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Do, 28. März 2024

ON - Bewertung

uc0gr
Experte
am 11. September 2012
SpeisenAmbienteService
Endlich hat es mich einmal in das „ON“ verschlagen, das ich schon sehr lange besuchen wollte. Vergessen Sie alle asiatischen oder chinesischen Restaurants einmal und tauchen Sie in die völlig andere Fusionsküche von Simon Xie Hong ab, der sich gerne nur „Simon“ nennen lässt, da sein Nachnahme „Xie Hong“ (gesprochen „Schi Hong“) meist falsch ausgesprochen wird.

Simon Xie Hong wurde in Hangzhou geboren und wird schon in seiner Kindheit durch die reichhaltige und äußerst vielfältige, würzige Küche der Hafenstadt Wenzhou geprägt. Er studierte in China Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), arbeitete an der Uniklinik und wurde nebenbei auch staatlich geprüfter Koch. Von sich selbst sagt er: „Ich bin ein Pragmatiker mit Hang zum Idealismus“. Besonders auffallend und bemerkenswert ist jedoch, dass Simon Xie Hong im „ON“ moderne chinesische Küche mit dem Charme eines Wiener Beisels anbietet. Das Motto dahinter: „Man nehme chinesische Wurzeln und Traditionen, vermische sie mit einer Portion Experimentierfreude und Eigenwilligkeit, füge kulinarische Einflüsse aus allen Himmelsrichtungen hinzu und garniere das ganze harmonisch mit Sinneslust und Wiener Schmäh.“ So kann es dann schon zu echten Fusionskunstwerken kommen, Thunfischtartar trifft auf Kernöl, Wolfsbarsch trifft auf Sauerkraut,…

Selbständig machte er sich 2002 mit einem Partner und dem winzigen „ON" ursprünglich im achten Wiener Gemeindebezirk. Erst seit 2007 verwirklicht sich Simon als Inhaber des „ON“ in einem größeren Lokal mit Gastgarten in Wien-Margareten. Sein Bekanntheitsgrad erhöhte sich natürlich besonders, als er der Nachfolger von Patrick Müller als „Silent Cook“ für 28 Folgen im Fernsehen war (Link).

Das Lokal „ON“ hat zahlreiche Auszeichnungen:
(1) Á la Carte - 58 Punkte, ein Stern
(2) Falstaff - 80 Punkte, eine Gabel
(3) Gault Millau - 13 Punkte, eine Haube und
(4) Tafelspitz – 86 Punkte, Platz 2-Gewinner 2012 „Ethno“

Daher werde ich das „ON“ auch unter diesem Aspekt und in diesem Rahmen bzw. auf diesem Niveau etwas strenger bewerten.

Wie Simon schon auf seiner Homepage verspricht, „No Kitsch, no Lampions, no Glückskekse, no Pflaumenwein, no Glutamat,…“, so präsentiert sich auch das Lokal von außen und innen. Geradlinig, geschmackvoll aber sehr reduziert eingerichtet. Leider stehen auch hier die Tische teilweise recht eng beieinander. Von außen würde man das Lokal leicht übersehen, lediglich ein großer roter, beleuchteter Würfel schmückt den Eingang. Spätestens aber an der Eingangstüre und den zwei kleinen Vitrinen links und rechts vom Eingang weiß man, hier ist das „ON“. Zahlreiche Auszeichnungen und auch die Werbung für das völlig andere, unkonventionelle und empfehlenswerte Kochbuch von Simon „Vienna China Town“ zieren die Vitrinen. Direkt geradeaus vom Lokaleingang durch das Lokal geht es in den wunderschönen Innenhof mit üppigem Baumbestand, der eigentlich ein typisch Wienerischer Beisel-Gastgarten sein könnte. Die Tische sind erwartungsgemäß in weißes Tuch gehüllt und korrekt und freundlich eingedeckt. Von der nicht unfreundlichen Servicedame wurde ich relativ gleichgültig empfangen und in den Garten begleitet, wo ich mir einen der nicht reservierten Tische aussuchen konnte. Anhand der Täfelchen an den anderen Tischen war jedoch eindeutig zu erkennen, hier sollte man möglichst immer reservieren.

Rasch wurde mir die sehr üppige und lesenswerte Speisekarte gebracht. Besonders interessante Kombinationen aus der Fusionsküche Asia – Österreich waren hier zu finden. Gleichzeitig gibt es aber auch ein günstiges Wochen- bzw. Mittagsmenü, mit kleinen Kombinationsmöglichkeiten. Besonders erwähnenswert finde ich die Tatsache, dass der Tages- oder eigentlich Wochenteller auch am Samstag bis 18:00h gilt. Die Standardspeisekarte war zu einem Teil per Handschrift gefertigt, was ich besonders sympathisch und persönlich empfand. Manchmal entdeckte man neben einer Speise den Hinweis „Leider ausverkauft“, was mir persönlich besser gefällt, als immer alles anzubieten, auch wenn es der Markt eben derzeit nicht frisch hergibt. Hier steht die Frische der Produkte im Vordergrund.

