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Mo, 29. April 2024

Entler, Wien - Bewertung

Experte
am 7. März 2024
SpeisenAmbienteService
Klassentreffen bei Franz Entler

Etwas unscheinbar in einem kleinen Seitengasserl, fast möchte man sagen versteckt auf der unteren Wieden fristet Franz Entler seit nunmehr 31 Jahren sein Anwesen mit einem Restaurant auf m.E. gehobenem Niveau. Darüber möchte ein paar Eindrücke vermitteln.

Besagter Entler steht schon seit geraumer Zeit auf meiner ToDo Liste und nachdem nun ein Klassenkollege dort ein Treffen organsiert hat, so komme ich endlich in den Genuss. Es gibt hier nur Abendbetrieb.

Unsere Treffen finden monatlich satt, recht oft organisiere ich diese, diesmal war es dankenswerterweise der Kollege, der unter anderem zwei Dinge mit mir gemeinsam teilt: Gutes Essen und guten Wein, weiß wie rot.

Beim Betreten fällt eines an der Eingangstür auf: „Keine Kartenzahlung möglich“. Aha, das fällt mir erst jetzt auf, ist an sich bei Lokalen dieser Kategorie schon ungewöhnlich, wirkt auf mich fast wie eine Drohbotschaft, aber ist hier nun mal Gesetz.

Einige Kollegen müssen aufgrund dessen zuvor Bares nachtanken gehen, ich war glücklicherweise monetär schon bewaffnet, normalerweise achte ich auf das heute kaum mehr.

Die Jahreszeit erlaubt noch keinen Schanigarten, den es hier auch gibt. Ich betrete das Innere und stoße auf den Schankbereich, der mit einer schmucken antik gestalteten Möblage verziert ist. Rechterhand führt es durchgehend in einen Bereich mit antiken Stilelementen und zur Linken ein weiterer Bereich, ausstaffiert mit modernen Kunstgegenständen.

Der reservierte Tisch für 9 Personen wurde uns im mittleren Bereich direkt vis-a-vis des Schankbereichs zugewiesen, das erlaubt dem Kellnertreiben zuzusehen. Mittlerweile trudeln die Kollegen ein, wie immer auch die ewigen Nachzügler, die es einem schwer machen gemeinsam zu bestellen. Dafür kann der Entler klarerweise nichts. Alle angesagten 9 schafften letztendlich den Einzug auch.

Das Ambiente erscheint durchwegs gediegen, für mich ist die recht schummrige Atmosphäre ein kleines Handycap, die wohl Romantik erzeugen soll, wofür es auch deren Verfechter gibt. Meinesgleichen bevorzugt mehr lichthellere Lokale. Es machte damit auch das Fotografieren der Speisen etwas Probleme.

Die Tische sind eingedeckt, für jeden Gast steht ein kleines Schüsserl mit Olivenöl und einem Tupfen dunklem Olivenpesto bereit, eine angenehme Einstimmung, etwas Weißbrot wir alsbald nachgeliefert. Dafür werden gerne noch 3,50€ pro Nase verrechnet. Für Lokale dieser Art üblich und gehört zum Erlebnis dazu.


Die Weinauswahl

Die Mehrzahl unserer Leute sind typische Biertrinker, aber mit zweien teile ich schon seit Jahren ein oder auch zwei Flascherl eines meist guten österreichischen Weines.

Automatisch kommt die Weinkarte nicht, aber man kann ja darum bitten. Sie ist nicht überbordet, doch ausreichend mit einer repräsentativen Auswahl ausgestattet. Das Preisniveau liegt im angenehmen unteren Bereich, ein guter Schnitt zwischen 30-45€, das zeigt, man versteht korrekt zu kalkulieren. Daumen hoch. 👍

Den ersten habe ich auserkoren, Weingut Gsellmann, Alte Lagen Jahrgang 2017, eine perfekte Cuvee, sanfter Barriqueton, ausgewogener Körper und ein guter und wohltuender langer Abgang, ja der passte, um wohlfeile 42€, mit Sicherheit ein würdiger Speisenbegleiter

Den zweiten wählte mein Kollege mit einem, den er persönlich schon sehr gut kennt, Weingut Netzl, Cabernet Sauvignon, Jahrgang 2018, wow, der konnte noch mehr, kräftig und geballtes Powerpakt, aber er war auch mit 59€ deutlich teurer. Den würde ich weniger zum Speisen, sondern zum Genuss empfehlen.

Leider wurden unsere Edel-Tröpferl nicht karaffiert, wie ich mir das in solchen Restaurants schon erwartet hätte. und mit dem Nachschenken war es auch nicht immer so gut bestellt. Sie fristeten ihren Aufenthaltsort auf der Theke der Schank, aber wozu hat uns Gott einen Mund gegeben, also spricht man damit ein paar Worte und dann geht das schon. 😉

Ich halte dem Lokal aber zugute, dass es an diesem Abend sehr gut besucht war, so ist einfach ein reger Betrieb beobachtbar, dennoch darin sehe ich etwas Potential nach oben.


Einige Speisenerlebnisse

Bei der Speisenkarte fällt auf, dass man hier keine urtypischen Österreichklassiker findet, es gibt heute weder Rindsuppe, noch Schnitzel, aber mir war klar, Herr Franz Entler möchte mit eigenen Kreationen seiner Kochkunst aufwarten. Na, ich war gespannt.

Zu meiner rechten ordert mein Kollege zuerst eine Entenconsommée mit gebackenen Geflügelleberknödeln um 6,50€ und zeigt sich durchwegs zufrieden.

