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Do, 25. April 2024

Stamm-Cafe, Wien - Bewertung

guteseele
am 28. Jänner 2011
SpeisenAmbienteService
Würde ich Lokale mit Autos vergleichen, dann wäre dieses hier vermutlich ein GoKart. Es hat Räder, ein Lenkrad, einen Sitz, Bremsen, und es fährt. Irgendwie halt, lieb eben. Und es gibt schlechtere - Dreiräder oder Fahrräder oder so etwas. Aber es gibt eben auch viele, viele bessere. Jedenfalls habe ich selten einen so zwiespältigen Eindruck von einem Lokal bekommen wie hier.

Das Ambiente ist recht OK, Gemütlichkeit will hier groß geschrieben werden. Allerdings schwingt an allen Ecken etwas Ranzigkeit mit. Die besten Zeiten scheint das Stamm-Café schon hinter sich zu haben, vor allem wenn man das einzige Bild auf der komatösen Homepage als Vergleich hernimmt. Das Inventar wirkt abgenutzt, das Geschirr kommt wohl vom Flohmarkt, und auch von der Bar über die Toilette bis hin zur Eingangstür scheint nichts wirklich frisch zu sein. Und trotzdem wirkt es nicht unsympathisch oder grauslig. Man verzeiht es dem Lokal irgendwie, weil sich bei mir doch nie der Eindruck durchgesetzt hat, dass hier keine Ambitionen zu mehr vorhanden sind. Die angesprochene Ranzigkeit scheint unfreiwillig dazuzupassen.

Die Speisekarte besteht aus zwei Schiefertafeln, die neben der Bar hänge. Es gibt offensichtlich nicht einmal eine Karte für Getränke, jedenfalls wurde uns keine angeboten. Das Angebot an Speisen bewegt sich zwischen international und österreichisch. Kein schlüssiges Konzept erkennbar. Aber - man verzeiht es, denn zum Essen kommt der Stammgast scheinbar auch nicht. Jedenfalls hat nur unser Tisch etwas aus der Küche bestellt, nämlich den Stammburger. Der ist etwas fürs Auge, weniger aber etwas für den Gaumen. Appetitlich serviert mit einem Haufen in Balsamico ertrunkenem Rucola liegen in der Mitte des Tellers die beiden aufgebackenen Weißbrothälften mit am Rand verkohltem Faschiertem und etwas Gemüse drauf. Zur Effekthascherei wurde ein nett anzusehendes Muster aus Ketchup und Chilisauce drum herum gezaubert. Überzeugt hat das geschmacklich nicht, aber - man verzeiht auch das! Es gibt Lokale, bei denen neben der Kochkunst auch die Bemühungen für Food-Appeal auf der Strecke geblieben sind. Hier ist zumindest gute Absicht erkennbar.

Der einzige Kellner war eigentlich sehr nett, hat routiniert und flott die Bestellungen aufgenommen und hat den Eindruck auf mich gemacht, als wolle er jedem Gast gerne ab und zu den Kopf tätscheln. Gemütlich und nett eben. Schräg, aber nett.

Preislich ist das Stamm-Café ganz gut. Für ein Krügerl, zwei Tee und den Burger haben wir zusammen 14 Euro gezahlt.

Jedenfalls kann ich bei aller hier verschrobenen Sympathie unmöglich eine repräsentative Zusammenfassung geben. Das Konzept ist undurchsichtig und alles wirkt bemüht aber abgestanden, doch darüber denkt man eigentlich erst dann nach, wenn man das Lokal wieder verlassen hat und daheim darauf kommt, dass man gerade in einem Beisl, äh Café, äh einer Bar, nein einem Lokal, nein eher doch einem Café mit Hobbyküche war. Ich werde es jedenfalls nochmal versuchen. Und auch wenn es nicht besser wird - es sei dem Stamm-Café verziehen. Es ist ja eh lieb.
Hilfreich7Gefällt mirKommentieren
8 Kommentare

Vielleicht sollte ich hier auch erwähnen, daß das Stamm etwa fünfzehn (?) Jahre lang tatsächlich mein Stamm-Café war. Sagen wir, etwa von 1986 bis Anfang unseres Jahrtausends. Die neue Inkarnation hat mir nicht gefallen. Ich war am Abend des Relauches für etwa 3 Minuten dort, seither nie wieder. Aber ich erinnere mich mit Freude und ein wenig Wehmut an die 23. Dezember dort.

