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Fr, 26. April 2024

Zum Renner, Wien - Bewertung

dieBrotvernichter
Experte
am 12. April 2015|Update 14. Apr 2015
SpeisenAmbienteService
Große Portionen, gemäßigte Preise und unspannende Gerichte in gut geschminkter Beisl-Atmosphäre haben wir beim Renner gefunden. Gesucht hätten wir eigentlich einen Rindfleischspezialisten, der’s besser kann als der große Systemgastronom in Wien. Und gegen ein bisschen mehr Gemütlichkeit im Raumklima hätten wir auch nix gehabt.
Geschmeckt hat’s schon. Auch die Burschen im Service sind locker, lustig und dabei trotzdem souverän, freundlich und flink. Die können den Spagat. Wir mögen das.

Die Gasträume wirken frisch renoviert und sind ordentlich gepflegt. Gleich bei der Hofeinfahrt sieht man einen kleinen gekühlten Fleischschaukasten, wo man dem Fleisch beim Reifen zuschauen kann, wenn man Geduld und Zeit hat. Oder man entdeckt was, was man mit nach Hause nehmen will (Würstel, vakuumiertes Fleisch, Speck etc.). Ist ja auch ein Fleischhauer, der Renner und man soll ja zeigen was man hat. Dass man in der Neuzeit angekommen ist? Naja. Wir haben’s gesehen und dabei bleibt’s auch.

Vom Hof rein ins Gäste-Essszimmer. Weitläufig. Mit großer Nische. Daher gibt’s mehr Ecken, die man mit Tischen ausstatten könnte. Eigentlich klingt’s gemütlich – ist es aber nicht. Da kommt einfach kein Raumambiente in die Gänge. Alles wirkt kühl. Holzsessel ohne was. Es hallt sogar in dem Raum. Wir trauen uns kaum sprechen. Die wenigen Ecksitzbänke sind dann schon bepolstert aber sonst fehlt’s irgendwie an allem. Vielleicht macht das auch die Beleuchtung. Etwas zu grell für das rustikale Mobiliar. Genug gejammert. Wir sind ja zum Essen da und wollen nicht unseren Wohnsitz wechseln.

Man tut sich schwer mit dem Gewissen. Der Renner rühmt sich nicht mit Attributen „vom Weiderind“, „Bio“ oder dem „AMA Gütesiegel“. Auch nicht mit „Premiumqualität“. Nur dass, das Fleisch aus dem Pielachtal kommt und vom Ganzen Tier recht viel zerfleischt wird. Wenn man nichts Gutes zu erzählen hat, schweigt man lieber oder? Wir wissen’s nicht. Wir fragen nicht nach, weil wir’s ahnen. Und auch die Stringente macht eine einzigartige einmalige Ausnahme. Weil vegetarisch ist dort im Winter fast ein Fremdwort. Ist ein Fleischhauer, kein Gemüsebauer. Und man ist ja auch mit Fleischesabsichten gekommen.

Die Speisenkarte ernüchternd. Es gibt schon viel. Traditionell Wienerisch. Aber eigentlich nur zwei Gerichte, die für uns in Frage kommen. Weil Vorspeisen wollen wir heute keine. Und dann bleibt nur noch: Rindssuppentopf mit Weißem Scherzl. Nudeln als Suppeneinlage. Ansonsten noch dazu Creme-Spinat und Röstkartoffeln. Man tut sich schwer. Es wird halt die Rinderroulade mit Bandnudeln.

Es wird nach zusätzlicher Gemüsebeilage (Kohlsprossen?) gefragt. Nein leider, nur das Suppengemüse. Oder gemischter Salat? Ja gut, dann den. Im Nachhinein betrachtet: das Suppengemüse hätte sicher super gepasst.

Rotwein muss einfach sein. Zumindest zur Rinderroulade, zum Weißen Scherzl & Co wär auch was Weißes gegangen. Aber im Winter wollen wir sowieso lieber Rot. Wir glauben, es war ein Syrah vom Schwarz im Weinviertel. Der Preis sehr fair und hat uns auch recht gut geschmeckt. Leitungswasser ist der beste Begleiter und davon wird uns auch gern reichlich an den Tisch gebracht.

Der warme Suppenteller mit vielen Fadennudeln wird als erstes gebracht. Mit dem großen Stieltopf und seinem Stövchen, der allerlei Gutes in sich hat. Suppe hat keine Fehler. Nudeln sowieso nicht.

Im letzten Moment entdeckt die Skeptikerin noch Butternockerl in der Speisenkarte. Bandnudeln sind fad. Da stand auch nix von „selbstgemacht“. Also fragt sie beim jungen Herrn Kellner nach, ob sie ihn noch in letzter Sekunde um einen Beilagentausch bitten darf. Der sprintet engagiert in die Küche und macht’s möglich. Gut war’s.

Die Nockerl offensichtlich selbst gemacht. Kein’s gleicht dem Anderen. Kleine feine Formen. Ordentliches separates Schüsserl. Da ist viel Platz für viele Nockerl. Die kann man auch nicht kritisieren. Leicht buttrig. Nicht in der Pfanne geschwenkt. In dem Fall auch gut so. Das Grün vom Schnittlauch hätte ihnen gut gestanden aber da war nix. Die waren blass. Kein Biss. Schön weich.

