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Sa, 20. April 2024

DSTRIKT - Bewertung

FiletAT
am 22. Juli 2016
SpeisenAmbienteService
Nachdem ich das DStrikt in meiner - nicht so begeisterten - Kritik zum "Door No 8" quasi als positives Gegenbeispiel gleich mehrmals erwähnt habe, sollte ich natürlich auch das DStrikt hier ausführlich besprechen. Dass diese sehr positiv ausfallen wird, ist somit schon klar - mit freundlicher Entschuldigung für den Spoiler.

Mein erster Besuch Anfang 2016 war wohl in meinen 3 1/2 Dekaden auf diesem Planeten mein absolut uneingeschränktes, kulinarisches Highlight. Dieses in jeder Hinsicht perfekte Erlebnis hat mich dazu bewogen, es innerhalb eines halben Jahres auf geschlagene 4 Besuche im DStrikt zu bringen. Ein finanzielles Desaster, selbstredend - aber wohl getrieben von der schieren Begeisterung über meinen ersten Besuch einerseits - und purer Panik andererseits, denn meist reicht schon der Wechsel des Kochs oder Restaurantleiters, um einen solcher Stern am kulinarischen Himmel Wiens nur allzu schnell wieder verglühen zu lassen.

So ist dieses Bewertung also bezogen auf insgesamt vier sehr unterschiedliche Besuche im ersten Halbjahr 2016. Dazu gleich ein weiterer Spoiler: das Niveau des ersten Besuchs wurde nicht wieder erreicht, und es gab durchaus auch das eine oder andere Hoppala.

Beginnen wir wieder beim Wichtigsten: Das Essen. Von den Vorspeisen über die Steaks bis hin zum Dessert, könnte man es im Grunde schlicht als überragend zusammenfassen - ich möchte es trotzdem wieder ein wenig mit den Details dazu übertreiben. Bereits bei den Aperitifs weiß das DStrikt zu überraschen - für uns geht nichts über einen guten Manhattan zum Start des Abends - das DStrikt hat hier sogar eine Eigenkreation, den "Steakhouse Manhattan" anzubieten, der anstelle des klassischen Angostura Bitter mit hausgemachtem Kirschbitter zubereitet wird. Geschmacklich top, sehr smooth. Eine zweite Runde ist obligatorisch, auch wenn bereits einer davon den Magen in Alarmstimmung versetzt.

Wunderbar das als eine Art Gruß aus der Küche servierte, warme Zwiebel-/Käsebrot mit frischen Radieschen und Fleur de Sel. Bei den Vorspeisen kann man wenig falsch machen: das Beef Tartar ist großartig, eine Seltenheit hierzulande. Leider wurde es in unserem Fall nicht direkt auf dem Tisch nach Wunsch zubereitet wie wir es schon bei anderen Gästen gesehen haben - schade! Ebenfalls toll: die Schinkenvariation von Thum und Babenberger mit Walnusspesto, Kren und Joseph-Brot (mit dem leider etwas zu sparsam umgegangen wird, dafür ist der Schinken für eine Vorspeise fast zu viel).

