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Fr, 26. April 2024

Verde, Wien - Bewertung

Apicius
am 12. September 2013
SpeisenAmbienteService
Favoriten. Die endlose Weite zwischen Reumannplatz(Meixner) und Wienerberg(Das Turm). Kebabhütten, Glutamatchinesen, ab und an ein abgewirtschaftetes Beisl, wo gerade noch die Dosenananas den Pizzas, Toasts und Putenmedaillons das Präfix „Hawaii“ und ein fadenscheiniges Mäntelchen von kulinarischer Raffinesse verleiht.

Umso erfreulicher jede kleine Insel des guten Geschmacks, die aus dieser Ödnis herausragt. Ich betrete also mittwochs gegen halb zwei die Lobby des Hotels Rainers und peile zielstrebig die Restauration an. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“ – „Ja, ich möchte mittagessen!“ Dass sich neben den Hotelgästen Leute von auswärts in die Restauration verirren, daran muss sich das Personal offenbar erst gewöhnen, da die Küche vor der Bestellung des Puck-Schülers Michael Köberl im Mai nicht wirklich einen Besuch wert war, wie ich gelegentlich feststellen durfte.

Gemütlich ist es nicht gerade hier drinnen. Nackte weiße Wände, schwarze Kunstlederbestuhlung, giftgrüne Vorhänge nebst ebensolchen Vorhängen und Hängelampen (offensichtlich dem Lokalnamen geschuldet) vermitteln den Eindruck einer Spitalskantine. Und dass die Putzfrau in der angesichts der fortgeschrittenen Mittagsstunde außer meiner Person bereits leeren Restauration während des Hauptganges die Aufwartung macht, trägt auch nicht wirklich zur Behaglichkeit bei.

Indes: Ein Restaurant ist zum Essen da, nicht zum Anschauen. Ich bestelle drei Gänge nach der Karte, ein Mittagsmenü gibt es nicht. Unspektakulär das Gedeck: Frisches Weiß- und Schwarzbrot nebst Butter. Unter dem Titel „Die zwei vom Ei“ folgt sodann ein Stundenei auf Süßkartoffelpürree und ein gebackenes Ei mit Petersilienfritt. Daran gibt es nichts auszusetzen, auch nichts Herausragendes zu berichten.

Der Höhepunkt des Mahles war, wie es sein sollte, der Hauptgang: Ein formidables Kabeljaufilet, im Wok mit einer knusprigen Kruste versehen, die zu durchdringen mit dem Fischmesser nicht ganz einfach war, was den aufmerksamen Ober bereits im Vorfeld veranlasste, mich zusätzlich mit einem Standardmesser auszustatten. Die Etikette des Fischmessers ist bei festfleischigen, filetierten Meeresfischen generell hinterfragenswert, sei an dieser Stelle angemerkt. Seine vorletzte Ruhestätte fand der Fisch in einem Chilichutney, das mit einer üppigen Geschmacksfülle aus erfrischender Säure, vollmundiger Süße, dezenter Schärfe und asiatischen Kräuteraromen überraschte, gekrönt wurde er von einem Knäuel trockener Glasnudeln.

Zum Abschluss bildete „Rainers Schokokuchen“, etwas speckig, doch sehr intensiv, liebevoll garniert mit einer Kugel Walnusseis, Himbeeren sowie Heidelbeeren in Sauerrahm einen harmonischen Schlussakkord.

Zu kritisieren sind die recht geschmalzenen Weinpreise ab 5 EUR pro Achtel für sattsam bekannte Wachauer und Südsteirer, sowie das Fehlen einer Käseauswahl. Erfreulich hingegen die kurzen Wartezeiten und die reichlichen Portionen.

Man findet im Verde nicht die Wirtshausgemütlichkeit des Meixner, auch nicht die schöne Aussicht des Turm, kulinarisch hat das Haus unter dem neuen Küchenchef durchaus das Potential, zu den beiden Favoritner Platzhirschen aufzuschließen. Preislich hat es das schon ;-)
Hilfreich9Gefällt mir5Kommentieren
3 Kommentare

Das Lokal heißt laut Personal immer noch "Verde", was die Homepage geflissentlich verschweigt.

22. Okt 2013, 23:08·Gefällt mir

Es herrscht in der Tat eine gewisse Konfusion über den Lokalnamen: Im Internet scheint es neuerdings als Rainers Restaurant auf, während beim Eingang noch monumental der Name "Verde" prangt. Werde versuchen, das beim nächsten Besuch zu klären.

17. Sep 2013, 17:23·Gefällt mir

Sehr treffende Bewertung. Ich war selber vor einer Woche dort und war ebenfalls sehr angetan von der Küche. Bewertung habe ich keine geschrieben, aber eingetragen habe ich das Lokal als.“Rainers Restaurant“. Es ist also doppelt erfasst, lieber admin, vielleicht lässt sich das korrigieren?

16. Sep 2013, 23:23·Gefällt mir
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