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dieBrotvernichter
Experte
am 28. November 2013|Update 5. Dez 2013
SpeisenAmbienteService
Ja, auch wir sind gestern Abend zum Meixner gepilgert. Ja, genau - wegen den durchwegs guten Bewertungen von den üblichen vertrauenswürdigen Testern hier. Wir wollten die Speisen eigentlich schon fast mit 3 bewerten – warum jetzt doch eine 4? Und warum nur eine 3 für’s Ambiente?

Wir haben für 20.30h einen Tisch reserviert und unsere Wunschkoordinaten waren irgendwo im Nichtraucherbereich. Und weil noch nicht Weihnachten ist und der Herr Meixner auch kein Christkinderl – hat er uns beim Reinkommen wirklich in ganz freundlicher Manier erklärt, dass er uns leider nur den kleinen Tisch an der Seite beim Eingang geben kann. Wir konnten’s kaum glauben: Die Stube war tatsächlich voll belegt. Wie so häufig in Wiener Gasthäusern steht man gleich beim Eintreten vor der Schank und dort rundherum wird nunmal geraucht – ist so üblich, finden wir ok – hat sogar was Kultiges – ABER: wir wollen dort nicht sitzen. Der kleine Tisch war noch besetzt, wir waren auch 10 Minuten zu früh. Wir akzeptieren in der ersten Schrecksekunde alles so und ziehen einen Spaziergang im kalten Winterwind des wenig beschaulichen 10. Bezirks, dem angebotenen Warten an der verrauchten Schank vor.

In der kalten Luft draußen wird der Kopf auch ein bisschen klarer – und es entstand in unseren Köpfen tatsächlich die Überlegung, das Ganze aufgrund der Tischposition, des übervollen Lokals und der daraus resultierenden wahrscheinlich langen Wartezeiten wieder zu stornieren. Aber nein, der Hunger ist groß, wir haben uns schon so gefreut und so spät noch nach etwas Anderem suchen - einfach zu mühsam. Wieder zurück beim Meixner ist es schön warm, der Tisch so einladend mit Stoffserviette eingedeckt, dass uns das dann doch sehr versöhnlich stimmt. Wir bemerken auch, dass die schlechte Position des Tisches hier aber maximal gut kaschiert wird. Durch eine Holzgarderobe ist die kleine Sitzecke vom Eingang gut abgeschottet. Wir fühlen uns im wahrsten Sinn des Wortes halbwegs wohl.

Der Empfang war schon so freundlich und auch der junge Mann, der uns die Speisenkarte bringt, ist sehr höflich und souverän unterwegs. Die Auswahl an Gerichten ist umfangreich und alles liest sich gut. Bis wir zu einem Entschluss kommen, hat’s gedauert.

Beim Wein ging’s schneller – wir wussten, es soll ein roter werden und da hat uns der junge Mann auch kompetent beim Wein beraten. Alle 4 glasweise Rotweine klingen irgendwie spannend. Wir kosten 3 davon. Am Anfang aufgrund eines akustischen Missverständnisses: einmal absichtlich den St. Laurent (€ 4,+) und unabsichtlich den Pinot Noir vom Gottschell (€ 6,20). Der St. Laurent schmeckte weniger, der Pinot Noir war schon recht gut.

Zum Essen gibt’s bei uns am Tisch heut: ein Beef Tartar für 2 und den Anfang. Die Theorieinteressierte hat gelesen, dass diese Gastwirtschaft sogar eine Haube hat. Der praxisorientierte Esser kann’s nicht glauben. Es wird spekuliert, der junge aufmerksame Mann bringt den Wein und informiert uns, dass hier nicht nur mit einer Haube gekocht wird, sondern sogar mit einem Michelin-Sternderl und erzählt uns: Das A la Carte meint sogar, das wäre das beste Gasthaus Wiens. Na gut – die Erwartungen steigen.

Und da ist es: das Beef Tartar mit Spiegelei, Toast und Butter. Es werden uns 2 Teller dazu angeboten. Die kommen aber nie bei uns an. Auch von einem Teller bleibt‘s geschmacklich schön würzig. Sogar Kräuter sind im Tartar. So klein wie das gut gebratene Spiegelei (Dotter noch flüssig) ist auch die Portion des Tartars. Der Toast nicht aus dem Zellophan geholt und wenn dann wurde es davor von einem Bäcker handbearbeitet. Der Teig gut abgeschmeckt, flaumig, feinporig und sogar der Rand war weich. Das Ganze nicht vom Toaster zerquetscht geröstet – einfach gut. Die Butter hart, leider noch nicht die richtige Temperatur und das Fleisch leider nur schlampig durchgehexelt. Schade, aber trotzdem sehr genießbar.

