Freitag am Abend, Heimreise.
Es schneit, nein, es „fetzt“! Die Fahrt zurück nach Nordslowenien gehe ich also eher gemütlich an, ich habe Zeit, keine Verpflichtungen am Abend und ob ich um 10 oder 11 zuhause bin, ist ziemlich egal.
Fast egal. Ich habe noch nichts im Bauch. Um 11 noch zuhause kochen? Eher nicht. Und nicht jede Gasthausküche kocht bis 23 Uhr.
Die zündende Idee folgt sogleich: Am Weg von Friesach nach Klagenfurt kommt man unweigerlich an der Hirter Brauerei vorbei. Also schnell mal runter von der Schnellstraße und rein in die warme Stube.
„Stube“. Die Brauerei existiert ja schon seit dem 13. Jahrhundert, fast das ganze Dorf Hirt besteht aus alten Gebäuden, die zur Brauerei gehörten und gehören. Natürlich wurde der Betrieb im Laufe der letzten Jahrzehnte ordentlich erweitert und mit einem modernen Sudhaus ausgebaut.
Der Braukeller selbst liegt direkt der Hauptstraße der Ortsdurchfahrt.
Drinnen ist so einiges los, gerammelt voll ist das Lokal aber nicht.
Das Lokal hat zwei Gesichter: eins ist urig alt, mit wunderschönen Gewölben in den kleinen Extrastüberln, andererseits wurde der Innenhof mit den Arkaden zum Teil mit Glas überdacht und eingefasst, dazu ist der ganze Bau natürlich auch für Touristen ordentlich „aufgepeppt“ worden, mit eher zweifelhaftem Ergebnis. Klar, sogar in Oberitalien findet man immer wieder Bars und Restaurants, die Hirter Bier führen. Brauerei und Lokal sind also de facto eine kleine Touristenattraktion, mit der Möglichkeit, alkoholische und nichtalkoholische Erinnerungen käuflich erwerben zu können.
Ich bleibe also lieber im urigeren Teil des Lokals, mit Blick zur Schank. Dort unterhalten sich ein paar männliche Gäste mit der deftigen Chefin (?). Der Einschlag der norischen Region ist unüberhörbar:
„Jo wos wüllst denn duuu, du Scheißale duuu!“
Scheißale bestellt noch ein Bier und alle „kuttern“ um die Wette.
Dem hab ich nichts hinzuzufügen und beteilige mich am guten Gerstensaft: das „1270er“, an das Ursprungsjahr der Brauerei erinnernd, ist schön bernsteinfarben, fein malzig und bleibt schön stabil, da lässt man sich dann schon auch mal ein Großes rüberwachsen. Prost.
Ich brauch was Warmes im Bauch: ein Bier-Rahmsuppe. Mit getoasteten Brezenradln drin, wärmt, schmeckt.
Ein kleines Gulasch, allerdings extra mit Knödel: Knödel ohne Fehl und Tadel, das Gulasch gehört nicht zur schwer verdaulichen, dunkel-zirrhotischen Sorte. Schön fruchtig zwiebelig, wenn man bedenkt, dass die Küche fast schon am Schließen ist, schmeckt’s wie ganz frisch gemacht.
Ein „Vanillekipferlparfait“.
Da wir noch in der Adventzeit sind und nicht in der von Alfred Dorfer so herrlich beschriebenen „Zwischenkriegszeit“ zwischen Weihnachten und Neujahr, leide auch ich noch nicht an der von ihm zitierten „Vanillekipferlvergiftung“. Danke Fredi für dieses wunderbare Wortspiel!
Hübsch angerichtet, ein paar Rumkirschen dürfen am Teller auch „rumkirschen“. Wozu sich allerdings eine Kugel Eskimo-Vanilleeis mit dem Parfait messen muss, weiß wohl nicht einmal der Braumeister.
Ansonsten ist das Dessert ganz gut gelungen, das Vanillige funktioniert mit dem Bröseligen und den Fruchtsoßen ganz gut.
Fazit: das wohlverdiente Wochenende darf kommen. Gut gefüllter Magen mit tadellosem Essen und wirklich gutem Bier.
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magica: sag ich ja: welcher unreg ist schon ein Glanzlicht? ;-)
Perfect, amarone, Spitzenreview.
KEIN Glanzlicht - ganz unten.
Magica: welcher unreg ist ein Glanzlicht?
Amarone hat das doch so in seinem Profil stehen ... also kein Glanzlicht von einem/r unreg!
adn: Nö, ärgern tut sich höchstens der, der nicht über sich selbst lachen kann und alles "stolz und stramm" sehen muss.
;-)
Nicht ärgern, amarone. Toleranz, Humor und ein gesundes Verständnis von Ironie ist nicht jedermanns Sache. Ich fand "Guado di Lamento" jedenfalls genial.
Unreg: Ein Portiönchen Ironie ist zuviel? ;-)
Heimreise nach Nordslowenien? Fürchtest Du nicht die Ausbürgerung wegen Landesverrats? Fehlte nur noch, dass Du Guado di Lamento als Heimatstadt anführtest!