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Do, 28. März 2024

El Gaucho - Bewertung

dieBrotvernichter
Experte
am 15. März 2015
SpeisenAmbienteService
Klingt nach: ländlich rustikaler Essensgemütlichkeit trotzdem moderner südamerikanischer Folklorestil. Tatsächlich ist es: hektisch laute Massenabfertigung im ganz großen systemgastronomischen Stil. Nix für uns.

Wir wollen dem Stress des Tages ein schnelles aber ruhiges Ende setzen. Das geht bei uns am besten mit einem guten Glas Rotwein, einem ordentlichen Stück Fleisch – beides am besten schnellstmöglich von netten Menschen an den Tisch gebracht und das alles in ruhiger Atmosphäre. Von uns zu viel verlangt? Finden wir nicht. Verlangen die von uns zu viel? Ja. Zu viel Geduld und Geld dafür:

Empfang am Pult des übervollen Lokals. Reserviert natürlich, also erste Hürde gepackt. Tisch einer sehr knapp neben dem anderen an einer langen Bank. Alle unterhalten sich laut. Da akustisch mitzuhalten, ist richtig anstrengend, umso mehr wenn man beruflich schon viel Stimmleistung zu bringen hat. Ganz ungut, dieses Übertönen der Sitznachbarn.

Es ist spät. Viel Leistung erfordert hochwertige Nahrungsaufnahme. Wie lange wird’s denn ungefähr dauern, in Anbetracht des sehr vollen Lokals?

Ernstgemeinte Frage, weil wir eigentlich nur einen ordentlichen Hauptgang essen wollen und der Parkschein für eine gute Stunde dafür ausreichend sein muss. Naja, wenn wir kein 600g Steak „well done“ bestellen, dann sind die Speisen so in 20 Minuten fertig, meint die ungeduldige kompetente und flotte Dame. Da haben wir ja ein bisschen was gemeinsam. Irgendwie sympathisch. Und: 20 Minuten klingen gut.

Dann her mit einem 150g Ladysteak und einem 400g Ribeye vom Argentinischen Black Angus. Wir mögen Ausländer. Ganz besonders jene, die man essen oder trinken kann.

Alles unter 600g und wir wollen’s sogar nur halbroh. Für eine gelungene Integration: 2 Gläser (je 5,90) Malbec ebenfalls aus Argentinien. Zufriedener bestätigender Gesichtsausdruck bei der flotten Kompetenten.
Schnell wird ein Körberl gebracht, eine winzige Schale mit einem Logoaufkleber und noch so eine mit eingelegten Paradeisern, Oliven und einer Zwiebel. Die wird partnerschaftlich halbiert. Das Brot ist einfach viel zu hart. Das lässt sich kaum zerkleinern. Auch mit den Zähnen ist es schwierig und es tut weh im Mund.

Die Idee an sich gut: Walnussbrot und Baguette – aber leider ungenießbar. Der Aufschnitt viel zu lange her. Abgestanden. Ausgetrocknet. Hart.

Unter dem Logo war aufgeschlagene Butter, zum Glück kein Kleber. Aber hart. Weit weg von streichfähig. Der hätte ein bisschen „Stehen bei trockenem Raumklima“ ganz gut getan für die Teilbarkeit. Physiknachhilfe? Und für das: € 5,80.

Raum und Zeit. Großes Thema im El Gaucho. Aus 20 Minuten wurden fast 50 und dann war es da: das Babysteak (€ 17,00: entzückend verloren auf dem großen weißen Teller) ein Thymianästchen war als Platzhalter mit dabei. Den brauchte das Ribeye ( €28,00) nicht. Ein schönes ordentliches Stück. Hat den Teller für sich fast allein in Anspruch genommen.

Als Fleischbegleitung gab’s für uns: Pommes Frites alias Original Steak Fries (€ 2,00: knusprig nicht fettig), Grillgemüse (€ 4,00: je eine Scheibe Paprika, Zucchini, trockene Melanzani, Fenchel frisch mit trockenen Samen gewürzt, Tomate wässrig, Öl drüber gekippt), pappige Convenience-Gnocchi alias Trüffelgnocchi (€ 4,00: Trüffel nicht erkennbar, zähklebrige Rahmgatsch, Frühlingszweibelschnipsel) und eigentlich 3 Saucen: Pfeffersauce vom Grünen aus Madagaskar (€2,00), Sauce Hollandaise „geräuchert“ (€ 2,00) und BBQ Dip (€ 2,00).
Da waren’s dann nur noch 2.

In Nothungereuphorie schüttet sich der Fleischlustige die kleine Portion Pfeffersauce aufs Steakteller. Unter einer Obershaube war eine pechschwarze Sauce versteckt, die sich jetzt am ganzen Teller breit macht und unters Steak schlupft. Wär‘ ja so gewollt, wenn diese Sauce nicht einem kulinarischen Terroranschlag gleichen würde. Weiblicher Beschwichtigungsversuch: das muss man noch mit einander vermengen, damit sich das verbindet und harmonisiert. Aber nein: Geschmacksbeweislage eindeutig – angebrannt, verkohlt. Da hilft kein Obers mehr. Und ganz schlimm: extrem intensiver Maggigeschmack. Eine derartige Penetranz kennen wir nicht einmal vom puren Stoff. Chemiekeule einreduziert.

