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Fr, 26. April 2024

Meinl am Graben, Wien - Bewertung

langnan
Experte
am 31. Jänner 2016|Update 16. Apr 2016
SpeisenAmbienteService
Gestern hatte meine Frau Geburtstag und ich wollte sie zu einem guten Essen einladen. Leider war meine Entscheidung das Meinl Restaurant zu besuchen für diesen Tag überhaupt nicht passend. Werde hier beim Berichten möglichst objektiv bleiben, bitte aber auch um Verständnis, dass dies von einem etwas frustrierten Ex-Kunde geschrieben wird.

Die Reservierung erfolgte in der gleichen Woche per e-mail, wo ich den Besuchsgrund (Geburtstagsessen) angegeben habe und ersuchte um einen Platz mit Aussicht bzw. dementsprendem Komfort. Einen Tag später bekam ich ein Rückschreiben vom Restaurantleiter Herr Michael Wiesinger, wo die Tischreservierung bestätigt wurde. Außerdem wurde erwähnt, man wäre bemüht uns einen Fensterplatz zu geben. Soweit so gut.

Bei der Anreise waren wir ca. um 20 Minuten verspätet. Unterwegs versuchte ich zweimal das Restaurant anzurufen um unsere Verspätung bekannt zu geben. Nach drei Signaltöne wurde ich automatisch zur Information umgeleitet, wo auch niemand ans Telefon ging.

Bei der Ankunft im Restaurant war der Empfangsbereich unbesetzt. Nach einer halben Minute, wo etliche Kunden an uns vorbei selbst in den Innenbereich gingen, betraten auch wir das Restaurant. Gleich vor uns sahen wir einen Fenstertisch, wo Besteck für zwei Personen lagen und das Reservierungskärtchen stand. Ich dachte, es wäre unser Platz und blieb hier stehen um auf das Servicepersonal zu warten. Das Personal war, meiner Meinung nach, reichlich vorhanden, vier bis fünf Kellner samt Herrn Wiesinger und eine Dame im Anzug hinter der Bartheke. Weiter hinein konnte man ja auch nicht mehr gehen, dann stünde man mitten im Lokal. Leider auch bei dieser überschaubaren Raumgröße kam niemand auf uns zu. Die Dame (ca. 50 Jahre) im Anzug hinter der Theke sah uns paar mal an und kam schließlich aus dem Barbereich heraus (ich dachte sie wollte sich um uns kümmern). In diesem Moment betrat eine ältere österreichische Dame nach uns das Restaurant, wurde sofort von der Dame im Anzug betreut und zum Tisch geführt. Als sie die Dame zum Tisch führte schaute sie uns noch ins Gesicht und grüßte erst dann, nachdem wir sie zuerst begrüßt hatten. Am Empfang stand zur Zeit ein großer junger Mann, leider mit dem Rücken zu uns. Ich ging zu ihm und nannte unsere Reservierung. Endlich wurden wir zum Tisch geführt, aber nicht am Fenster sonder hinten in der Ecke neben der Garderobe. Es war ein großer rechteckiger Tisch, drei Seiten von Polsterbänken umgeben. Auf dem ersten Blick komfortabel, für zwei Personen aber eher nicht besonders geeignet. Für ein Geburtstagsessen war der Tisch nicht gedeckt, man könnte doch mindestens eine einfache Blumenvase oder ein Kärtchen mit Geburtstagsgruss hinstellen. Kostet nicht viel und erfreut den Kunden. Vom Aussicht ganz zu schweigen, da musste man über zwei Tische nach draußen blicken und konnte einen Teil der Pestsäule sehen. Die Mänteln wurden uns abgenommen und wir nahmen Platz.

Ein blondhaariger junger Kellner brachte die Speisekarte und fragte nach den Getränken. Wir überlegten einen kleinen Moment, bestellten dann einen gespritzten Traubensaft und ein kleines Meinl-Hausbier. Bei der späteren Bestellung kam zuerst ein älterer Kellner, wo wir per Italienisch mit "Bon Jorno" begrüßt wurden, schon eigenartig, wo samma denn überhaupt? Bevor wir unsere Wünsche äußerten, war der blondhaariger Kellner wieder da und beide waren sich nicht ganz einig wer die Bestellung aufnehmen sollte. "Willst du vielleicht?", "Nein, du kannst ruhig", "Nein, bitte",.....nach dem kurzen Wortwechsel blieb der junge Kellner bei uns. Zum Essen, für den Beginn wählte meine Frau die Hummermedaillons mit Kokos-Topinambur, Pomelos und Teriyakisauce und ich die Spinatsuppe mit confiertem Eidotter und geräuchertem Lachs. Als Hauptgang gebratener Skrei auf Chorizobutter , Puntarelle und geschmortem Apfel für sie, rosa Gebratener Rücken und geschmorte Schulter vom Lamm mit Burrata, Zitronenconfit, Kichererbsen und Paprika für mich. Wir wünschten dann noch nach einer Weinempfehlung zum Hauptgang.

