts mehr, aber man lässt uns jetzt geraume Zeit warten, weil wirklich viel los ist. Kluger Schachzug, wir nehmen ein Dessert mit zwei Mal Besteck. Ein Schmunzeln umspielt die Mundwinkel des Kellners.

Liwanzen mit Heidelbeeren (EUR 6,80)
Wann habe ich das letzte Mal Liwanzen gegessen? Bei meiner böhmischen Großmutter haben, die in meiner Erinnerung glaube ich ‚Doikn‘ (Dalken) geheißen. Mit dem Superfood Heidelbeeren wird’s wohl in Ordnung sein.
Auf einem großen Teller drei Hefe-Teilchen, darauf mindestens der Inhalt des halben Zuckerstreuers. An Garnitur ein paar geschnittene Erdbeeren, eine Physalis, sowie Vanilleeis und Schlagobers.
Schade, die ‚Schworzbiar‘ (Heidelbeeren) waren offenbar aus. Ich habe die meist mit Zwetschkenröster o.ä. gegessen.
Nach dem dritten Bissen ist klar, wo die Heidelbeeren wohnen – sehr kunstvoll, wie Theaterblut, verteilt sich alles – auf der GsD dunklen – Kleidung. Lach-Flash. Man lacht sowieso viel zu wenig.
Eine Nachspeise mit Nostalgiewert, vielen Dank dafür.

Fazit:
Gute, solide Wirtshausküche. Die 4 bei den Speisen war knapp, aber für diesen Rahmen verdient.
Beim Ambiente war es uns nach einer Stunde viel zu laut, ich weiß, Gewölbebogen und so, aber man hat den Tischnachbarn nicht mehr verstanden. Und das Service verliert einen Bewertungspunkt, weil wir, nachdem wir mit den Hauptspeisen versorgt waren, schlichtweg wieder vergessen wurden. Ich habe Verständnis dafür, dass bei voller Auslastung alles etwas hektischer wird, aber entweder ist man hier schlecht organisiert, oder es fehlt eine Kraft.

Ich denke, es findet hier jeder etwas für den Gusto, z. B. kalt geräucherte Regenbogenforelle, einen steirischen Rindfleischsalat, Tafelspitz, Zwiebelrostbraten, Kalbsleber, Zander.
Einfach mal hingehen – ausprobieren.
Vorsicht bei den Heidelbeeren.
Liwanzen mit Heidelbeeren - Gasthaus Herlitschka - WienZuccini im Parmesanmantel | Salzkartoffel | Marktgemüse - Gasthaus Herlitschka - WienFiakergulasch - Gasthaus Herlitschka - Wien
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