Die Zeit dräng und der Hunger aucht. Eilig einen jungen Serviceherrn drauf aufmerksam gemacht. Ja, aber das ist Pfeffersauce, die g’hört so. (Nein, er hat nicht gekostet. Zumindest nicht von unserer.) Mit nötiger Penetranz drauf hingewiesen, dass die sicher nicht so gehört.

Die Kompetente bremst sich bei uns ein. Eine Freundin effizienter Problemlösung. So schnell war das Schüsserl vom Tisch, so schnell konnten wir gar nicht schauen. Fleisch auf ein neues Teller. Darf’s eine andere Sauce sein? Nein, alle anderen, die zur Auswahl stünden, haben wir bereits am Tisch. Danke.

Sauce Hollandaise war gut aber nicht rauchig. Ernährungsphysiologisch sicher besser so. Blöd nur, wenn trotzdem Chemie drinnen ist und man hat nix außer die Scherereien davon. Trüffelgnocchi waren das geringste Übel. Pommes Frites waren sehr gut. BBQ Dip hat auch gepasst, aber vermutlich aus einer oder mehreren Tuben.

Das Filetstückchen war wirklich top im Gargrad, in Konsistenz und Geschmack. Nicht zu lang abgehangen, ganz leichter angenehmer Reifegeschmack. Thymian kann man da gern weglassen.

Ribeye – ein paar Flachsen waren schon dabei. An sich gute Fleischqualität. Den Gargrad in erster Linie falsch ausgewählt aber von der Küche auch nicht gut getroffen – einfach zu roh.

Wir haben dazu gelernt:
Ribeye für uns lieber medium. El Gaucho für uns lieber nimma mehr (€90,00).
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12 Kommentare·Zeige alle Kommentare

Da hatte ich mit meinem 400g Filet wahrscheinlich Glück. Das kam sehr wohlschmeckend und auf den Punkt gegart. Dafür war die Ofenkartoffel nahezu unessbar (von der Handhabung her) und fade.

4. Mai 2015, 14:40·Gefällt mir

Etwas Besonderes, das eher selten stattfindet.

17. Mär 2015, 08:13·Gefällt mir

Ein guter Freund von mir sagte einst, er ginge nur gerne in Lokale, wo zu niedrigen Preisen sehr gut gekocht wird - oder in die besten Restaurants, die es gibt. In beiden Fällen sei ihm der Preis egal. Weiser Mann.

16. Mär 2015, 18:57·Gefällt mir

Ich wollte vor einigen Wochen meinen Mann ins Dstrikt ausführen. Leider wurde mir bei der telefonischen Reservierung mitgeteilt, dass sie voll ausgebucht sind. Eure guten Bewertungen scheinen gut anzukommen ;) Vielleicht wars auch zu knapp. Steaks esse ich in letzter Zeit nicht mehr so oft auswärts, weil ich 2 - 3 sehr gute Fleischquellen (Bioqualität, eigene Schlachtung) im Waldviertel gefunden habe. Ich zahle aber auch locker für 2 große Steaks (roh) ca. 60 Euro (ok, es sind sehr große Stücke). Daher schrecken mich die Dstrikt-Preise nicht wirklich ab. Ich würde aber eher zum Burger tendieren.

16. Mär 2015, 15:23·Gefällt mir1

Fuer uns ist "Essengehen" was selten Besonderes. Auch wenn wir Begleitung haben, dann ist fuer uns Zutatenqualitaet UND.angenehme Atmosphaere fuer die Lokalauswahl ausschlaggebend. Wenn's Budget knapper ist, dann wie immer gekocht und wir lassen's uns zu Haus gut gehen. Fuer Unwohlsein wollen wir einfach kein Geld ausgeben. Nicht viel und auch nicht wenig. Nicht oft und auch nicht selten.

16. Mär 2015, 15:14·Gefällt mir1

Wobei, gemütlich kann es auch in einfachen Lokalen mit leistbarem Preisniveau sein (ich gehöre zur Fraktion der Viel - Ausgeher:-) ).

16. Mär 2015, 10:29·Gefällt mir1
16. Mär 2015, 10:09·Gefällt mir

Helmuth, rechne mal nach wie oft du essen gehst - wir haben den Eindruck, dass du sehr viel und sicher mehrmals die Woche auswährts essen gehst. Wir hingegen maximal einmal pro Woche und da sollte es in jeder Hinsicht passen, sind dafür auch bereit ein wenig (nicht zuviel ) mehr auszugeben. Was wir damit sagen wollen, wir denken dass wir wahrscheinlich nicht mehr ausgeben als du, mach dir doch selber ein Bild vom Lokal.

16. Mär 2015, 10:02·Gefällt mir

Ich kann den Dstrikt-Besuch ebenfalls nur wärmstens empfehlen!

16. Mär 2015, 10:00·Gefällt mir2

Wir sind sicher, es wird euch gefallen!

16. Mär 2015, 09:14·Gefällt mir
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