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Fr, 29. März 2024

Fortino

Europastraße 45, 4600 Wels
Küche: Internationale Küche, Mediterran, Österreichische Küche
Lokaltyp: Restaurant
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Fortino

Speisen
Ambiente
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Bewertungen

amarone1977
Experte
am 8. Februar 2012
SpeisenAmbienteService
Jetzt ist schon wieder was passiert. Nein, keine Hendlstation mit Leichen im Keller, sondern endlich wieder mal ein echt gutes Restaurant. Und das in Wels. Ich war mir an jenem Abend nicht so ganz sicher, wohin ich in Wels gehen sollte, als ich relativ zufällig an einem sehr bekannten Lampe...Mehr anzeigenJetzt ist schon wieder was passiert.

Nein, keine Hendlstation mit Leichen im Keller, sondern endlich wieder mal ein echt gutes Restaurant. Und das in Wels.

Ich war mir an jenem Abend nicht so ganz sicher, wohin ich in Wels gehen sollte, als ich relativ zufällig an einem sehr bekannten Lampengeschäft vorbeikam – dem Molto Luce. Zum Gebäudekomplex gehört auch das Grabmer's Fortino.
Irgendwo hatte ich ja schon mal was davon gehört. Fast möchte man glauben, das kleine Lokal ist eine Abteilung des Lampengeschäfts, in puncto Interieur und Beleuchtung hatte man wohl den Experten gleich nebenan.

Die Einrichtung ist sehr durchdacht, sehr angenehme Farben, sattes dunkles Rot, Stellagen mit Wein, Büchern, Zeitungen. Eine schöne Bar zum "Ankommen", vielleicht ein kleiner Aperitif zuvor?

Der Nichtraucherbereich ist der vordere, ich hatte ja versprochen, darüber immer zuerst zu berichten, da meiner Meinung das in einem wirklich ernsthaft geführten Lokal Pflicht ist. Besser wäre ja überhaupt zum Wohle des Genusses billigen Zigarettenrauch grundsätzlich aus Speiselokalen zu verbannen. Man sollte sich ja schließlich auf das Wesentliche konzentrieren, und das sollte bei einem 2-3stündigen Aufenthalt verdammt noch mal das Essen sein. Wie degeneriert muss jemand sein, dass man, wenn man schon mal ein tolles Lokal zum Essen aufsucht, um jeden Preis rauchen muss? Sollte sich an den Nikotintropf hängen lassen....

So jetzt aber, würde Wolf Haas sagen.
Man nimmt mir den Mantel ab, eine gepflegte Dame und zwei gepflegte Herren kümmern sich um die Gäste.

Wein: glasweise gibt's nicht so vieles, vier, fünf weiße wie rote Vertreter, nicht wirklich berauschend. Auf die Frage, ob vielleicht heute zufällig die andere oder andere Flasche schon offen ist, die nicht auf der Glasweis-Karte steht, kriege ich leider eine Absage. Schade, ich versteh natürlich jeden Gastronomen, sich gut zu überlegen, welche Weine er aufmacht, obwohl es genügend gute Weine gäbe, die ohne Probleme eine Woche offen sein können, ohne zu oxidieren. Es kommt nur auf das Tröpferl an, davon kann ich was erzählen. Und jeden Tag wenigstens einen anderen Wein offen zu kredenzen hat noch keinem guten Lokal geschadet. Im Gegenteil. Ich denke da nur an den Wirt am Berg, vielleicht mal einen Kilometer entfernt von hier.
Wieninger Fritz, Gemischter Satz. Kein schlechter Beginn, "putzt" den Mundraum ordentlich, macht Appetit auf mehr - vor allem aber auf's Essen, derweilen darf der Rote sich bereits im schönen Kelch breitmachen. Montepulciano, schauma mal. Die anderen Roten wollten wir heute nicht so recht zusagen.

Bereits heute gibt’s ein anderes Abendmenü. So sah die Sache also gestern aus:

Gruß aus der Küche: Wildragout, mit Schäumchen bedeckt. Dazu ein Brokkolisüppchen. Dezent in Gläsern serviert. Dazu ein Aufstrich, nicht zu robust und erdig, fein abgeschmeckt. Besonders das Ragout fand ich schon sehr edel, fein „gezähmt“ mit dem federleichten Schäumchen oben drauf. Raffiniert!

