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Sa, 20. April 2024

Senhor Vinho - Bewertung

adn1966
Experte
am 10. September 2014
SpeisenAmbienteService
ReTe Treffen 2/2014 – diesmal Portuguese Style.

Nachdem wir uns letztes Mal auf eine kulinarische Reise nach Bulgarien (Restaurant Pleven) begeben hatten, ging es diesmal kulinarisch nach Portugal. Ich assoziiere mit Portugal die Algarve, ihre zerklüftete Küste, wo der Atlantik rau auf das Mittelmeer trifft, Lisboa, die schöne Hauptstadt mit der noch schöneren Altstadt, den Alentejo, diese karge und doch kulturell, kulinarisch und weinmäßig so reizvolle Gegend.

Wenn jemandem in Wien der Sinn nach einem Kurzausflug nach Portugal steht, ist er/sie im Senhor Vinho im 5. Bezirk, einen Steinwurf von der Reinprechtsdorfer entfernt, gut aufgehoben. Portugal pur, wie auch Testerkollege daguadefranz in seiner Bewertung bereits geschrieben hat.

Ein paar Worte zum Treffen: schön sind sie, diese in unregelmäßigen Abständen einberufenen Abende, an denen sich Leute treffen, die einander einzig aus diesem Forum kennen, deren Bewertungen und Kommentare zigmal gelesen, wiederum bewertet (H-G-L) und kommentiert wurden. Schön, die Leute hinter den Avataren und Nicknames zu sehen, schön die Geschichten zu hören, warum sich jeder von ihnen nach einem Restaurantbesuch hinsetzt und eine Bewertung schreibt. Geeint durch diese Freude an gutem Essen und Trinken in netter Atmosphäre, verbunden durch den Genuss, den es bereitet, wenn man in einem Restaurant sieht, dass Seele, Herz, Konzept, Service und Produktqualität stimmen, sind diese ReTe Treffen eine angenehme Sache, die auch so manche Überraschung mit sich bringt.

So kam auch HelmuthS, der sich seit seinem Beitritt zu diesem Forum zu so etwas wie zu einem Gottseibeiuns des ReTe Forums entwickelt hat und vor allem durch den ein oder anderen „patscherten“ Kommentar teils heftig Foren-Prügel bezogen hat. HelmuthS entpuppte sich im Verlauf des Abends als ein sehr netter Zeitgenosse, als aufmerksamer Zuhörer und witziger Erzähler, der als Einstandsgeste Weinflaschen und Süßigkeiten für Alle mitgebracht hat. Nicht, um Wohlwollen zu erkaufen, nein, nein, einfach nur als nette Geste. Auch dies sei an dieser Stelle einmal gesagt.

Nun aber zum Lokal:

Das Senhor Vinho gibt’s seit zehn Jahren, es ist ein klassischer Familienbetrieb, der Vater der Familie gibt den omnipräsenten „Padrone“ der, wenn die Stimmung passt, auch einmal einen Fado (Link) mit Gitarrenbegleitung zum Besten gibt. Doch dazu später mehr.

Eine Tochter ist im Service, ein Sohn ebenso, ein anderer „schupft“ die Küche. Und er schupft exzellent. Nach vielen Besuchen meinerseits verlieh ich ihm den Titel „Saucenkaiser“, - schafft er es doch, den ohnedies exzellenten portugiesischen Gerichten mit einer perfekt abgeschmeckten Sauce oder einem perfekten Sud die Krone aufzusetzen.

Ich war schon lang nicht mehr im Senhor Vinho, sei’s aus Zeitgründen, sei’s ob der Tatsache, dass sich das Lokal seinerzeit bei Einführung der leidigen Nichtraucherverordnung dazu entschlossen hat, ganz auf NR umzustellen. Im Garten darf dem Laster natürlich noch gefrönt werden, drinnen ist nichts mit Rauchen. Hat am Anfang viele Kunden abgeschreckt, Gott sei Dank geht’s dem Senhor Vinho nun offenbar wieder gut, das Lokal war (notabene an einem Mittwoch) gut gebucht.

Wir hatten im Garten reserviert und der Wettergott war uns gnädig. Netterweise hatte man für uns (für alle Fälle) auch einen Tisch drinnen vorbereitet, sollte es uns draußen zu kalt werden. Bester Kundenservice, der sich auch durch den Rest des Abends wie ein roter Faden zog.

Wir waren zu neunt, hatten einen schönen Tisch in dem typischen Wiener Innenhofgarten. Nichts luxuriöses, kein Kitsch, Gott bewahre, aber ein für Wien so typischer Innenhof. Ruhig und gemütlich.

