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Fr, 19. April 2024

Disco Volante - Bewertung

amarone1977
Experte
am 1. August 2013|Update 21. Okt 2014
SpeisenAmbienteService
Il disco volante, die fliegende (Pizza-)Scheibe.

Der „große Bruder“ der Pizza Marì (siehe Link) ist die „logische“ Fortsetzung von Maria Fuchs‘ Suche nach der vera pizza napoletana.

Wirklich glücklich war ich im Schwesterlokal ja nicht, das hatte mehrere Gründe, nachzulesen dort.

Von außen sichtbar ist nur der bunte Schriftzug über dem Eingang an der Gebäudeecke. Die Lage an der Ecke zur Stumpergasse, gegenüber die Kirche St. Ägid: ideal wie ich finde.

Drinnen jede Menge Leute, fast schon zusammengepfercht wie in einem Internatsspeisesaal.
Nicht unzutreffend, die alte Eichenbank mit verwittertem Klarlack sowie die Einzelsessel Modell „Volksschul-Lehrersessel anno 1987“ (ja, die sahen damals wirklich so aus!) erwecken diesen Eindruck, der wohl auch so gewollt ist.

Vor allem, wenn man sprichwörtlich auf die lange Bank „geschoben“ wird, wird das puristische Konzept des Lokals nochmal deutlich: hier sollen möglichst alle einen Platz bekommen, Berührungsängste darf man keine haben.

Das Besetzen der Tische will organisiert werden. Beim ständigen Kommen und Gehen gibt’s natürlich immer noch welche, die suchend durch’s Lokal wandern, dabei dem flinken Service im Weg stehen. Die Servicechefin hat aber die Sache im Blick und so warten dann doch alle Hungrigen zuerst mal an der „Rezeption“ auf den freien Platz.

Der meine ist schnell gefunden. Die Aranciata ist schnell bestellt – und das Auge wandert.
Dem Pärchen neben mir könnte ich ohne Mühe die Champignons von der Pizza stehlen, so nahe sitzt man beieinander.
Vor mir die beiden Pizzaioli, ich nenn sie mal Caputo und Caracciolo.

Der eine jongliert mit seinen riesigen dischi volanti, als wollte er den vermeintlichen Achter aus seinen Rennradfelgen raustreiben. Sieht bei den flatternden Teigrädern zuweilen auch so aus, als würde er sich nach einem Bad in der etwas frischeren Neuen Donau eiligst mit dem Handtuch abtrocknen.

Eine flotte Spiralbewegung mit dem Tomatenschöpfer, die Fior-di-latte-Wuzerln flott drauf verteilt und rein damit in die mit gutem Hartholz beheizte, überdimensionale Disco-Kugel. Das also ist das Gesprächsthema Nummer eins für einen meiner Vortester.

Die ofengewordene Disco-Kugel tut ihren Dienst so, wie sie muss: es vergehen vielleicht gerade mal sieben Minuten von der Bestellung bis zum Servieren. So muss es sein – normalerweise braucht gut Ding Weile, aber eine Pizza, die verdächtig lange braucht, ließe Zweifel am Pizzaofen aufkommen, und das Ergebnis kann nie gut sein.
Es ist in der Tat eine Sache von Sekunden, ein guter Pizzaiolo muss erspüren, wann es soweit ist.

Meine Pizze: Margherita, mal 2. Und obwohl sich Caputo und Caracciolo wirklich Mühe gaben, sie waren nicht gleich, es ist ja auch kaum möglich.

Die erste war ein wenig zu spärlich belegt: der Teigrand zum Teil schon mal gut 5cm breit, der Fior di latte recht sparsam verteilt. Vielleicht auch um die paar Sekündchen zu lange im Ofen.

Ich sagte aber nichts – ich war neugierig, und Appetit hatte ich noch. Die zweite kam dann etwas großzügiger belegt daher, aber nicht zu viel. Der Teig ist bei beiden Malen wirklich gut, idealer Biss, deutlich dünner als etwa in der Riva im 9. Bezirk (ganz andere Philosophie, auch die Italiener sind sich beim Thema Pizza bei weitem nicht eins).

Der Belag schwimmt nicht hin und her, der Teig ist in der Mitte nicht durchweicht und trotzdem nicht zu dick. Equilibrio perfetto!

Käse und Tomatensauce harmonieren wunderbar, die Basilikumnase ist unverkennbar und präsent, vielleicht könnte man ein bisschen weniger Salz in die Polpa geben, ist aber Geschmacksache.

Wichtig: die zwei Pizzen gehen weg wie die warmen Pizzen. Gut 7 Euro für eine Margherita ist jetzt nicht wirklich wenig, aber die Umsetzung passt, eine größere, schlechte Pizza zum selben Preis würde um 7 Euro zu viel kosten.

Service: weitaus entspannter als jenes im 2. Bezirk, obwohl ich mir einbilde, eines der Mädels schon bei Marì gesehen zu haben. Ausnahmslos freundliche Gesichter, flott und ungestresst.

Fazit: auch hier ist das einzige „Bild“ das Schildchen mit „VIETATO FUMARE“. Wer den architektonisch auf die Spitze getriebenen Purismus schätzt, fühlt sich hier auch pudelwohl.
Die Pizza ist hier, wenngleich wohl dieselbe Grundware verarbeitet wird wie in der Leopoldsgasse, weitaus besser. Ich habe mal Caputo und Caracciolo im „Verdacht“, den Unterschied zu machen, vielleicht war’s aber auch nur die Tagesverfassung?
Wie auch immer – Daumen hoch, freu mich auf ein nächstes Mal.

Il disco vola.
Disco Volante - WienDisco Volante - WienCaputo e Caracciolo - Disco Volante - Wien
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5 Kommentare

HrMann: so isses, die Pizza ist ein neapolitanisches Heiligtum, was man von Nichtitalienern oft als Pizza verkauft bekommt, teilt mit dem Original nur die geometrische Form.

31. Aug 2013, 18:47·Gefällt mir1

Zum Thema Pizza: Ich habe nichts gegen die österreichische überladene Variante. Wenn ich mich darauf richtig einstelle und wenn ich sie auch so erwarte, dann schmeckt mir diese fette Pizza auch. EIn Problem wird es nur, wenn ich in AUT zu einem "Italiener" geh und dieser mir eine Pizza mit geriebenen 0815-"Pizza"-Käse serviert. Da denk ich mir schon, wo dieser seinen Anstand und seine italienischen Wurzeln liegen lassen hat.

21. Aug 2013, 08:56·Gefällt mir1

@selbsternannter Zustellkritiker Nachdem Du in Italien „seeeeeeehr viel Pizza gegessen“ hast„ (schreibst Du) „werde ich in Wien wohl nicht mehr so schnell Pizza essen können.“ Ist doch klar, mein Guter: Du hast Dich in Italien – bei allem Respekt - schlichtwegs überfre…!

2. Aug 2013, 15:45·Gefällt mir

aldebaran: Grazie duemila - e salutami la Valle della Murza ;-)

2. Aug 2013, 13:12·Gefällt mir

Fior di latte, selbstverständlich. Produkte werden vom Stiefel hierher importiert. Trotzdem: auch ich weiß, dass man die beste pizza napoletana auch nur in Napoli bekommt. Den Tag werde ich nie vergessen und ich weiß noch heute, wie sie ausgesehen und gerochen und geschmeckt hat ;-)

2. Aug 2013, 13:11·Gefällt mir
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