Mir sind als Vorspeise Gebackene Grammelknödel, 8,80€, ins Auge gestochen, dazu Rahmgurken auf einem Kernölbett serviert. Ich war anfangs skeptisch, weil ich meinte, Knödel mit quasi Gurkensalat?

Aber mit dem ersten Anschnitt war’s um mich geschehen. Himmlisch, diese Kombination funktioniert nicht bloß, sie konnte begeistern. Die Grammeln ein Gedicht, und die zarte Backhülle war vom Feinsten, was für ein Auftakt!

Mein Kollege vis-a-vis erlaubte mir einen Einblick in eines der hier sicher Favoriten. Filet und Gebackenes vom Hirschkalb in Mandelkruste auf Gewürzsauce mit Apfelscheiterhaufen, Preiselbeeren und Rotkraut um 30,80€ und seine Gesichtszüge sprechen für sich. Er schaffte es auf ein Smiley-Face, was man bei ihm gar nicht so leicht zuwege bringt.

Mein HS-Wahl fiel auf Filet vom Skrei auf Currysauce mit karamellisierten Karotten und Zitronengras Couscous um 29,90€, noch ein Volltreffer. Die Harmonie der Zusammenstellung einfach toll, angetan hatte es mir auch die kleine Extradraufgabe obenauf mit etwas geröstetem Käse, insgesamt ein Ahhhh… tolles Gefühl.

Zu meiner Linken erhielt ich noch eine Kostprobe seiner NS, ein Campari Orangen Sorbet um 4,20€. Dazu sagte ich: „So la la, geht so.“ vom Campari merkte ich nicht viel, aber das kommt mit der Zeit meinte mein Kollege. Nun, dann will ich es ihm doch auch glauben. Bei uns lügt niemand. 😉


(M)ein einfaches Fazit:

Es gäbe noch einiges zu berichten, was aber auch schon mehr in die Privatsphäre ginge, denn wir unterhalten uns stets recht gut und nehmen nicht alles so tragisch, wenn z.B. der Service nicht immer vollkommen ist.

Für einen Erstbesuch können gewisse Dinge nicht repräsentativ sein, aber der Gesamteindruck war deutlich über meiner Erwartungshaltung was die Küche anbelangt und das auch, wie schon bei den Weinen erwähnt, zu fair kalkulierten Preisen.

Wir verließen das Lokal als die letzten Gäste und es war nur mehr noch der Chef anwesend, der aber keine Anstalten machte, dass es schon Zeit wäre. So gab es noch eine übliche Fluchtachterl-Runde, auch über die Sperrstunde und die wurde ausgesessen bis zum letzten Tropfen.

Ich weiß nicht, was die anderen so alles gespeist haben, aber es war querbeet durch die Karte und wenn man beobachtet, dass nicht einer eine Beanstandung gehabt hatte, dann spricht das auch für sich. Wie, gesagt, bei uns lügt niemand. 😉

So wage ich es für die Speisen Vorschusslorbeeren auszuteilen und vergebe von Herzen die Höchstnote. Hinsichtlich Ambiente und Service meine ich, da ginge mehr, aber geht in Ordnung und bewerte es angemessen gut.

Nach einem Erstbesuch stellt man sich klarerweise immer wohl diese Frage: „War’s das damit oder wird man mit weiteren Besuchen aufwarten?“ Dazu sage ich definitiv ja, und beim nächsten Mal dann im Schanigarten, damit WrKFan a a wengl wos siecht, wenn er doch schon so gerne Speisenfotos macht.


Euer WrKFan
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7 Kommentare
WrKFan

Heißt also ab sofort "Karaffieren", wobei man lediglich dasslebe Dekanter-Gefäß verwendet wird. Ja, man lernt in der Tat immer Neues dazu. Hab's in der Bewertung ausgebessert - Thx vom Fan. 😀

8. Mär, 07:14Gefällt mir
ChristianD3

ReTe bildet! 😀

8. Mär, 07:01Gefällt mir
8. Mär, 06:59Gefällt mir1
WrKFan

Mein Sohn ist Chemiker, er sagt Dekantieren ist an sich was anderes, es meint die Trennung einer Flüssigkeit von z.B. Absetzstoffen. Sie wird sozusagen gereinigt. Kulinarisch wird das etwas anders interpretiert. Wir bezwecken damit, dass der Wein besser "atmen" kann und Aromen entwickelt.

8. Mär, 06:38Gefällt mir
ChristianD3

Danke für die Beschreibung eines Dekanter :-) Mit 14,5 % war das Tröpferl schon recht kräftig/ hoch im Alkohol - eher wäre er durch Kontakt von Luft runder und homogener geworden - Kraft hat er von Haus aus genug mitgebracht. Ich auch nix Chemiker ;-)

7. Mär, 15:43Gefällt mir
WrKFan

Ja, ich meine das Umfüllen in ein eigenes Gefäß, das unten in die Breite geht. Dann wird der Wein mit der Zeit vollmundiger und kräftiger. Chemiker bin ich aber keiner. 😉

7. Mär, 14:28Gefällt mir
ChristianD3

Wenn man allen Berichten Glaube schenken darf - war der Service nie eine Stärke. Meintest Du dem Wein vorab etwas Luft gönnen oder echtes dekantieren in einen Dekanter? Bei einem 2018er? Depot wird er wohl keines gehabt haben? Ansonsten wie immer eine informative u. kurzweilige Geschichte ;-) Danke dafür…

7. Mär, 12:50Gefällt mir1
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