Als Vorspeise bestellte ich das „Thunfischtartar mit Kernöl“ (EUR 7,50) – das Thunfischtartar wurde per Hand gehackt, mit etwas Tofu, Chili und Gewürzen mariniert und auf Kernöl gebettet serviert. Dazu reichte man frischen Lauch, eingelegten Ingwer und eine frische Zitrone. Das Thunfischtartar war geschmacklich und von der Qualität und Frische her einfach nur Top. Es harmonierte wunderbar mit dem Kernöl, was man gar nicht erwartet hätte – es war eine echte Geschmacksexplosion am Gaumen, wenn auch natürlich summa summarum sehr würzig. Der eingelegte Ingwer war nicht die Rede wert, die Zitrone mit zahlreichen Kernen zu servieren ist unangebracht und eines Lokals dieser Klasse unwürdig. Dann hätte man halt lieber eine Limette genommen – es hätte das nervige Heraussortieren der Kerne erspart. In Summe ein ausgezeichnetes SEHR GUT.

Die Hauptspeise bestand aus dem „Gan Bien vom Mangalitzaschwein“ (EUR 8,70 - aus der Tageskarte) – alleine die Kombination ist schon höchst interessant, der Geschmack war es aber noch viel mehr. Das Gemüse war äußerst knackig (Paprika, Zwiebel und Stangensellerie) und endlich wurde mit frischen Chilischoten gewürzt. Das Mangalitzaschwein war butterzart, sehr g’schmackig und von hoher Qualität. Es war auch ohne den sonst üblichen dicken Backteig sehr knusprig, jedoch wurde schon auch mit etwas Stärke nachgeholfen, die Schärfe war sehr gut und harmonisch. Der beim Gericht inkludierte Reis war leider pappig und verkocht – man hält ihn wohl im Reiskocher sehr lange warm. Für die Hauptspeise gibt es daher auch nur ein SEHR GUT, weil eben der Reis absolut nicht entsprach, sonst wäre es ausgezeichnet gewesen. Die Tatsache jedoch, dass man in diesem Lokal eine Speise auf einem abgeschlagener Teller serviert, ist meiner Meinung nach nicht zu akzeptieren und eines Lokals mit einer Haube ebenfalls nicht würdig. Sowohl Küche als auch Service mussten es bemerket haben.

Als Dessert bestellte ich die „Klebereisbällchen mit Sesamfülle“ (EUR 2,00) – die Klebereisbällchen waren nicht hausgemacht sondern so, wie man sie in den Asiamärkten als TK-Ware kaufen kann. Serviert wurden sie mit hellem und schwarzem Sesam, der aber vorher gut geröstet wurde. Die Fülle lässt sich geschmacklich am besten wie eine gute Mohnfülle, nur noch nussiger, beschreiben. In diesem Lokal aber und auf diesem Niveau kann ich nur ein mäßiges GUT geben, weil eben nicht hausgemacht.

Meine Getränke bestanden aus einem sehr gut gezapften und kühlen „Trumer Pils“ (EUR 3,70 das Krügel, EUR 3,10 das Seidel), einer ausgezeichneten Weinempfehlung zum Dessert, ein „Roter Muskateller 2011 – Alter Kirchenried (NÖ)“ (EUR 3,30 das Achtel) sowie einem ausgezeichneten „Espresso Piccolo“ (EUR 1,00). Die Weinkarte ist hier übrigens generell recht üppig und auch der berühmte, wenn auch etwas teurere „F.X. Pichler“ (Link) ist hier flaschenweise vertreten.

Summa summarum gibt es für die Speisen ein glattes SEHR GUT, das AUSGEZICHNET wurde da und dort leichtfertig verspielt. Die Produkte hier sind TOP, frisch und qualitativ hochwertig. Auch dass die Küche vom Garten her „offen“ einzusehen ist, ist für mich ein Qualitätsmerkmal – man hier nichts zu verbergen. Dass im „ON“ Glutamat keinen Platz hat, liegt auf der Hand und ist von mir nur zu bestätigen. „Stäbchenlegastheniker“, wie auch ich einer bin, erhalten selbstverständlich normales Besteck.

