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Fr, 26. April 2024

Prilisauer, Wien - Bewertung

adn1966
Experte
am 28. September 2018|Update 2. Feb 2019
SpeisenAmbienteService
*****

UPDATE:

Gestern wieder einmal beim Prilisauer gewesen. Ein Beef Tatar in der Qualität hätte ich in einem Gasthaus wie dem Prilisauer eigentlich nicht erwartet. Perfekte Konsistenz, nicht zu fein gehackt, tadellos, wirklich tadellos abgeschmeckt, auf Verlangen gab es auch geriebene Chilischoten dazu. Die Desserts (Mohn - Parfait und Schoko-Mousse) waren sehr gut, die Portionen für mein Dafürhalten zu groß. Aber gut gemeint.

Ein sensationelles Beuscherl, die Liebste nahm ein sehr gutes Steak, dessen bestellter Garpunkt (Medium) allerdings knapp verfehlt wurde (Medium-well), Die Fleischqualität dafür aber perfekt. Der Service war gut, effizient und mit der richtigen Portion "Wiener Schmäh". Und aufmerksam. Der bestellte Espresso wurde mir ohne Aufforderung zur Bar nachgebracht, als ich grad rauchen war. So soll's sein.

Eine Flasche Cuvee Impresario um 42,- finde ich jetzt preislich auch OK.

Wenn das Lokal nur nicht so weit weg wäre. Trotzdem, tadellose Küchen- und Serviceleistung.

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Ein unverhoffter Besuch im Prilisauer.

Freunde aus Bulgarien, die ganz in der Nähe des Prilisauer wohnen, laden mich eben dorthin zum Abendessen ein. Gut, ist jetzt nicht gerade um die Ecke von mir, aber was soll’s. K., mein bulgarischer Bekannter, schwört Stein und Bein auf dieses sein Stammlokal, - ich hole mir eine zweite Meinung aus den ReTe – Bewertungen ab und meine Neugier ist geweckt, also ab in den Westen Wiens.

Von außen präsentiert sich der Prilisauer ähnlich einem Heurigen, drinnen ist es ein klassisches Wirtshaus, ein großer und voller Schankraum, in dem noch geraucht werden darf. Herrlich. Insgesamt überrascht mich die Auslastung, Garten und Lokal sind voll, ein gutes Zeichen.

Die Speisekarte bietet allerlei Wiener Klassiker, die erste Seite widmet sich Saisonalem, Steinpilze und jede Menge Wildgerichte. Ein Gansl wird für November angekündigt, gut zu wissen, - das können sie sicherlich auch gut, schau ma mal.

Insgesamt bewirten uns drei Kellner, allesamt freundlich, korrekt, aber jetzt auch nicht überbordend charmant. Positiv ist zu vermerken, dass das Trio sehr eingespielt ist, die mich normalerweise störende Tatsache, nicht einen Servicemitarbeiter für mich zu haben, fiel hier nicht ins Gewicht. Reibungsloser, tadelloser Service, Weinberatung inklusive.

Wir ordern erst einmal eine Runde Getränke, K. möchte, wie in Bulgarien üblich, erst einmal einen Schnaps und eine Vorspeise dazu. Unser Kellner nimmt den, für österreichische Verhältnisse etwas ungewöhnlichen Wunsch stoisch zur Kenntnis, 2 große Marillenschnäpse, ein Soda und ein kleines Bier werden bestellt. Als Vorspeise möchte K. die Eierschwammerlsulz probieren, die gebackenen Steinpilze klingen aber auch gut, meine Frage, ob man hier zwei kleine Portionen bringen kann, wird freundlich bejaht. Flexibilität wird im Prilisauer gelebt, wie sich auch später noch zeigen sollte.

Als Hauptspeise wählt K. das Hirschragout von der Saisonkarte, seine Freundin möchte es klassisch mit einem Wiener Schnitzel angehen, ich schwanke zwischen dem Schopfbraten vom Wildschwein mit Erdäpfelknödel und Rotkraut und den Wildschweinmedaillons mit Kürbisgemüse und Kroketten. Unser freundlicher Kellner rät mir dezent vom Schopfbraten ab, er sei gut, aber trocken, weil „die Wildschweine halt viel laufen“. Ähh – ok.

Man soll nicht alles nach Logik hinterfragen.

Er rät mir zu den Medaillons, die wiederum seien spektakulär. Gut, dann soll es so sein.

Auftritt der Vorspeisen:

Die Eierschwammerlsulz ist hervorragend, gut mariniert, mit reichlich dünn geschnittenen, roten Zwiebeln drapiert. In Bulgarien kennt man dieses Gericht nicht, es wird mit ausgesprochenem Wohlwollen und höchstem Lob verspeist.