Das Gedeck bestand aus vier Sorten Brot und ein Stück Butter, eher etwas einfallslos. Zur Einstimmung gab es einen Gruß aus der Küche, ein Röllchen Bio-Lachs mit eingelegtem Gemüse. Das Gemüse schmeckte süß-sauer, kein Highlight, ich würde meinen der Koch hat sich diese Kreation zum Teil von der asiatischen Küche abgeguckt.

Beim Servieren der Vorspeisen war Herr Wiesinger für die Suppe zuständig, welche er aus einer Kanne in den Teller mit den Einlagen goss. "Guten Appetit", das war das Einzige was wir von ihm bei diesem Besuch gehört haben.

Die Hummermedaillons schmeckte meiner Frau, sie war bereits hungrig. Meine Suppe war schon sehr üppig gesalzen, gefiel mir nicht so gut. Zum Abservieren kam ein junger Kellner mit kurzem Bart und eventuell osteuropäischem Akzent. Er fragte ob es gepasst hätte, worauf ich auf die versalzene Suppe hinwies. Da schaute er mich nur fragend an ohne Reaktion, vielleicht hat er mich nicht verstanden. Ich wiederholte den Satz und er fragte weshalb ich dieser Meinung war. Eigentlich bräuchte man hier nichts mehr sagen, aber ich erklärte ihm dennoch, dass viele Ost-Asiaten eher wenig stark gesalzene Speisen mögen, diese Suppe war eindeutig eine Überforderung der Geschmacksknospen. Der Kellner meinte er hätte das nicht gewusst und legte noch einen "Spaß" nach: "Aber süß-sauer mögt ihr doch.". Ich verstand diesen Witz nicht, aber wenn er meint das wäre Spaß, na dann, ha...ha.......

Die Weine wurden serviert. Bin kein großer Kenner, möchte hier nur sagen, dass der Kellner nach dem Verkosten den Wein recht grob einschenkte. Es plätscherte im Glas und kleine Tröpfchen sprangen auf den Tischtuch. Bei meinem Rotwein handelte es sich die Flaschenreste, die mit einem Schwung ins Glas geleert wurde, gerade noch ein Achtel. Neuer Weinbrauch?

Der Hauptgang wurde auch vom Herrn "Spaßmacher" serviert. Beim Fisch für meine Frau legte er den Teller auf den Tisch und sagte: "Gebratener Seesaibling.". Also ich bin kein Ichthyologe, aber ist ein Saibling und ein Skrei (ein Kabeljau) nicht was ganz anderes? Ich fragte ihn ob das der Skrei sei. Er wusste auf diese Frage nicht den Antwort und wiederholte noch einmal: "Das ist ein Seesaibling.". "Ja, ist ein Saibling nicht ein Süßwasserfisch, und Skrei ein Meeresfisch? Außerdem haben wir einen Skrei bestellt", erwiderte ich. "Es gibt auch Saiblinge, die leben im Meer.......aber, warten sie kurz, ich schau mal nach", mit diesen Worten ging er in den Barbereich und hielt eine Diskussion mit dem älteren Kellner. Der blondhaarige Kellner sah, dass wir nicht mit dem Essen anfingen und fragte nach ob alles okay sei. "Ihr Kollege hat beim Servieren Seesaibling erwähnt, ist das das Gleiche wie ein Skrei?". Anscheinend hat er mich auch nicht verstanden, wiederholte zweimal: "Ja, Skrei ist ein nicht geschlechtsreifer Kabeljau!". Da kam auch schon der kurzbärtige Mann zurück, umarmte seinen Kollege während er zu mir sprach:"Er kennt sich aus.". Ehrlich, diese Art der Kommunikation ist mir zu blöd.

Der Fisch war nicht besonders groß, im Foto könnt ihr sehen, dass er verhältnismäßig ca. dem Weinglasfuß gleicht. Die Beilagen dazu sind für einen Hauptgang auch eher bescheiden, meine Frau wurde jedenfalls nicht satt. Das Lammfleisch war schön zart, das war auch das Einzige, woran ich mich erinnern kann.

Nach dem Abservieren haben wir gleich bezahlt. Vier Stück Konfekt bekamen wir wortlos auf den Tisch gestellt, weshalb wissen wir nicht. 135,7€ kostete das nicht vergnügliche Vergnügen, Trinkgeld gab es von mir auch nur eingeschränkt. Beim Verlassen gab es auch keinen Gruß, die Mänteln haben wir uns selbst geholt, alle scheinen beschäftigt zu sein.