Die Hauptspeisen stehen all dem in nichts nach: ob Rostbraten, Filet oder Flanksteak - das Dry-Aged-Fleisch von heimischen Bauernhöfen ist von Spitzenqualität (auch das Filet ist hier im übrigen Dry Aged). Persönlich halte ich auch wenig davon, a la Door Number 8 Fleisch aus 10.000 Kilometer Entfernung einzufliegen, auch wenn es natürlich seinen kulinarischen Reiz hat, Fleisch von edlen Rassen zu probieren. Aber auch unsere Bauern wissen, wie Kuh geht - das Dstrikt ist ein tolles Beispiel dafür. Zubereitet wird es im Josper-Grill - hier mag mancher eine andere Methode bevorzugen, ich finde dass hier die goldene Mitte zwischen intensivem Grill-Aroma und zarter Garung getroffen wird. Begleitet werden die Steaks von einer Auswahl an wirklich überzeugenden Beilagen - die Pommes mit Parmesan und Trüffelöl sind für mich das Highlight, aber selbst langweilig klingende Beilagen wie der cremige Spinat sind einfach sensationell und sollten unbedingt probiert werden. Eine tolle Beilage zum Steak sind auch die Pimientos Padrón, zu denen man unbedingt wieder das Felur de Sel ordern sollte, sofern man normales Meersalz bekommt - das hat bei uns je nach Besuch und Kellner gewechselt. Im DStrikt findet sicher jeder eine Beilage nach seinem Geschmack. Die Saucen - ebenfalls toll. Besonders hervorzuheben ist die Rotwein-Schalotten-Sauce. Ein klassischer Allrounder für jedermann ist hingegen die DSTRIKT-Fleischsauce - da kann man nichts falsch machen. Viel gelobt von meinen Begleitern wurde auch die Pfeffersauce - ich selbst mag Pfeffersaucen aber nicht besonders gern, glaube aber an die Urteilskraft meiner Pfeffersaucen-erfahrenen Begleitung.

Was bleibt, sind die Nachspeisen: wer noch kann, sollte den Cheescake nicht verpassen. Vielleicht der beste Cheescake in ganz Europa. Wer nicht mehr kann, sollte sich unbedingt einen mitnehmen, auch wenn er frisch nochmal deutlich besser (weil innen viel cremiger und außen viel knuspriger) schmeckt. Aber auch die anderen Nachspeisen sind nicht zu verachten, wie zB der Schoko-Kuchem mit flüssigem Kern oder auch die sehr feine Crème brûlée.

Wir können durchaus sagen: alles, was wir im DStrikt vorgesetzt bekamen, war hochklassig. Bei einem Besuch waren die Steaks allerdings etwas mehr durch als geordert, was ihnen zwar geschmacklich wenig anhaben konnte, aber doch einiges an der gewohnten Zartheit gekostet hat (beim Filet besonders wichtig). Natürlich - wenn wir bedenken, was wir bei unseren vier Besuchen alles schon konsumiert haben, ist das eine beachtlich kleine Fehlerrate, die ich ob des sonst erlebten Perfektionismus nicht für eine Abwertung des DStrikt heranziehen möchte.

So viel zum Thema Essen - wichtig zu erwähnen ist mir allerdings noch das einfach sensationelle Service-Team des DStrikt. In Österreich ist es für mich weiterhin eine Rarität, wenn das Personal offensichtlich eine gute, gastronomische Ausbildung hatte und auch noch perfekt geführt und eingewiesen ist - selbst in besseren Häusern. Sind die Kellner wenigstens nett und freundlich, hat man schon großes Glück bei der Restaurant-Wahl gehabt. Von wirklicher Professionalität hingegen ist kaum wo eine Spur. Nicht so das DStrikt: das Personal ist nicht nur motiviert und freundlich, es versteht auch sein Handwerk. Es wird erkannt, wenn an einem Tisch etwas benötigt wird. Hier muss in den seltensten Fällen ein Kellner gerufen werden. Ein Weinglas bleibt nicht lange leer. Bei Unschlüssigkeit wird einem das zur Verfügung stehende Fleisch präsentiert oder eine Weinverkostung angeboten. Das Personal weiß alles über die Speisen und Zutaten und schauen nicht verdutzt, wenn man Fragen hat. Sie erkennen sogar im Vorbeigehen, wenn es Unklarheiten gibt und helfen fachlich und freundlich aus. Auch wenn es keine dedizierten Weinkellner gibt - jeder vom Personal ist auch ein Kenner auf diesem Gebiet. Selbst der Gang auf die Toilette entgeht dem Personal nicht - am Weg hin wird einem unaufgefordert der Weg gezeigt, bei der Rückkehr wird man erneut mit einem "Willkommen zurück" begrüßt. Das mag nun fast schon übertrieben und zu sehr eingeschult klingen, passt aber perfekt und glaubhaft in die Arbeitseinstellung des Teams. Bei der Serviette wird auf die Farbe der Kleidung geachtet, Damen erhalten eine Kiste zum Abstellen ihrer Handtasche, Präsentation und Verkostung der Weine wird mitunter - wenn Zeit/Platz ist - durchaus zelebriert. Stichwort Wein: auch hier ist das DStrikt ausgezeichnet bestückt. Eine besondere Überraschung war ein (auc noch recht günstiger) Merlot aus Bulgarien (!), den ich bei zwei Blindverkostungen tatsächlich auch zielgenau zweimal gewählt habe.