Gut für die Sauce am großen Teller. Da ist reichlich davon drauf. Kein Rahmeinschlag. Auch gut. Alles braun. Wurzelwerk wurde nicht mitpüriert aber trotzdem ist sie ordentlich sämig und angenehm würzig.

Und auch eine üppige Roulade liegt da. Alles ist braun. Die Augen würden sich über ein bisschen Farbe am Teller freuen. Aber wenn man dann das Besteck zum Einsatz bringt, kriegen die mehr zu sehen. Leicht rosa. Mürbes Fleisch. Gut geschmort. Wie üblich gefüllt. Speck, Wurzelgemüse – war da ein Gurkerl? Nein, keine Erinnerung dran. Irgendetwas hat gefehlt.

Der Salat bringt Farbe ins Spiel. Kunterbunt. Aber zu der Roulade trotzdem irgendwie Fehl am Platz. Bohnen, Paradeiser, Kraut, Erdäpfel, Blätter – alles da, aber zur Roulade nicht ganz das Richtige. Schwarzwurzel-, Sellerie- oder Fisolensalat wär‘ schön gewesen, aber leider war nichts davon dabei. Zumindest die fehlende Säure vom Gurkerl ist damit gut ausgeglichen worden. Jede Sorte gut für sich mariniert. Wir haben den nicht zusammengegessen. Schade drum aber es war auch zu viel.

Der Suppentopf ist sehr in Ordnung. Auch die gerösteten Erdäpfel sind gut. Nur der Spinat: wieder sehr blass. Wir vermissen das satte Grün, wir sind das so gewohnt. Von zu Hause, von systemgastronomischen Mitbewerbern und überall. Nur im Renner gibt’s mehr Creme als Spinat. Der Spinat hat seine Konsistenz verloren beim Pürieren. Was ja noch in Ordnung wäre. Nur ist da auch mehr Mehl, Butter und Milch oder Obers im Einsatz gewesen, die haben da eindeutig die Hauptrolle gespielt. Das bisschen Grün auch nicht blanchiert und beim Erwärmen verliert der dann noch mehr Farbe. Fazit: Zu wenig Spinat.

Und der Renner ist kein Gemüsebauer. Unspektakuläre Gerichte. Doch nicht ganz neuzeitlich. Vielleicht will man das dort auch einfach nicht sein. Auch in Ordnung. Wir haben eigentlich kein Gericht gefunden, das uns zum Wiederkommen motiviert. Nur vielleicht: die Desserts. Klingen sehr gut. Da darf’s für uns auch gern klassisch bleiben. Vielleicht kommen wir noch einmal im Frühling/Sommer in den Garten, wo sicher kein Gemüse wächst.
Hilfreich13Gefällt mir11Kommentieren
16 Kommentare·Zeige alle Kommentare

Na gut ich bin halt kein richtiger "Brotvernichter", aber dafür "Rindfleischliebhaber". Wenn ich wüßte, wo es in Wien besseres Rindfleisch (z.B. Tafelspitz) gibt . . . aber bis dahin gehe ich gerne (besonders in der Garten-Zeit) zum Renner.

31. Mär 2017, 13:36·Gefällt mir

Einige der großen Speisen kann man bei normalem Appetit ohne Weiteres zu zweit essen.

21. Nov 2015, 08:26·Gefällt mir

@seb, für 1190 sind die Preise gemäßigt.......

20. Nov 2015, 17:41·Gefällt mir

Gemäßigte Preise? Beim Renner?

20. Nov 2015, 15:49·Gefällt mir

Süßer Senf? Bitte gebt mir den Gnadenschuss!!!

4. Mai 2015, 23:03·Gefällt mir1

Süßer Senf, Zwiebel, Gurkerl, Karotte, Speck... Nix Röhre sondern nach dem Anbraten raus, Wurzelgemüse rein, pürieren und dann Rouladen wieder rein und fertig dünsten...

4. Mai 2015, 21:36·Gefällt mir

Ich bestreiche mit scharfem Senf, dann kommen ganz klein gehackte Zwiebel- und Gurkenstückchen, einige ganz dünn geschnittene Karottenstreifchen und hauchdünne Streifen von gelber Rübe dazu. Einrollen, mit Küchenschnur umwickeln und ab in die Röhre. Dazu gibt es meist Dralli (kleine Spiralen).

13. Apr 2015, 17:31·Gefällt mir

Meine Wurzeln liegen auch anderswo. Mutti's Rouladen hatten Gurkerl in sich. Wird aber wohl wirklich an den jeweiligen Regionen liegen.

13. Apr 2015, 10:39·Gefällt mir

Das ist eine regionale Sache (bin kein Urwiener ;-) ). In die Rindsrouladen, die es zu Hause gab, kamen Senf, Zwiebel und Speckwürfel (nicht durchzogen), sonst nichts.

13. Apr 2015, 10:25·Gefällt mir

@bertl: Essiggurkerl gehören m.E. in die klassische Rindsroulade schon rein.

13. Apr 2015, 09:32·Gefällt mir1
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