In der Umgebung
Fr, 19. April 2024

Labstelle Wien - Bewertung

Pressesprecher
am 28. Jänner 2014
SpeisenAmbienteService
Donnerstag Abend am Lugeck. Die „Zuckerpuppe“ und ich sind um 18 Uhr mit lieben Freunden verabredet. Pünktlich betreten wir die „Labstelle“. Ein ungewöhnlicher Name für ein außergewöhnliches Restaurant, das vor gut einem halben Jahr aufgesperrt hat. Die Marke – ein liegendes „L“ mit einem liegenden „S“ gekreuzt in einem Kreis – sowie die entsprechende Typographie – LAB-STE-LLE in 3 Zeilen untereinander – werden konsequent durchgezogen.

Eine Konsequenz, die sich in praktisch allen Bereichen erkennen lässt. Zwei Beispiele: Man/frau sitzt nicht auf irgendeinem Stuhl, sondern auf einem klassischen Wishbone bzw. Y-Chair des dänischen Designers Hans Wegner aus 1949. Und im Sanitärbereich sticht einem ein eigens für die Labstelle kreierter Duft in die Nase. Das wohlriechende Gemisch aus Pfeffer, Wacholder, Thymian, Petersilie und Orange findet sich auch in der Seife wieder.

Aufgrund unseres frühen Erscheinens ist das Lokal praktisch noch leer. Im vorderen Bereich befindet sich die Bar. Weiter nach hinten geht es in den „Speiseraum“, in dem geschliffener Beton, schwarzer Stahl, Büffelleder und gelaugtes Holz eine angenehm „cleane“ Atmosphäre erzeugen.

Wir bekommen als erste Gäste die „neue Karte“ (was immer das bedeuten mag; aber unser Kellner weist extra darauf hin), die einen sehr kompakten Eindruck macht. Aber die drei Seiten haben es in sich und bieten für jeden Geschmack etwas. Wer sich überraschen lassen will, kann ein 4- oder 6gängiges Menü um 37 bzw. 53 Euro ordern. Unsere Freundin tut das und wird praktisch den ganzen Abend lang mit kulinarischen Petitesse verwöhnt. Als Gedeck werden unterschiedliche, selbst gebackene Brotsorten mit einem Rote Bete-, Randig-, Rohnen- oder wie immer-Aufstrich eingestellt.

Die Zuckerpuppe und ich beginnen mit einer Klachelsuppe nach Kärntner Art um 5,20 Euro. Das Auskochen der Schweinshaxe hat tadellos funktioniert. In der naturgemäß leicht säuerlichen Suppe findet sich eine Einlagenmelange aus Gemüse und Fleischstücken. Eine sehr stimmige Kreation, die ausgezeichnet mundet.

Als zweiten Gang hat die Zuckerpuppe Blondvieh (gemeint ist offensichtlich die Rinderrasse) gehackt als Tartar mit Zwiebelmarmelade, Grammelbrot und Essiggurkerl-Mayonnaise um 9,80 Euro (eigentlich eine Vorspeise) geordert. Sie schwärmt vom zarten, perfekt abgeschmeckten Fleisch, das auf dem Gaumen zergeht. Sensationell ist auch die Zwiebelmarmelade.

Mein Hauptgang ist das Kalbsrahmgulasch mit Butternockerl um 17,90 Euro. Das Ganze ist schon optisch ein – wie würden meine Söhne sagen – echter „Burner“: der Rahm marmoriert das Gulasch praktisch. Beim ersten Bissen manifestiert sich dieser Eindruck auch gustatorisch: traumhaft weich und mit perfektem Geschmack zaubert mir die Speise ein genüssliches Lächeln auf die Lippen. Auch die Butternockerl werden ihrem Namen gerecht und runden das Ganze perfekt ab.

Für ein Dessert ist beim besten Willen kein Platz mehr. Ich erhalte zur Abrundung einen Cappuccino mit Herzchen und der Zuckerpuppe gelüstet nach Pfefferminztee. Der Kellner erklärt ihr, dass die zuständige Kollegin Pfefferminze für zu schnöde befunden hätte. Und zur erneuten Demonstration der Konsequenz bringt er quasi eine lebende Teekarte in Form von kleinen Tigelchen mit beiliegender Beschreibung. Die Wahl fällt auf „Winterrose“, die nebst buntem Fruchtzucker gereicht wird und auch viel Freude bereitet.