Fazit: Für zwei Hauben von Gault Millau und eine Empfehlung auf der Wien-Info Webseite, ist für das Gebotene, abgesehen von den Preisen, überhaupt nichts hochwertig. Was mir besonders auffiel waren:

1.) Die Gäste sind hier nicht alle gleichgestellt, man wählt sie wohl bewusst selektiv aus. Egal ob Stammgast, reich aussehend, weißhäutig usw., der Herr Wiesinger war immer vor Ort, hat paar Worte gewechselt und die Bestellung persönlich aufgenommen. Auch wenn man sich nicht sicher wäre, ob wir zwei Schlitzaugen außer ihrer Muttersprache noch was anderes verstehen könnten, wäre es angebracht einmal vorzukommen und einfach "Hello, can I help you?" zu sagen. Das gilt auch für die unbekannte ältere Servicedame im Anzug, die mit ihrer ausgewählten Kundschaft einfach wortlos an uns vorbeigehen wollte. Zwar hat das Restaurant auf meine E-Mail-Bestellung geantwortet, aber servicemäßig war es ganz daneben. Wie schon oben erwähnt, es ist nicht schwer die Gäste eine kleine Freude zu machen, ist nur eine Frage der Wille. Herr Wiesinger sollte sich erinnern, was er auf dieser Website gesagt hat. Link Ich zitiere den Überschrift: "Michael Wiesinger möchte den Wohlfühlfaktor bei Meinl am Graben noch mehr heben und den Fokus ganz auf den Gast richten. Seine Devise: Noch aufmerksamer, noch freundlicher und noch kundenorientierter als bisher!". Pure heiße Luft, jedenfalls für uns.

2.) Das Personal gehört richtig eingeschult. Es gibt hier im Restaurant kein effizientes System. Für so wenig Platz würde ein ordentliches wiener Lokal maximal zwei bis drei Kellner brauchen, um alles zum Laufen zu bringen. Hier waren doppelt so viele Kellner anwesend und niemand fühlte sich zuständig für uns, als wir im Lokal standen. Dafür war man sich wohl nicht einig, wer die Bestellung aufnehmen sollte. Es gehört sich auch nicht den Geschmack der Gäste in Frage zu stellen oder sogar mit ihm zu Diskutieren. Beim Servieren der Gerichte sollte man schon den richtigen Namen merken. Das kann ja bei der aktuellen Karte von fünf Hauptspeisen, wo Seesaibling nicht einmal geschrieben steht, nicht so schwer sein! Die Kommunikation ist auch fragwürdig, wir redeten aneinander vorbei, spreche ich da Chinesisch?

3.) Die Küche ist im Grunde nicht übel. Die lange Wartezeiten sind weniger erfreulich. Außerdem wenn der Service nicht passt, dann schmeckt das Essen nur halb so gut.

Nebenbei arbeite ich als Österreich-Forum-Master auf einer chinesischen Tourismus-Webseite und bewerte auch dort alle österreichischen Lokale, die ich besucht habe. Ich werde allen meinen Landsleuten davor warnen hier essen zu gehen. In Wien gibt es sowieso genug gute Lokale. Das Meinl ist für besondere Anlässe nichts Besonderes und für ein Alltagsessen viel zu teuer.
Skrei. Aus einem Foto herausgeschnitten, nicht besondes scharf. - Meinl am Graben - WienLamm - Meinl am Graben - WienSpinatsuppe - Meinl am Graben - Wien
Hilfreich31Gefällt mir22Kommentieren
5 Kommentare
eho

@Anita Da würde ich auf der Stelle gehen, aber auch deponieren warum. Der nächste Würstelstand hätte sich da mein Geld mehr verdient!

1. Feb 2016, 10:54Gefällt mir3
Bertl2

Wenigstens war es der Herr Lauda und nicht [persönlichen Lieblingsfeind aus der C - Prominenz einsetzen].

1. Feb 2016, 09:51Gefällt mir
adn1966

Schade nicht nur um den Feiertag Deiner Frau, schade, dass die Kombination Haube(n)+viele Gäste+gute Lage manche Restaurantbesitzer dazu verleiten zu glauben, es reicht, Stammgäste gut zu behandeln und auf Kleinigkeiten nicht mehr achten zu müssen, - die Hütte ist ja eh immer voll. Die Prozess- und Serviceschwächen sind bei der Preisklasse einfach nicht akzeptabel. Einem Kellner, der, weil die Kommunikation Küche-Service mangelhaft ist, und es kein "Briefing" über die Speisen gibt, nicht weiss, welche Art Fisch er mir gerade zu servieren gedenkt, verzeihe ich das in einem Beisl, nicht in einrm Haubenlokal.

31. Jän 2016, 20:17Gefällt mir3
Kampfkatze

Ich hoffe, das klingt jetzt nicht merkwürdig, aber mir hat es beim Lesen richtig, richtig Leid getan, für dich und vor allem deine Frau. Den "Witz", den der Kellner gemacht hat, finde ich ganz schlimm. So was geht doch höchstens unter Freunden bzw. wenn man sich besser kennt. Ich hoffe, der restliche Geburtstag deiner Frau war erfreulicher und dass die Leute vor diesem Restaurant gewarnt wurden...

31. Jän 2016, 19:24Gefällt mir3
magic

Du beschreibst wirklich immer toll! Danke.

31. Jän 2016, 19:24Gefällt mir4
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