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Fr, 29. März 2024
Gastronaut
Experte
am 28. April 2013
SpeisenAmbienteService
Nachdem in letzter Zeit so etwas wie ein kleiner Hype um das "ach-so-autentische" und "ach-so-scharfe" Chinarestaurant 27 geherrscht hat, wollte ich jetz auch wissen, was hier dahintersteckt. Positiv fiel mir als allererstes auch, dass hier auf jegliche Klischee-Deko verzichtet wurde und das Lokal vom Ambiente hell, schlicht, aber nicht kalt und umgemütlich eingerichtet ist. Und die Karte - also die "autentische" Karte und nicht jene mit den panasiatischen Allerweltsspeisen - verspricht tatsächlich einiges, von dem man bisher nur gehört hat.

Nachdem es in Wien tatsächlich immer noch schwer ist gute Dim Sums zu finden, starteten wir ebenso. Meine bessere Hälfte orderte die gedämpften Dims Sums mit Gemüsefüllung, ich Teigtaschen mit Schweinefleisch in pikanter Suppe. Wir bestellten beiden natürlich extra-scharf, da sich ja auch das Lokal selber damit rühmt besonders intensiv zu würzen. Die gedämpften Dim Sums zerfielen regelrecht. Aber nicht auf der Zunge, sondern bereits beim Aufheben. Der Teig war durch das offensichtliche Einfrieren zu spröde geworden. Geschmacklich waren sie zwar in Ordnung, scharf waren sie aber gar nicht. Schlimmer noch: Es wurde ein Schüsselchen Fertig-Chilisauce mit Knoblauch serviert, was eigentlich einer kulinarischen Ohrfeige gleichkommt.

Meine Teigtaschen mit Schweinefleisch waren auf alle Fälle mal zerkocht und unangenehm glitschig. Auch wenn hier vom Aroma alles gepasst hat, auch hier war nichts scharf. Die extrem fettige Suppe in der die Teigtaschen serviert worden waren, war bestenfalls leicht pikant.

Besonders gut waren hier dafür die beiden nächsten kleinen Speisen: Tofu mit eingelegten Enteneiern in Chilisauce. Das schimmernde Grün der Eier war zwar zunächste etwas abschreckend, die Soleier waren aber köstlich. Und der Tofu war von einer so überragenden Qualität und Konsistenz, dass er jene Speise war, wegen der alleine sich der Besuch ausgezahlt hat. Mariniert war das ganze in jener rötlichen Sauce, die hier offenbar über so ziemlich jede Speise gegossen wird. Weiters hatten wir noch gebratens Paprika mit Chili. Dieses kleine Gericht war zwar wieder nicht so scharf wie bestellt, aber knackig und aromatisch.

Als Hauptspeise entschied ich mich für Yu Xiang, also geschnetzeltes Schweinefleisch mit Gemüse. Ich hätte mich auch für viel Exotischeres entscheiden können, aber zum einen hatte ich gerade keine Lust auch Innereien, Bauchfleisch und Ähnliches, und zum anderen wollte ich eine einfache Basis-Speise haben, um zu sehen, wie scharf man hier auf der Scoville-Skala nach oben gehen kann. Natürlich habe ich bereits beim Bestellen gesagt, wie scharf ich es gerne hätte und betont, dass es mir ernst ist.
Voller Vorfreude erwartete ich dann infernale Geschmacksexplosionen in meinem Mund, doch das Feuerwerk entpuppte sich als kleiner Knallfrosch. Pikant? Ja, das war es. Scharf? Na ja, einer Schwangeren hätte ich es nicht gegeben, aber wirklich intensiv war es nicht. Das Gericht war ordentlich gekocht worden, das Fleisch war aromatisch und das Gemüse frisch und knackig. Aber der Kick hat absolut gefehlt. Nachdem ich ich etwa die Hälfte der Portion gegessen hatte und den Teller danach von mir wegschob, kam die Kellnerin und fragte mit einem Lächeln, ob es mir den zu scharf gewesen wäre. Natürlich habe ich ihr erklärt, dass ich den Teller aus Enttäuschung weggeschoben habe. Zwar hat sie sich sofort bereiterklärt, etwas zum schärfen zu holen, aber ich habe ihr verständlich gemacht, dass Nachschärfen einfach nur traurig ist und ausserdem den Salzgeschmack so sehr steigern würde, dass dann auch richtig gesalzenes Essen versalzen schmeckt...

Lange Rede - kurzer Sinn: Im Chinarestaurant 27 wird eigentlich gut gekocht, sie müssen nur das Glück haben auch frisch Gekochtes und nicht Aufgewärmtes zu bekommen. Und erwarten sie bitte nicht das ultimative Schärfe-Erlebnis, sie würden enttäuscht sein...
gebratenes Schweinefleisch mit Gemüse - Chinarestaurant No. 27 - Wiengebratenes Schweinefleisch mit Gemüse - Chinarestaurant No. 27 - Wiengebratene Paprika mit Chili - Chinarestaurant No. 27 - Wien
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14 Kommentare·Zeige alle Kommentare

wieder sehr merkwürdig. zu mir waren die kellnerInnen im tsing tao meistens freundlich, oft sogar humorvoll, brachten frische teller und gossen das wasser vom grünen tee nach, damit dieser nicht zu bitter wird. wein trinke ich dort nicht...