Noch ein Wort zum Service: eine Phalanx an jungen Burschen bemühen sich um die Gäste (die mit zunehmender Dauer des Abends tatsächlich den Laden bis auf den letzten Platz füllen). Unser Kellner schaltet sich gleich bei der Diskussion über den schlechtesten Film aller Zeiten ein und bestätigt, dass er „Sex in the City 2“ für einen durchaus preiswürdig hält. Die angeregten Diskussionen setzen sich fort, mal übers Essen und Trinken, ein anderes Mal über die Gäste. Jedenfalls fühlt man sich auch hier als Gast und bestens aufgehoben.

Resümee: Da haben sich ganz offensichtlich mehrere Menschen mit entsprechender Qualifikation und Leidenschaft sehr lange hingesetzt und scharf nachgedacht, wie einem urbanen Publikum (in unserem Fall um 85 Euro pro Paar inklusive Trinkgeld) einen fast perfekten Abend bescheren kann. Und sie waren erfolgreich!
Labstelle Wien - WienLabstelle Wien - WienLabstelle Wien - Wien
Hilfreich9Gefällt mir9Kommentieren
12 Kommentare·Zeige alle Kommentare

AlexanderN: bitte verzeih mir den kleinen Fauxpas - ich hatte mich wohl noch erinnert, dass wir uns über die fränkische Knödelkultur unterhalten hatten, aber nicht mehr genau daran, wo deine eigenen Wurzeln sind. Dazu kommt ja noch, dass ich zu meiner Schande gestehen muss, nicht wirklich zu wissen, wo die Grenze zwischen Bayern und Franken ist, ich weiß nur ungefähr, dass Frankfurt mehr oder weniger Symbol für den Weißwurstlimes ist ;-)

1. Feb 2014, 16:11·Gefällt mir

Vielleicht "Gurken"? ;-) Habe wenig mit Oberfranken zu tun, und auch wenn ich des Mittelfränkischen halbwegs mächtig bin, bin ich von den Wurzeln her doch ein Augschburger.

1. Feb 2014, 15:19·Gefällt mir2

*heul* Erdkästen hab ich auch noch nie gehört - mit Kästen (sprich auch oft als [käschtn] )sind ja eigentlich die Kastanien gemeint. Aber Bumser... hm. Wie sagen die Oberfranken dann zu den Gurken? Das müsste AlexanderN eigentlich wissen ;-)

29. Jän 2014, 11:36·Gefällt mir1

Witzige Karte ... allerdings habe ich noch nie jemanden BUMSER, KNEDEL oder ERDKÄSTEN zu Erdäpfeln sagen gehört. ICh glaub, da haben sich die Sprachwissenschaftler der Uni Bremen den einen oder anderen Grumbeeren aufbinden lassen ;-)

29. Jän 2014, 10:56·Gefällt mir

Für D-A-CH: Link

29. Jän 2014, 10:45·Gefällt mir3

Und im Ungarischen heissen sie "Krumpli".

29. Jän 2014, 10:30·Gefällt mir1

Pressesprecher: LOL - stimmt genau, den Fehler mache ich immer wieder gerne :D Grundbirne ist interessanterweise auch anderswo in Österreich gebräuchlich - auch als "Krummbirn". Das slowenische bzw. kroatische "krompir" bzw. "krumpir" ist dabei besonders interessant, weil man nicht genau weiß, WER von wem entlehnt hat - wir von den Slawen, oder die Slawen von uns!

29. Jän 2014, 10:17·Gefällt mir1

@magic: Ich bin auch Österreicher und ich sage zu den Erdäpfeln "Grundbira" ;-) @amarone1977: Diesseits des Arlbergs ist das ein Genitiv ;-)

29. Jän 2014, 10:12·Gefällt mir3

magic: auch jenseits vom Arlberg gibt's Österreicher, wie auch jene aus Nordslowenien! ;-) Tatsächlich, auch ich bin Österreicher, und bin mit Roten Rohnen aufgewachsen, obwohl ich sie irgendwann mal nicht mehr riechen konnte. magic ist Österreicherin und sagt Rote Rüben. Kommt auch in Süddeutschland vor. So bunt is(s)t Österreich! So lange wir nicht "leckere rote Bete" sagen *duck*...

29. Jän 2014, 09:49·Gefällt mir3

Ich bin Österreicherin, und ich sag´ganz einfach Rote Rübe, nicht Rote Bete, nicht Rohnen und auch nicht Randig!

29. Jän 2014, 00:46·Gefällt mir1
Konto erstellen
Schon Mitglied?
Indem Sie fortfahren, erklären Sie sich mit unseren Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärung einverstanden.
E-Mail
Benutzernameautomatisch
Passwortautomatisch
Indem Sie fortfahren, erklären Sie sich mit unseren Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärung einverstanden.