Noch einmal zurück zum Service: bei einem unserer vier Besuche hat es dann leider nicht so gut geklappt. Vielleicht lag es am nicht anwesenden Restaurantleiter, aber es ging chaotischer zu als sonst, es gab einige ungut lange Wartezeiten und unser Kellner hat schon einige Male den richtigen Moment verpasst - somit war Nachfragen bzw. Rufen nach dem Kellner nötig. Dafür war kulinarisch an diesem Abend alles wieder perfekt. Hier ist das DStrikt auch Opfer seines eigenen Anspruchs: ist man das Top-Niveau gewohnt, fallen selbst Kleinigkeiten umso schneller auf, wenn es dann einmal nicht so gut funktioniert.

Deshalb möchte ich auch hier ob des einmaligen "Teilversagens" nicht gleich die Abwertungs-Keule schwingen. Ich verspreche aber, bei weiteren Besuchen, die sicher folgen werden, wieder ein wachsames Auge zu haben. Alleine schon aus Angst, das DStrikt könnte mir abhanden kommen - jetzt, wo ich endlich ein Lokal in Wien gefunden habe, das ich wirklich in jeder Hinsicht mag.

Perfekt ist das DStrikt also nicht - aber sicher näher dran, als jedes andere Restaurant, das ich in Österreich besucht habe.

Eine uneingeschränkte Empfehlung in jeder Hinsicht. Auch preislich finde ich das DStrikt absolut in Ordnung: natürlich schlägt vor allem das Fleisch ordentlich zu Buche, es ist aber angesichts der Qualität absolut im normalen Rahmen. Abseits der Steaks hat das DStrikt auch absolut moderate Preise: Beilagen für 3,50 und Saucen für 1,50 sind in der Qualität ohne frage günstig bepreist. Auch 9,50 für einen Aperitif zahlt man in bedeutend schlechteren Häusern schnell einmal.

Gepaart mit dem wirklich tollen Service ist das DStrikt den Preis in jedem Fall mehr als nur wert.

Auch wenn es nicht bei jedem Besuch perfekt war: ich bin in jeder Hinsicht begeistert vom DStrikt, und der nächste Besuch - und somit der nächste Angriff auf meine Bonität - ist sicher nicht fern.
Hilfreich15Gefällt mir14Kommentieren
3 Kommentare

Pilze sind nicht mein Problem; Morcheln etwa können mich absurd glückselig machen. Aber Trüffelöl (Link) ist fast immer ein synthetisches Produkt und das ist böse. Ich traue allerdings dem DSTRIKT (Warum der Name? Wirkt auf mich debil.) zu, daß sie der eine Fall von 100 sind, wo das Aroma echten Ursprungs tst.

23. Jul 2016, 05:31·Gefällt mir

Ich denke, man kann die Pommes auch ohne Trüffelöl bekommen :) - wobei ich persönlich beim ersten Mal die auch deswegen fast nicht bestellt hätte. Alles was zum Dunstkreis der Pilze gehört, möge besser auf Distanz von mir bleiben. So habe ich auch noch nie Trüffelöl probiert - und kann daher gar nicht wirklich sagen, was genau am Geschmack der DStritk-Pommes jetzt tatsächlich vom Trüffelöl kommt. Sie haben mir einfach richtig gut geschmeckt, weil sehr ausgewogen im Geschmack. Weder die Kartoffeln, noch der Parmesan, noch das Fett oder eben auch das Trüffelöl hätte ich gesondert dominant herausgeschmeckt.

23. Jul 2016, 01:55·Gefällt mir

Nur das Trüffelöl stört mich...

22. Jul 2016, 02:52·Gefällt mir1
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