Zum Service ist zu sagen, dass er auch im Gastgarten stets präsent war, man fühlte sich manchmal schon eigentlich beobachtet, aber kein einziger Lächler oder ein „Hat es geschmeckt?“ kam dem Service über die Lippen. Ich bin sowieso kein Freund des „Umgarnen“ und „Umhegen“, aber eine gewisse Freude an der Arbeit oder Interesse am Gast sollte schon drinnen sein. Daher auch nur ein GUT, weil zwar alle sehr korrekt aber eher gelangweilt mit stoischer Miene ihre Arbeit verrichteten.

Dem Ambiente gebe ich gerne ein SEHR GUT, weil mir der Gastgarten irrsinnig gut gefallen hat. Wäre ich im Lokal gesessen, so hätte es nur ein glattes GUT gegeben. Dass es im „ON“ keine Stoffservietten gibt, hätte ich nicht erwartet. Die Sanitäranlagen sind sehr gepflegt, sehr sauber aber auch recht klein bzw. beengt.

Fazit: ich empfehle das Lokal unbedingt und mit ruhigem Gewissen, denn hier hat man ein Geschmackserlebnis der etwas anderen Art mit teilweise völlig überraschenden Kombinationen, die aber harmonieren. „Rinderwangerl mit Sojasauce und Szechuan-Öl“, „Kalbskutteln aus dem Wok“, „Mürbe Wok-Hühnerleber mit Jungzwiebel und Chilischoten“, „Sautierte Lammleber mit koreanischer Birne“ oder „Gedämpfter Branzino im Ganzen mit Sauerkraut (scharf)“ dürfen einem hier nicht abschrecken, sondern eher zum Probieren einladen. Die zahlreichen Auszeichnungen Jahr für Jahr kommen nicht von irgendwo, man kann es nachvollziehen. Die Preise sind natürlich etwas gehoben aber absolut nicht unangemessen oder gar unverschämt. Und der Tagesteller (Wochenkarte) ist trotz der tollen Qualität preislich sehr moderat. Eines sei noch angemerkt, Simon Xie Hong betreibt auch noch die „Chinabar“ in 1070 Wien und ist daher nicht immer im „ON“ anzutreffen. Das Küchenpersonal ist jedoch offensichtlich bestens geschult, sodass es zu keinerlei Qualitätsverlust bei etwaiger Abwesenheit des Chefs kommt. Unbedingt hingehen und ausprobieren, aber unbedingt reservieren!
Restaurant ON Visitenkarte Seite 1 - ON - WienRestaurant ON Visitenkarte Seite 2 - ON - WienRestaurant ON Öffnungszeiten - ON - Wien
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11 Kommentare·Zeige alle Kommentare

Soviel ich aus der Webseite des Restaurants entnehmen kann, wird der Familienname 謝 geschrieben. Transliteration (hochchinesisch): "xie", Aussprache (so ungefähr auf deutsches Niveau gebracht): shi-éh; Akzent/Stress auf letzter Silbe. Nachschlagen im Chinesisch Wörterbuch, bitte. Übrigens, Bücher können auch Fehler enthalten. "Unregisterd", bitte sich nicht auf was versteifen, wovon Sie anscheinend wenig Ahnung haben...

30. Apr 2013, 14:52·Gefällt mir
Unregistered

Zitat aus Simon's Kochbuch: "..."ich bin ein Pragmatiker mit Hang zum Idealismus" sagt Xie Hong - gesprochen Schi Hong. Weil die meisten Leute seinen Namen falsch verstehen, lässt er sich Simon nennen..."

23. Apr 2013, 00:32·Gefällt mir

Aussprache des Familiennamens "Xie" ist nicht "Schi", sondern "Schi-eh" (das "sch" ist mehr gezischt als im Deutschen)…

13. Apr 2013, 11:42·Gefällt mir

Gut essen und trinken und ab und zu eine hoffentlich hilfreiche Bewertung für andere Menschen schreiben ist mein Hobby ;)

25. Mär 2013, 18:33·Gefällt mir5

Ich mag mein Hobby ;)

25. Mär 2013, 18:32·Gefällt mir

Und du könntest einen Deutschkurs belegen!

25. Mär 2013, 17:26·Gefällt mir
flo

hast du kein leben? bzw. such dir ein hobby...

25. Mär 2013, 16:59·Gefällt mir

Auch dem Captain ein herzliches "Danke!" Gerry

11. Sep 2012, 14:58·Gefällt mir

Klingt sehr interessant, vor allem die kreativen Kombinationen. Ausgezeichneter Bericht, danke, Gerry.

11. Sep 2012, 14:31·Gefällt mir1

Danke, eho, Danke! Gerry

11. Sep 2012, 14:20·Gefällt mir
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