5. Mai 2013, 11:44·Gefällt mir

War auch schon dort und werde bald meine Bewertung schreiben. Vorerst paar kleine Bemerkungen: Dim Sum ist die kantonesisch-chinesische Aussprache für "Häppchen". Jede chinesische Provinz hat ihre eigene Spezialitäten, aber die ersten Überseechinesen kamen meistens aus Südchina z.B. GuangDong und bis heute ist es fast gleichgeblieben. Diese führten natürlich ihre Kochkunst inklusive Dim Sum nach Europa, USA usw. und wurden somit in der westlichen Welt zuerst bekannt. Kantonesische Kochkunst ist eine von den vier großen chinesischen Küchen und ist sehr sehr gut. Aber wer kantonesische Häppchen bzw. Geschmack in einer SiChuan-Küche sucht, wird sicher nicht fündig. Bezüglich Gastronaut's Teigtaschen in der Suppe, nach dem Foto zu urteilen ist dies ein populäres Gericht bzw. Häppchen aus SiChuan, "Hong You Chao Shou". Hong you bedeutet "rotes Öl" und Chao Shou ist ein sichuan-chinesisches Wort für Teigtaschen, die in einer Suppe gekocht und serviert werden. Sonst heißen diese auf mandarin-chinesisch "Hun Tun" und sind fast ganz China zu finden. Der Teig wird hauchdünn ausgerollt und beim Formen achtet man auf einen schönen flügelartigen Teigrand. Vom Foto aus zu urteilen sind diese nicht zerkocht, wie ich sie sonst auch kenne. Wenn man Hun Tun als glitschig empfindet, dann ist dies bedauernd. In Wien leben vergleichsweise nicht sehr viele Chinesen wie in z.B. London, wo das Leben in Chinatown auch ohne Fremdsprache gut funktioniert. Da besteht die größere Möglichkeit ein gutes authentisches China-Restaurant zu finden. Mehr zum Thema und Lokal werde ich in meiner Bewertung schreiben.

3. Mai 2013, 13:59·Gefällt mir2

Ganz ehrlich, ich habe noch nirgendwo in Wien wirklich köstliche Dim Sums bekommen. In London und New York war das natürlich kein Problem. Im Tsing Tao ist das Personal so unfreundlich und der Wein so schlecht, dass ich das Lokal meide. Und Aming isr leider nur durchschnittlich. Wer einen Tipp hätte: bitte gerne!

29. Apr 2013, 16:32·Gefällt mir1

also ich finde die dim sum beim tsing tao sehr gut!! :)

29. Apr 2013, 12:08·Gefällt mir

Dim Sum an sich sind ja nichts aussergewöhnliches, sondern eher ein leichter Snack. Ich weiss nicht wie hoch man da seine Ansprüche schrauben kann. Vielleicht bin ich einfach nicht Feinspitz genug um das beurteilen zu können.

28. Apr 2013, 23:41·Gefällt mir

Meine Meinungen zum Thema "Scharf" "Scharf" ist keine Geschmacksrichtung, sondern eine Schmerzempfindung ausgelöst durch chemische Verbindungen die bestimmte Nervenrezeptoren stimulieren. Es gibt verschiedene Arten von Schärfe: Indische Schärfe ist anders als Thailändische ist anders als Koreanische istanders als Chinesische. Ist sie im Mund oder eher im Bauch zu spüren? Was für mich (sehr) scharf ist, kann für andere Menschen gut gewürzt bedeuten oder einfach nur fad. Deshalb würde ich ein Gericht niemals nach der Schärfe beurteilen.

28. Apr 2013, 23:37·Gefällt mir2

@schlitzauge Im Aming war ich schon mal letztes Jahr. Das Dim Sum war schon gut, habs aber nicht aussergewöhnlich empfunden. Die anderen Speisen waren aber geschmacklich exzellent. Werde deshalb heuer wiedermal hingehen.

28. Apr 2013, 21:51·Gefällt mir
Gast123

@schlitzaugeseiwachsam habe das Amning Dim Sum Profi ausprobiert finde das Essen dort insgesamt großartig allerdings das Dim Sum nicht so gut wie im Buddha !

28. Apr 2013, 21:41·Gefällt mir

Aming Dim Sum Profi

28. Apr 2013, 21:34·Gefällt mir
Gast123

Mir schmecken Dim Sum am besten im Happy (Lucky) Buddha am gumpendorfergürtel! Aber das ist Geschmacksache, mein absoluter Favorit ist Bärlauch mit Garnele!

28. Apr 2013, 21:23·Gefällt mir
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