Zum Hauptgang gibt’s: ein Kürbis-Cordon Bleu (€ 11,80) mit Sauce Tartar (dazu noch ein kleiner Gemischter und Ketchup bitte) und das Steak mit Pfefferrahmsauce und Fisolen-Erdäpfelgröst’l (€24,+). „Wie darf’s denn sein, das Steak?“ wird gefragt. Medium-Durch. Gut. Und genau so und super weich kommt’s auch auf den Tisch. Ein einfaches Gericht aber jede Komponente hat gestimmt. Die Sauce hatte wirklich den frisch rahmigen und würzig pfeffrigen Geschmack. Das Gröst’l gut geröstet und gestampft. Die Fisolen drinnen – noch grün und knackig – mit Kürbiskernen garniert und gibt noch die knusprige Note im Mund. Gute Portionsgröße. Perfekt.

Das Kürbis-Cordon Bleu – in einer goldenen Parnier und sehr gut abgetropft. 2 dünne Scheiben vom Kürbis dazwischen Käse (mild) und einer guten Sorte Kochschinken gefüllt. Ein würziger Bergkäse hätte da besser gefallen, weil der Kürbis sehr neutral war, aber die (selbstverständlich) selbst gemachte Sauce Tartar reißt’s wieder raus. Der kleine Salat war wirklich gut gemischt, so wie man sich das vorstellt: herbstliche Blattsorten, Krautsalat, rote Rüben, Gurkensalat mit ordentlich Knoblauch und der Kartoffelsalat in sämiger Marinade. Hat alles sehr gut geschmeckt.
Dazu haben wir uns über die österreichischen Grenzen getraut und noch 2 Achterl spanische Didos (€ 5,80) getrunken. Und wir wollen den für unser Weinarchiv – der hat uns überzeugt.

Schon jetzt waren wir von der Küchenleistung positiv überrascht. Österreichische Gerichte auf hohem Niveau (da wo die Sterne zu Haus sind) zubereitet, trotzdem bodenständig portioniert und kalkuliert. Das Serviertempo der Gänge genau richtig. Schmeckt uns, gefällt uns. Dann geht auch noch ein Dessert.

Und das kriegen wir auch: Wir bestellen eine Portion Kaiserschmarrn mit Zwetschkenröster für uns zu zweit. „Zwei Teller dazu?“ Na gut, vielleicht klappt’s ja diesmal. Wir bekommen wirklich zwei Teller serviert mit jeweils einem leicht bezuckerten Berg von einem karamellisiert flaumigen Schmarrn mit goldiger Knusperkruste. So gut haben wir unsere Favoritennachspeise noch nirgendwo gegessen – außer vielleicht zu Haus‘. Wir wollten reklamieren, denn wir haben ja nur eine Portion zum Teilen bestellt. Der hat aber so gut geschmeckt, dass wir froh waren, so viel davon am Tisch zu haben. Auch der Röster: geschmacklich intensiv, mäßig Süß – die perfekte Begleitung.

Auf der Rechnung stellte sich dann raus, dass das tatsächlich nur 1 Portion war. Es war schon so ein schöner Abend – und diese schöne Überraschung zum Schluss hat uns dann sehr zufrieden die Heimreise in den 17. antreten lassen.

Die winzigen Mankos an den Gerichten sind zwar Fakt, aber schmälern die Qualität und den Geschmack nicht wirklich. Der junge Mann hat sich wirklich sympathisch um uns bemüht. Nach Wasser wurde nicht einmal gefragt, er hat uns einfach einen vollen Krug Leitungswasser auf den Tisch gestellt. Das Ketchup nicht verrechnet. Gastlichkeit – so wie sie sein soll. Die Reise in den 10. war’s wert!
Hilfreich23Gefällt mir13Kommentieren
6 Kommentare

Ja, CAH, ja!

23. Apr 2014, 01:48·Gefällt mir

Ja, der Kaiserschmarrn ist legendär und hat schon manchem Gast ein Lächeln ins Gesicht gezaubert....

22. Apr 2014, 21:20·Gefällt mir

A guate Hittn mittn in Favoriten!

7. Dez 2013, 18:54·Gefällt mir

Wir waren über den Sternderl-Hinweis am Tisch ebenfalls erstaunt. Egal - geschmeckt hat's trotzdem! Von uns ein: *

5. Dez 2013, 17:28·Gefällt mir

Kein Bib, kein Stern und trotzdem glücklich!

4. Dez 2013, 22:00·Gefällt mir

"Zum Essen gibt’s bei uns am Tisch heut: ein Beef Tartar für 2 und den Anfang. Die Theorieinteressierte hat gelesen, dass diese Gastwirtschaft sogar eine Haube hat. Der praxisorientierte Esser kann’s nicht glauben. Es wird spekuliert, der junge aufmerksame Mann bringt den Wein und informiert uns, dass hier nicht nur mit einer Haube gekocht wird, sondern sogar mit einem Michelin-Sternderl und erzählt uns: Das A la Carte meint sogar, das wäre das beste Gasthaus Wiens. Na gut – die Erwartungen steigen." Haube ja, Michelin-Stern glaube ich nicht. Bib Gourmand vielleicht, durchaus verdient.

29. Nov 2013, 01:15·Gefällt mir
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