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Fr, 29. März 2024
adn1966
Experte
am 27. Juni 2013
SpeisenAmbienteService
Der Gusto auf Pizza kam überfallsartig. Die Liebste und ich wollten gerade das auf der Seilerstätte geparkte Auto besteigen und nach Hause fahren, wir hielten kurz inne und mein „Eine Pizza wäre jetzt schon was Feines“ wurde von der Liebsten mit einem „Let’s!“ beantwortet.

Rund 50 Meter weiter sahen wir das „Salieri“ und ich erinnerte mich daran, schon vor Jahren einmal in diesem Restaurant gegessen zu haben. Nun riecht es gastronomisch in dieser Gegend ja förmlich nach Touristenlokalen, entsprechend groß unsere Skepsis. In unser beider Erinnerung war das Lokal nicht negativ besetzt, ein kurzer Check auf ReTe offenbarte allerdings sehr durchwachsene Bewertungen. Für die Speisen gab’s kürzllich eine magere 2 von Nokomo, hautschi vergab eine 4, ein(e) TesterIn namens honig adelte das Lokal in einer recht kurzen Review sogar mit der Höchstnote, der Gastronaut wiederum war bitter enttäuscht. Nun ja, umso größer die Versuchung, sich selbst ein Bild von dieser Trattoria-Pizzeria zu machen.

Das Lokal ist recht groß und war bei unserem Eintreten schon beinahe voll. Der Hauptraum, in dem auch die Schank und die Küche sind, ist zur Gänze Nichtraucherbereich, unsere Frage nach einem Rauchertisch quittierte der freundliche Kellner mit der Auskunft, in einem zusätzlichen Gastraum im Keller, der zur Zeit allerdings nicht in Betrieb war, könne man rauchen. Er würde den Keller für uns allerdings durchaus öffnen und erleuchten, wir könnten gerne dort einen Tisch haben.

Um nicht ganz alleine im Keller zu sitzen, entschieden wir uns dagegen und beschlossen, auf die Zigarette zwischendurch und danach eben zu verzichten.

Das Ambiente lässt sich am Einfachsten mit „einfach und doch nicht unelegant, gemütlich, aber ohne Kitsch“ beschreiben. Sieht durchaus italienisch aus, recht nett. Die recht umfangreiche Karte bietet querbeet das Meiste, was einem zu italienischer Küche einfällt, Pasta, Fisch- und Fleischgerichte, sowie eine große Pizzaauswahl. Einige offene Weine, dazu eine separate Weinkarte.

Uns gelüstete es nach Pizza, wir bestellten wie folgt: die Liebste wählte eine Pizza Rusticana (Tomaten, Käse, Champignons, Artischocken, Oliven, Ei), als Extrawunsch Rucola instead of Ei, die Pizza schön knusprig und bitte scharf und mit Knoblauch. Ich entschied mich für eine Pizza Mafioso, die von vorne herein als scharf gekennzeichnet war, mit Tomaten, Käse, Schinken, Speck, Salami und Pfefferoni. Für mich sollte es ebenfals knusprig sein, schaaaaarf und mit Knoblauch. All das wurde vom Kellner notiert, zusätzlich empfahl er uns auf Nachfrage nach einem guten Chianti eine Flasche „Chianti da Vinci“, - sure, why not. Und eine Flasche San Pellegrino. Passt.

Der Mix des Publikums bestand vorwiegend aus Touristen, sowie offenbar Geschäftsleuten aus der Gegend. Das Lokal war mittlerweile zur Gänze voll, der Stresslevel von Service und Küche stieg merklich. Erstaunlich und erwähnenswert, dass trotz Stress in einem wahrlich nicht kleinem Lokal der Service tadellos funktionierte. Die Getränke kamen sehr schnell, und auch sonst merkte man die Aufmerksamkeit des Personals, das den Gastraum ständig im Blick hatte. Hier gab’s kein Herumstehen, plaudern oder mit den Handys spielen, ständig wurde serviert, abserviert, kasssiert, aber auch gefragt, ob alles in Ordnung sei.

Es kamen die Pizze. Sie sind recht groß, die Teigfladen, ohne aber über den Tellerrand zu hängen, preislich in der 10 – 13 Euro Gegend angesiedelt. Bei der Liebsten wurde der extra bestellte Rucola vergessen, ein Lapsus, den unser Kellner allerdings sofort korrigieren ließ. Verziehen. Das Olio di Peperoncino und der Knoblauch wurden separat in zwei Saucieren gereicht, es konnte also losgehen.

Das Fazit vorweg: ich habe schon viel schlechtere Pizze in Wien gegessen, ich habe einige, wenige, viel bessere gegessen, die mir allerdings in Erinnerung bleiben werden. Was ich hier auf dem Teller vorfand, kommt über die Worte „standard“ und „ja eh ganz gut“ leider nicht hinaus.

