Voller Vorfreude auf hochwertige und wohlschmeckende gutbürgerliche Wiener Wirtshauskost und echte traditionelle Gasthauskultur besuchten wir heute das „Wirtshaus Zum Nepomuk“. Die Erwartungen waren natürlich nicht auf Hauben-Küche eingestellt, diesen Anspruch stellt das Lokal auch gar nicht. Abe...Mehr anzeigenVoller Vorfreude auf hochwertige und wohlschmeckende gutbürgerliche Wiener Wirtshauskost und echte traditionelle Gasthauskultur besuchten wir heute das „Wirtshaus Zum Nepomuk“. Die Erwartungen waren natürlich nicht auf Hauben-Küche eingestellt, diesen Anspruch stellt das Lokal auch gar nicht. Aber dennoch hatten wir eine höhere Erwartungshaltung als in einem beliebigen Wirtshaus, denn der Eigentümer, Roland Schachinger, ist kein Unbekannter in der Wiener Gasthausszene. Sein von ihm lange Zeit erfolgreich geführtes „Wirtshaus Zum Nepomuk“ im 11. Wiener Gemeindebezirk wurde ja vor einiger Zeit an seinen Sohn, Dominik Schachinger, übergeben, der das Lokal auf der Simmeringer Hauptstraße 152 seither als „Junior’s Wirtshaus Zum Nepomuk“ weiterführt.
Aber zurück zum besuchten Lokal, das sehr gut erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf der Troststraße im 10. Wiener Gemeindebezirk (Straßenbahn Linien „O“ und „67“) liegt. An den Außenwänden des Lokals sowie an einer Tafel am Gehsteig werden bereits mehrere saisonale oder tagesaktuelle Aktionen angekündigt.
Beim Eintreten in das Lokal wird man sofort freundlich vom Personal empfangen – wir hatten zur Sicherheit reserviert – und an den vorgesehenen Tisch gebracht. Das Ambiente ist durchaus stimmig und wirkt nicht heruntergekommen, bis auf eine „russische“ Lampe über unserem Tisch (= herunterhängendes Kabel mit Lampenfassung) – das wäre nicht notwendig. Die Trennung zwischen Raucher und Nichtraucher ist optimal gelöst – permanent geschlossene Glastüren. Aber auch im Raucherbereich funktioniert die Lüftung einwandfrei und man merkt es fast gar nicht. Allerdings waren wir bewusst nicht zur Stoßzeit im Lokal, und es waren nur sehr wenige Tische im Raucherbereich besetzt.
Kaum ausgezogen, wird man schon um die Getränke gefragt, was ich immer sehr unangenehm empfinde, da man schließlich auch hier zuerst in der Karte gustieren will. Gefragt nach den offenen Bieren, erhielten wir diverse zur Auswahl genannt, aber es wurde nicht erwähnt, dass es hier eine „Nepomuk’ s Hausmarke“ vom Fass gibt – das darf nicht passieren, außer man will das für das Lokal extra gebraute Bier bewusst „verheimlichen“. Es sollte aber eher ein Aushängeschild und Marketingvorteil für das Lokal sein. Gut, meine beste Ehefrau von allen bestellte das Zwettler vom Fass (EUR 2,80 das Seidel), ich das Grieskirchner Dunkel (EUR 3,40 / Flasche) und meine Tochter (wir fühlten uns geehrt, dass sie mit den „Alten“ heute mitkam!) einen Eistee (EUR 2,70 / 0,25L).
Zu unseren Speisen – wir hatten heute alle Lust auf diverse gebackene Speisen:
Eine Frittatensuppe (EUR 3,20) – sie war brav mit hausgemachten Frittaten gemacht, aber leider stellt man sich unter einer selbstgemachten Bouillon etwas Anderes vor. Möglich, dass die Basis hierfür tatsächlich einmal eine echte Rindsuppe war, aber der Kunstgeschmack des klassischen „Suppenwürzers“ zwecks Streckung derselben, wie leider in vielen Wirtshäusern Usus, der kam hier leider auch durch, was für genau dieses Genre an Wirtshaus für mich enttäuschend und inakzeptabel ist – kein einziges Fettauge an der Oberfläche ist sowieso IMMER verdächtig.