Getränkemäßig begleiteten uns stets Empfehlungen des Hauses, ein herrlicher Vinho Verde aus dem Alentejo, erstaunlich kräftig und geschmackvoll für mich, der offenbar bisher immer nur eher leichte Verdes getrunken hat. Später verlegten wir uns in Richtung rote Fraktion, Name und Sorten (eine Cuvée, ein gemischter Satz waren’s) weiß ich nicht mehr, und ganz später gebot die Stimmung natürlich, dass wir auch beim Port noch kurz zuschlugen. Herrlich, verdursten wird man im Senhor Vinho offenbar nicht so schnell.

Speisekarten gibt’s keine im Lokal, einer der beiden Söhne bringt eine große Tafel an den Tisch und erklärt fachmännisch die Speisen, die mit Kreide dort aufgeschrieben sind. Schon beim Rezitieren der portugiesischen Namen der Gerichte läuft einem das Wasser im Mund zusammen, Erinnerungen an den ein oder anderen Portugal-Urlaub werden wach, alle Speisen werden ausführlich auf Deutsch erklärt. Charmant.

Als Vorspeisen wurden bestellt: Eine gebratene Chorizo für mich, diese leicht pikante, typisch portugiesische paprizierte Wurst, mit Knoblauch und Paprika gebraten, ein feiner Einstieg. Meine TesterkollegInnen entschieden sich für gebratenes Kalbsherz und Wachteln. Bereits nach der ersten Runde Wein, der Präsentation der Speisen und der Verkostung der Vorspeisen war spürbar, dass sich alle sehr wohlfühlten.

Zu den Hauptspeisen: Ein Wort vorab: Eilig sollte man es im Senhor Vinho nicht haben, was die Zeit der Zubereitung des Hauptgangs betrifft. Wobei man fairerweise sagen muss, dass ein gutes Abendessen in Portugal, so wie in den meisten südlichen Ländern, eine Sache von Stunden ist. Mich hat’s nicht gestört, gab’s doch guten Wein und interessante Gespräche, die die Wartezeit gut überbrückten.

Ich hatte einen Fisch-Eintopf, herrlich zarte Fischstücke in einem g’schmackigen Sud, mit allerlei Tintenfisch, Garnelen, aber auch Kartoffeln und Gemüse. Wie eine gute Fischsuppe, - keine Bouillabaisse, wohlgemerkt, - sehr, sehr gelungen. Manche nahmen Lamm, manche entschieden sich für Muscheln, auch eine Dorade wurde geordert. Alle waren begeistert, sogar dem durchaus kritischen Testerkollegen SSW entfuhr ein „... Entschuldigung, aber das ist durchaus Haubenküche ...“.

Während einige von uns den „Schokolade – Wahnsinn“ orderten, ein in einer Glasschüssel servierter Schokokuchen, andere eine Ricotta-Torte, passte ich und begnügte mich mit meinen zwei obligatorischen Caffè ristretti, die erwartungsgemäß tadellos waren, und auch von einem „Aquardente“ begleitet wurden, Portugals Antwort auf Grappa.

Zu späterer Stunde verfügten wir uns ins Lokalinnere, wollte ich doch meinen TesterkollegInnen unbedingt eines der Highlights dieses netten Familienbetriebs zeigen, den von der Familie vorgetragenen „Fado“. Der Herr des Hauses weilte noch in Portugal, wurde mir beschieden, und daher zierten sich beide Söhne anfangs etwas. Sie wären doch nicht so gut wie der Vater, der eigentliche Senhor Fadista. Ich ließ diese Ausrede nicht gelten, schließlich habe ich beide Söhne schon früher Fado singen gehört, zum Glück ließen sie sich erweichen, schnappten sich eine Gitarre, probten eine Runde in der Küche (einfach herrlich) und ließen uns in den Genuss einiger typischer portugiesischer Lieder kommen.

Ein perfekter Abschluss eines insgesamt sehr, sehr schönen Abends, man kann es nicht anders sagen.

Preislich bewegen sich die Speisen/Getränke durchaus im Mittelfeld, für die gebotene Qualität sind die Preise absolut in Ordnung.

Schön war’s, liebe ReTe - TesterInnen, die an diesen Treffen immer wieder teilnehmen, und danke, liebes Senhor Vinho - Team für einen tadellosen Abend in Punkto Speisen, Getränke, aber vor allem für den sehr herzlichen und persönlichen Service.
Los Fadistas (Service und Küche) - Senhor Vinho - WienFado - Senhor Vinho - WienDer Garten (2) - Senhor Vinho - Wien
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2 Kommentare

Danke, - und damit wirst Du hoffentlich beim nächsten Mal dabei sein!

10. Sep 2014, 20:53·Gefällt mir1

Sehr schön zu lesen :) macht richtig Lust auf ein ReTe - Treffen!!

10. Sep 2014, 20:38·Gefällt mir2
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