4. Mär 2013, 02:39·Gefällt mir1

Gelt ja, die Kundmanngassler sind überall. :-) Ich war in einer Wohak-Klasse und eine Freundin von mir (Monika) war mit dem Dieter zusammen. Mein Mann war ein Konviktler. Auch von mir einen ganz lieben Gruß an dich!

4. Mär 2013, 02:19·Gefällt mir
Ernst Ipavec

Hallo Magic! Ich wusste nicht, dass ich einen Schulkollegen unter meinen Gästen hatte. Gegründet wurde das Lokal 1976 von Ernst Ipavec und Josef Lang als wahrscheinlich erstes Beisel mit Musik in Wien(wenn man vom kleinen Kaffee im 1.Bez absieht). Viel später eröffneten nach diesem Vorbild andere Lokale dieser Art (Bermudadreieck). Speziell Schüler der Kundmanngasse und die "Frankonen" waren meine besten und treuesten Gäste, wofür ich ihnen noch heute danken möchte. Der Lifefrühschoppen am Sonntag war legentär und bot vielen Nachwuchskünstlern eine Basis. Eine tragende Säule des Lokals war meine Schwiegermutter (die Mamma) und ersetzte vielen die Familie. 1979 stieg mein Partner (Lang) aus und ich betrieb das Lokal bis 1984 weiter. Private Gründe veranlassten mich dann das Lokal an den ehemaligen Gitarristen von Fendrich zu verkaufen. Leider ist Dieter Frank nicht so, wie wir es waren, mit dem Lokal verbunden und hat auch den Stil und die Geschäftsstrategie geändert. Gerne denke ich an das "Stamm" zurück. Gruß Ernst

26. Feb 2013, 11:39·Gefällt mir1

Ja, es ist wieder offen.

6. Feb 2012, 18:17·Gefällt mir

SORRY - laut den heutigen Meldungen meiner Leser hat das Stamm in der Sechskrüglgasse definitiv offen.

6. Feb 2012, 18:12·Gefällt mir

Das Lokal ist geschlossen. Vielleicht hat es wieder gebrannt, oder was weiß ich. Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern, aber das Lokal wurde in den End-70ern von ehemaligen Schulkollegen von mir gegründet. Da wird es mit der Zeit eben etwas schmuddelig. Aber das gewisse Etwas hatte das Lokal immer schon. Vielleicht liegt es auch an meiner nostalgischen Ader. Und als Restaurant war es meines Wissens eh nie gedacht. Eben nur mit kleinen Häppchen zu den Getränken. Chef kommt auch oft vorbei - das freut dann die alten Stammkunden.

26. Dez 2011, 18:07·Gefällt mir
Unregistered

versteh ich nicht. war gerade dort und es hat definitiv offen und war auch recht gut besucht

8. Okt 2011, 00:05·Gefällt mir
Suzie Q

Is eigentlich schon egal, weil das Lokal ja mittlerweise zu ist, aber was das Enterieur und die Sanitäranlagen betrifft - wenn Dir das jetzt mißfallen hat, dann hast Du noch wahrlich einiges verpasst, bevor das Lokal umgebaut wurde (2003-4). Aber damals war´s wenigstens so ein richtig schmieriges, uriges Cafe, ohne diesen "ich will, aber kann nicht wirklich" Eindruck zu vermitteln.

12. Sep 2011, 20:29·Gefällt mir
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