Zweimal Leberknödelsuppe (EUR 3,20) – für die Suppe gilt natürlich Gleiches wie soeben beschrieben. Die Leberknödel waren zwar groß, auch nach Leber schmeckend, hausgemacht, aber von der Konsistenz her absolut nicht flaumig oder gar weich. Das war schon eher die Sorte, die vom Boden noch einmal aufspringen würde. Die waren sogar für meine derzeitige „Einhändigkeit“ ein Problem. Wieder eine mehr als herbe Enttäuschung, besonders für ein gutbürgerliches Wirtshaus.
Ein Schweinsschnitzel Wiener Art mit gemischtem Salat (EUR 8,00 – kleine Portion) extra noch dazu eine Portion Pommes (EUR 3,20) und, man verzeihe es meiner Tochter, hier habe ich in der Erziehung versagt, eine Portion Preiselbeeren (EUR 0,50). Das Schnitzel am Rand „gut“ durchzogen (Karree), was schon einmal gar nicht akzeptabel ist. Wenn ich ein „durchzogenes“ Schnitzel will, bestelle ich gebackenen Schopf. Also, den Rand einmal großzügig entfernen. Die Panier war völlig am Schnitzel „festgeklebt“, also absolut nicht souffliert oder wellig, zu hell, sehr geschmacklos, nicht knusprig und das Schnitzel hatte auch leider keine Pfanne sondern lediglich die Fritteuse gesehen. Der geschätzte Gast lernt hier den Wiener Begriff des „Brösel-Teppich“ vom Sinn her wirklich kennen – eine homogene miteinander verbundene, „verknüpfte“ Einheit zwischen Fleisch und Panier. In Summe ein „Nein Danke!“ in einer guten Wiener Wirtschaft. Der gemischte Salat O.K., aber natürlich die „Einheitsmischung“, die Pommes zu hell und nur „zeitweise“ knusprig.
Nur eine Anmerkung zu etwaigen Fleischabschnitten von einem Schnitzel (Parüren): diese wären ja gerade in einem Lokal absolut kein Problem und schon gar kein Abfall – die röstet man gemeinsam mit Wurzelgemüse an, löscht mit Wein und Suppe ab, lässt es einreduzieren und man hat einen wunderbaren Bratenfond als Basis für jegliches „Safterl“ vom Feinsten (Schweinsbraten, Faschierten Braten, etc.) – ich versteh’s nicht – man kann’s auch wunderbar portionsweise einfrieren. Aber vielleicht koch' ich doch zu viel, und mache mir zu viel Gedanken.
Einmal gebackener Emmentaler (EUR 6,00 – kleine Portion) extra dazu einen Mayonnaise-Erdäpfelsalat (EUR 3,50). Der Emmentaler, und das ist sehr löblich, wurde mit Sauce Tartar UND Preiselbeeren inkludiert serviert – das ist eher die Ausnahme, da meistens „entweder oder“. Aber auch hier gilt für die Panier gleiches wie beim Schnitzel erwähnt. Farblos, zu hell, nicht wirklich kross. Der Emmentaler war vom Einkauf her nicht die beste Wahl – junger Emmentaler, der mehr nach Gouda schmeckte – einfach farblos, ohne Körper. Halbwegs gereifter Emmentaler hat eine unvergleichbare, würzige bis sehr würzige Note – das gab’s hier nicht. Der Mayonnaise-Erdäpfelsalat war sehr brav gemacht und war eigentlich so, wie man es in diesem Ambiente absolut zu erwarten hat – fast wie bei Mama.
