Im März 2008 unternahm Jan Lucas Härle mit dem „Freigeist“ zum ersten Mal den Versuch, etwas großstädtisches Flair in die größte Marktgemeinde Österreichs (nämlich Lustenau) zu bringen. Anfang 2012 eröffnete er an neuem Ort die Variante „2.0“ dieses Versuchs. Man muss etwas suchen, um hinter der ZentralKunstGarage den Eingang zum Lokal zu finden. Ziegel im Reichsformat pflastern den Weg und der Name hängt verkehrt rum. Auch sonst ist das Brechen von Konventionen Programm.
Ausgestopfte Wildtiere in Sonderzahl, jahreszeitlich passend geschmückt mit bunten Kugeln, alte Fechtmasken als Lampenschirme, jedes Möbel ein Unikat, die Küche offen und die Bar darin integriert, die Wand mit Ytong-Steinen, die Decke mit Faserplatten verkleidet. In der Tat kann sich das Auge an den zahllosen kreativen Ideen kaum satt sehen. Aber schließlich geht es ja um den Magen ...
Die Stimmung im Team (Küche und Service fließen ineinander) ist gut, man/frau ist gut drauf und strahlt das auch aus. Dieser Funke springt durchaus auch auf die Gäste über. In Wien wäre hier wohl eine Phalanx an Bobos anzutreffen. Vorarlberg ist anders und das Publikum wirkt erfrischend normal. Ich erhalte die Mittageskarte und wähle:
1. Kübris-Curry-Suppe mit Garnele um 10,50 Euro.
2. Kalbsbäckli mit Kartoffelpüree und Pilzen um 24,10 Euro.
3. Nougatknödel mit Tahitivanillesauce und Semmelbrösel um 8,50 Euro.
Die Suppe darf sich durchaus rühmen, eine ganz eigene geschmackliche Charakteristik an den Tag zu legen, und das unmittelbar nach Applikation des ersten Silberlöffels! Es dominiert die Schärfe des Curry und übertönt einen ganz eigenartigen Grundgeschmack, der hoffentlich dem Kürbis geschuldet ist. Daneben schimmert noch etwas Ingwer durch. Die Kresse wirkt etwas deplatziert, ist in Kombination mit dem Süppchen aber durchaus dazu angetan, etwas Linderung zu bringen. Die Garnele hingegen war eindeutig zu wenig der Hitze ausgesetzt. Summa summarum ein Geschmackserlebnis, das dazu angetan ist, einen den ganzen Nachmittag zu verfolgen.
Der Hauptgang bringt mit innen fein geschmorten und außen schön knusprigen Kalbsbäckchen etwas Linderung. Die Sauce ist stark reduziert und dadurch fast schon zu intensiv. Die Pilze hingegen sind ausgezeichnet: schön fest und sehr g'schmackig. Allein das Kartoffelpüree war von einer Konsistenz, die jedem Koch in einem Geriatriezentrum zur Ehre gereicht hätte und ließ von der Grundsubstanz geschmacklich wenig durchscheinen.
Auch der finale Gang präsentierte sich gustatorisch medioker: die Quelle der Süße waren in Form der Vanille und des Nougat zwar gegeben, Letzteres verlor sich aber in einem Grießknödel, der auch in jeder einschlägigen Suppe seine Wirkung nicht verfehlt hätte. Mit anderen Worten: mir persönlich war es zu wenig süß und nur Grieß ist auch fad.
Fazit: Wir haben es hier mit einem Gastronomieangebot zu tun, das in mehrerlei Hinsicht aus dem Rahmen fällt. Der tätowierte, vollbärtige Maître de Cuisine, der sich zwischendurch immer wieder einmal vor dem Eingang genüsslich eine Zigarette durchzieht, personifiziert das gut. Auf Konventionen wir bewusst gesch***en. In einigen Fällen - beispielsweise bei der Einrichtung - funktioniert das tadellos. In anderen (Speisenangebot) ist es grenzwertig bzw. droht zu kippen. Wenn ich 50 Euro für drei Gänge auf den Tisch blättere, will ich rundum zufrieden von dannen ziehen. Das ist heute nicht gelungen und ich werde den Teufel tun, und den Fehler bei mir suchen. Schließlich sind dem Boss dem Vernehmen nach Kritiken ja sowieso nicht wichtig (Link).
Der einheimische Appendix muss "od'r" heißen :-) Scherz beiseite: zwischen "mit Kartoffelstückchen" und "dünnflüssig" gibt's in der Praxis die eine oder andere Abstufung ;-)
Püree ist Püree, odaa?
Allein das Kartoffelpüree war von einer Konsistenz, die jedem Koch in einem Geriatriezentrum zur Ehre gereicht hätte und ließ von der Grundsubstanz geschmacklich wenig durchscheinen.
Aha. Mein Püree ist weder dünnflüssig, noch hat es Stückchen. Jeder wie er eben mag.
Der einheimische Appendix muss "od'r" heißen :-) Scherz beiseite: zwischen "mit Kartoffelstückchen" und "dünnflüssig" gibt's in der Praxis die eine oder andere Abstufung ;-)
Püree ist Püree, odaa? Allein das Kartoffelpüree war von einer Konsistenz, die jedem Koch in einem Geriatriezentrum zur Ehre gereicht hätte und ließ von der Grundsubstanz geschmacklich wenig durchscheinen.