Erdäpfelcremesuppe. Keine totreduzierte Schlagobersbombe, sondern eine fein abgestimmte Sache, sehr zurückhaltend und doch geradlinig und „ehrlich“.
Schade nur: hier finde ich das Servieren im Glas nicht die richtige Wahl in puncto „food design“. Eine Cremesuppe entfaltet ihr Aroma meiner Erfahrung nach besser, wenn sie sich im breiten Teller suhlt.
Das war’s aber auch schon mit Meckern.
Lustig: in der Suppe finden sich so manche Gemüsestückchen, allesamt mit einem speziellen Hobel kugelrund geschnitten.

Ein Zweierlei vom Kalb, das eigentlich ein Dreierlei ist: gebackenes Bries, Backerl und Wangerl vom jungen Rinderlein. Dazu Schwarzwurzeln und ein wenig cremiger Spinat als Dekorunterlage, der allerdings von mir als „grünes Ketchup“ missbraucht wird und keine schlechte Figur macht.
Die Schwarzwurzeln sind fein blanchiert, auch wenn’s ein guter Kohlrabi fast noch besser kann. Oder doch nicht? Ich misch mich nicht mehr ein. Es hat trotzdem geschmeckt.
Aber jetzt das Fleisch: das Bries (ich bin sonst ein wenig zurückhaltend bei Innereien) war sehr artig, mehr als das, es war hauchzart und höchst delikat, die Paniere lässt kaum erkennen, dass da mal Öl drum war.
Geschmortes: zart, rosa, fast erotisch…
Gebratenes: deftig, aber kultiviert, weich aber nicht faserig. Und da ist noch die wunderbare Kollagenschicht, die ich bei richtig gutem Rindfleisch so liebe. Hier ist sie vorhanden, und wie. Ich kann nicht verstehen, wie das so viele Menschen nicht mal sehen können. Herrlich!

Gianduja-Nougat auf Biskuit, Ingwereis, eingelegte Zwergorangen, Karamel-Cracker.
Ich fotografiere den letzten Gang, werde dabei wohl beobachtet, und siehe da – schon landet ein Gläschen Niepoort am Tisch. Der ging wohl auf’s Haus ;-)
Der Nougat ist locker-flockig, sämig, aber nicht schmierig und ist einfach ein Gedicht. Das Biskuit darunter sehr zart, der Karamelcracker, der obendrauf steckt, ist fast überflüssig, aber hat trotzdem seine Berechtigung.
Dekor: gefüllte Zwergorangen (ja, ok), mit dem zuvor erwähnten Rundhobel gefeilte Birnenstückchen (nett!).
Trotzdem: optisch wie geschmacklich sehr intelligent zusammengestellt.

Ein süßer Gruß zum Schluss: drei Pralinen. Eine mit dunkler Schokolade, Schokoflöckchen, gefüllt mit zartfließender, exotisch-fruchtiger Füllung. Sehr fein kombiniert, das ist die kleine feine Überraschung zum Schluss, dazu noch ein Topfeneckerl (nicht übel), und noch ein dunkles, etwas knackigeres Stückchen Genuss. Krokant? Ich bin da kein Experte für die richtigen Bezeichnungen, wurscht, gut war’s, wenn auch nicht so sensationell wie die Exotenkugel zuvor.

Espresso, ohne Koffein sogar. Leider zu dünn geraten, die „Crema“ ist nicht mehr als eine Cirruswolke am schwarzen Horizont.

Fazit: Küchenchef Bauer hat’s drauf. Zwar ist auch er kreativ und detailverliebt, spart sich aber dort, wo’s nötig ist, den sinnlosen Pi-pa-po am Tisch. Kulinarisch wird hier Tacheles geredet und mit klarer Linie ohne Schnickschnack beste Qualität zum berechtigten Preis zu Tisch gebracht. Kleine Details und Feinheiten lassen mich noch mit der 5 für’s Essen geizen, aber viel hat da nicht gefehlt. Wels hat
ein wirklich tolles Restaurant und man kann erwarten, dass das so bleibt.
Ambiente sehr angenehm, auch wenn das Farben- und Designspiel am stillen Örtchen doch ein wenig übertrieben wird.
Das Service wirkt manchmal zu sehr unterkühlt und erst dann richtig um mich bemüht, als ich die Speisen nach und nach fotografiere (Niepoort…). Zwischen dem einen Ober und der Kellnerin wurde auch mal kurz eine Unstimmigkeit allzu indiskret „ausgesprochen“. Die arme war sichtlich nicht erfreut. Solche Dinge sollte man hinter den Kulissen regeln.

Trotzdem: Rückkehr garantiert, vielleicht wird’s ja noch was mit der 5 für’s Essen…
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