Die gebackenen Steinpilze in Begleitung einer Sauce Tartar sind so ziemlich die Besten, die ich jemals serviert bekommen habe. Perfekte Panier, würzig, zarte Pilze und eine tadellose Sauce. Das kann man nicht wirklich besser machen.

Für den Hauptgang wäht K.s Liebste ein Glas Gelber Muskateller, wir (K. und ich, meine Liebste war leider heute verhindert) wählen nach kurzer Beratung mit unserem Kellner eine Flasche „Rosso e Nero“ vom Pöckl. Ein feiner Tropfen, wohlfeil um 38,- angeboten, für diesen Wein habe ich in anderen Lokalen schon mehr bezahlt.

Die Hauptspeisen:

Das Schnitzel ist tadellos, obwohl die Portion für eine Person schon sehr mächtig ist. Ein riesiger Schnitzelfleck, offenbar in der Pfanne herausgebacken, geschmacklich einwandfrei, fein soufflierte Panier, gute Braterdäpfel on the side. Perfekt.

K.s Hirschragout ist dunkel, sämig und offenbar auch sehr gut. Die Portion ist stattlich, aber schlicht, keine unnötige Deko, Gott sei Dank keine Spielereien am Tellerrand.

Meine Wildschweinmedaillons hinken im Gesamtbild etwas hinterher. Wie der Schopfbraten nach Auskunft meines Kellners trockener als die Medaillons sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis, die Medaillons erreichten auf meiner zehnstufigen Trockenheitsskala eine glatte Elf. Sorry, Prilisauer, aber das war nichts. Das sämige, aber zu verkochte Kürbisgemüse vermochte zwar noch, das Ganze ein bisschen zu retten, aber auch Kürbisgemüse hatte ich schon viel feiner und g’schmackiger. Die Kroketten sind m.E. Convenienceprodukte, nicht schlecht, aber jetzt auch nicht etwas, worüber man lange schreiben könnte.

Nun gut, wir breiten den Wildschweinmantel über mein Gericht.

Obwohl wir eigentlich alle schon voll sind (die Portionen sind echt für Erwachsene), gelüstet es K. nach ein wenig Käse. Meine Frage, ob es eine Käseplatte gibt, wird mit einem flexiblen „eigentlich nicht, oba des moch ma scho.“ quittiert. Passt.

Es kommt ein kleiner Teller mit ein paar Sorten Schnittkäse daher, gut, die Goldmedaille für den weltbesten Käseteller geht sich eher nicht aus, aber ich bewerte die Flexibilität der Küche hier wirklich positiv, unserem Wunsch entsprechen zu wollen. Einzig der Würfel Butter auf dem Teller bleibt ein Rätsel, zumal man uns kein Gebäck zum Käse serviert hat.

Der Service war, wie gesagt, durchwegs sehr aufmerksam, zum Abschluss bestellte ich noch einen kurzen Espresso, der durchaus kurz und anständig war. K. und seine Freundin waren zufrieden, es war ein schöner Abend. Die Gespräche waren lange und intensiv, daher verzeihe man mir, dass ich keine Zeit fand, mehr als die Vorspeisen zu fotografieren.

Das Ambiente ist sehr gemütlich, der Garten sieht einladend aus, aber zum draußen sitzen war’s dann doch schon etwas zu frisch. Insgesamt ist die Küchenleistung sehr gut, kleine Hoppalas darf man auch nicht überbewerten. Das mit dem Wildschwein geht schon besser, aber ich denke, die Klassiker der Wiener Küche bespielt der Prilisauer schon ziemlich perfekt.
Ein echter Familienbetrieb - Prilisauer - WienSpeisekarte aus 1959 - Prilisauer - WienEierschwammerlsulz, hervorragend. - Prilisauer - Wien
Hilfreich13Gefällt mir10Kommentieren
2 Kommentare

Hast natürlich Recht, Anita, schon ausgebessert. Ich esse das so selten, dachte, so wie "das Schmalz" ist es "das Sulz". Wieder was gelernt. :-)

29. Sep 2018, 12:51·Gefällt mir1

Das mit der Käseplatte kann ich bestätigen. Vor Jahren ... Stadtflucht abends weil es immer noch so heiß war ... und beim Prilisauer gelandet. Auf meine Frage nach einem Käseteller erging es mir auch so. "Des moch ma scho." Sogar ein paar Weintrauben hatten sich gefunden, Körberl bekam ich auch dazu.

28. Sep 2018, 23:55·Gefällt mir1
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