Einmal die „einhändigen“ gebackenen Champignons (EUR 6,00 – kleine Portion) extra dazu einen Mayonnaise-Erdäpfelsalat (Preis & Bewertung, siehe oben). Zahlreiche wirklich kleine Champignons würden eigentlich bereits optisch ein richtiges „Schwammerlfest“ versprechen. Aber es kam, abermals bedingt durch die Panier, natürlich völlig anders. Die Panier macht hier geschmacklich und von der Beschaffenheit her alles zunichte – wieder nicht kross und natürlich wieder geschmacklos. Die nächste herbe Enttäuschung, die ich gerade hier absolut nicht erwartete und schon gar nicht akzeptieren kann. Die Sauce Tartar, wie auch beim Emmentaler, eher sauer, aber wenigstens geschmacklich hausgemacht und recht gut, wenngleich alle Zutaten sehr, sehr fein gehackt waren.
Einmal ein Zimtparfait auf Beerenspiegel (EUR 4,50) mit einem ausgezeichneten kleinen Mocca (EUR 1,90). Überraschend, dass der Beerenspiegel mehr nach Zimt schmeckte als das Parfait, jedoch hat es mich nicht weiter gestört. Weniger gut war, dass man den Beerenspiegel dazu ebenfalls kalt servierte, und somit das Parfait „keine Chance“ hatte, rasch in einen cremigen Genuss zu mutieren. Dass man ein Parfait tiefgekühlt lagern muss, ist ja klar, dass man es auch eiskalt dem Gast serviert ebenso, aber genau der warme oder sogar heiße Beerenspiegel sollte es beim Gast rasch zu einem cremigen Genuss machen. So hieß es halt, „bitte warten“ bis das Parfait nicht mehr tiefgefroren war. Geschmacklich war es für mich aber völlig O.K. Ein Birnenbrand (doppelt zu EUR 5,60) war ebenfalls ausgezeichnet und sehr aromatisch.
In Summe kann ich bei den Speisen (aus genannten Gründen) hier nur ein MÄSSIG geben – es war für eine gutbürgerliche Wiener Küche, besonders unter der Berücksichtigung der Erfahrung des Inhabers, einfach zu wenig an Küchenleistung. Wir haben ja quasi lauter Klassiker und eigentlich „Basics“ bestellt, und es war nicht gelungen, diese in sehr guter oder wenigsten durchwegs guter Qualität auf den Teller zu bringen. Man muss auch bedenken, dass dieses Lokal nicht gerade eben zu den billigsten zählt – günstig ist es durch das Gebotene sowieso nicht, und wir sprechen hier noch immer von einem Wirtshaus und keinem Restaurant. Die Portionen sind wirklich ausreichend groß, denn wir hatten alles in der „kleinen Portion“ – Variante und es ist sehr lobenswert, dass es fast alle Speisen hier in „klein“, „groß“ oder „sehr groß“ gibt, was eine sehr gute Idee ist, aber die Qualität eben leider nicht hebt.
Es gibt eine feine, gut sortierte Weinkarte (Weiß und Rot – siehe Fotos), die dankenswerterweise fast ausschließlich mit heimischen Weinen bestückt wurde. Das Preisverhältnis hierfür empfinde ich eher im günstigen Bereich. Die Bedienung war absolut höflich, prompt und zuvorkommend, am Gast interessiert und zugegen, wenn man halt das Service brauchte.
Mein Fazit: ich kann das Lokal nicht mir ruhigem Gewissen empfehlen. Für mich schließe ich einen erneuten Besuch völlig aus, denn ich wüsste nicht, was mich hier „anlocken“ sollte, wenn Basics handwerklich, für meine Begriffe unzureichend, zubereitet werden. Ja, es gibt günstige Mittagsmenüs, wer’s halt mal ausprobieren will. Löblicherweise findet man wirklich umfangreiche Informationen (auch zu den Aktionen Wochenkarten, etc.) im Internet. Was vielleicht noch bemerkenswert ist, es wird in der Karte angeboten, so man seine Lieblingsspeise nicht auf der Karte findet, diese bis zum nächsten Lokalbesuch für den Gast zuzubereiten – grundsätzlich eine SUPER Idee, jedoch befürchte ich nach heutigem Besuch um die Ausführung, besonders bei einer Leibspeise.
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Stempelmarken? Wann lebst du, 1995? :-D