Mit Gott sei Dank frischen Champignons präsentierte sich die Rusticana der Liebsten tatsächlich recht knusprig. Artischocken ganz ok, der Schinken geschmacklich nicht schlecht, gleichwohl ich die verdächtige quadratische Form zu erkennen glaubte. (Es gilt die Unschuldsvermutung). Der Käse war in der Karte nicht als Mozzarella angegeben, sondern nur als „Käse“, und tatsächlich konnte dieser nicht sehr viel. Schon schlimmeres auf einer Pizza gesehen, aber auch schon viel besseres. Der Teig war insgesamt geschmacklich nicht schlecht, allerdings doch recht labbrig, speziell auf meiner „Mafioso“. Ich habe den Verdacht, dass der Pizzaiolo meinen Wunsch nach „knusprig“ der Tatsache geopfert hat, dass ihm das Ei in der Mitte des Fladens beinahe verbrannt wäre. Nun ja.

Auch die Salami auf meiner Pizza verdient maximal das Prädikat „standard“, allein der Speck war geschmacklich tadellos. Die auf der Karte angekündigte Schärfe fand sich in Form eines sehr kleinen, wenn auch frischen und durchaus potenten, ganzen, grünen Pfefferoni wieder, - lieb. Das separat eingestellte Pepperoncino-Öl war indes gänzlich jugendfrei und konnte die Pizza schärfetechnisch überhaupt nicht upgraden. Also fragten wir unseren Kellner, ob es wohl möglich wäre, noch zwei oder drei der kleinen grünen Dinger aus der Küche aufgeschnitten zu bekommen, es kam ein kleines Schüsserl mit geschnittenen roten Pfefferoni, die, what can I say, eh nicht schlecht waren.

Der Wein war, eh schon wissen, ganz OK, en lieu meines bestellten Ristretto bekam ich einen normalen Espresso, der ganz gut, wenn auch eben zu lang war. Dazu bestellte ich obligat einen Grappa, der, - richtig -, nicht schlecht war. Gibt’s sicher viel schlechter, ich hatte allerdings auch schon viel bessere und erinnerungswürdigere Grappe als Abschluss.

Einzig positiv bleibt somit der Service, der tatsächlich sehr korrekt, schnell und bemüht war. Das Essen schlug sich mit etwa 80 € zu Buche, auch hier kein Ausreißer in irgendeine Richtung.

Es ist so jammerschade, dass man aus einem Lokal in dieser Lage mit einfachsten Mitteln so viel mehr machen könnte, und diese Chance nicht nützt. Es gibt offenbar bereits ein gutes Team im Service und in der Küche, es bräuchte etwas Bewusstsein, dass schon ein paar Produkte aus einer Standardpizza eine sensationelle Pizza machen können.

Guter Schinken, Mozzarella, eine echte Unterscheidung zwischen scharf und nicht scharf, keine bloßen Absichtserklärungen in Form eines kleinen, recht verloren auf der Pizza wirkenden Pfefferoni. Erstklassiges Olivenöl, tadelloser Kaffee, der auf Wunsch wirklich als Ristretto serviert wird (wir sind in einem italienischen Restaurant, for God’s sake!) und Grappe, die man sich merkt.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der/die BesizterInnen entweder einfallslos sind oder den Mehrwert dieser kleinen Qualitäts-Upgrades nicht erkennen, - das Lokal ist ohnedies immer voll.
Hilfreich17Gefällt mir9Kommentieren
5 Kommentare

magic: besser ein hochgestochener Redner als ein niedergestochener!

29. Jun 2013, 10:03·Gefällt mir

Redest du eigentlich immer derart hochgestochen? Ist nicht böse gemeint, aber es fällt auf.

29. Jun 2013, 03:45·Gefällt mir

Ups ... jetzt wurde ich doch glatt ein Opfer der sequentiellen Rezeption, nicht antizipierend, dass natürlich auch die - wie immer - hervorragende Bewertung des Captains OBERHALB meines Kommentars zu liegen kommt. Zur Klarstellung: mit dem "weiter oben stehenden Mist" waren die zahllosen Lecker-Zweizeiler der jüngsten Vergangenheit gemeint. Nichts läge mir ferner als die tollen Beiträge von adn1966 in einer solchen Weise in Mißkredit zu bringen! Sorry für die gestiftete Verwirrung ;-)

29. Jun 2013, 01:39·Gefällt mir

Na hat sich ja doch noch ausgezahlt, mich durch den weiter obenstehenden Mist durchzuquälen ;-)

28. Jun 2013, 16:56·Gefällt mir

Mit Hilfe solch einer Bewertung, können wir uns vorstellen, mit welcher (Pizzen-)Performance wir dort rechnen können! :)

27. Jun 2013, 16:23·Gefällt mir1
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