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Do, 18. April 2024

Gasthaus Wagner - Bewertung

Otternase
am 31. Mai 2011
SpeisenAmbienteService
Nachdem man sich hier auf Restauranttester.at noch vor wenigen Wochen der euphorischen Berichte über das GASTHAUS WAGNER kaum erwehren konnte, beschließe ich, mir von den kulinarischen Schätzen der Wagner’schen Küche selbst ein Bild zu machen. Also mache ich mich auf den Weg in die Schlachthausgasse und will mich sogleich an den vielgepriesenen Köstlichkeiten delektieren. Samstag Mittag wäre doch ein guter Zeitpunkt für eine kleine Schlemmerei, denke ich.

Ich betrete das gut besuchte Lokal und werde von einer Dame unverzüglich mit den Worten „G'hern se zu jemaundn dazua?“ herzlich willkommen geheißen. Als ich dies verneine, werde ich sofort weiter aufgeklärt „Mir san a g’schlossane G’söschoft“. Ob sich diese Aussage auf den Alkoholisierungsgrad des anwesenden Publikums bezieht, wage ich nicht zu sagen. Die ersten Blicke auf das Lokalinnere zeigen mir ein ganz schlicht eingerichtetes Wirtshaus mit einigen resopalbeschichteten Tischen und Bänken im Gastraum. Gleich neben dem Eingang befindet sich eine „Budel“, die von zahlreichen Biertippleren und Spritzweintrinkern umstellt wird. Unverrichteter Dinge und etwas skeptisch gestimmt breche ich wieder auf.

Der zweite Anlauf erfolgt eine Woche später … ohne mich genau informiert zu haben und im Irrglauben, dass das GASTHAUS WAGNER samstags geöffnet hat, stehe ich vor verschlossenen Türen - Pech gehabt. Ich muss mein „Wagner-Projekt“ auf unbestimmte Zeit verschieben.

Heute ist es endlich so weit, beim dritten Versuch komme ich ohne Hindernisse ins Innere des Gasthauses. Es ist kurz nach 19.00, das Lokal ist fast komplett leer, nur ein einziger Gast steht an der Schank und trinkt seinen G’spritzten. Ich nehme Platz, bestelle bei einem flinken jungen Kellner ein Seidl und lese die Karte. Die Auswahl ist durchaus überschaubar: Schnitzel, Backfisch, Gulasch, Grillteller, Zwiebelrostbraten, das Üblich halt … nein – sogar Würstel mit Saft und Eiernockerl werden angeboten ;-)

Ich frage nach der heutigen Tagessuppe, es ist eine Brokkoli-Lauch-Knoblauchbrühe – hört sich komisch an, ist es wahrscheinlich auch. Und was soll man sonst noch essen in einem echten Wirtshaus? Also ein Gulasch bitte! Der Chef meint, mit Gulasch schaut es schlecht aus. Weil der kommende Donnerstag ein Feiertag ist, habe er diese Woche gar keines gekocht. Und letzte Woche wäre es ihm schlecht geworden (ihm aufgrund des Gulaschs oder das Gulasch selbst?).

Der junge Kellner schlägt einen Grillteller vor. „Schaut aa schlecht aus“, meint der Chef, weil kein Rostbraten da wäre. Ich frage, was denn heute gut aussehen würde. „A Presswurscht, a guade!“ ich lehne dankend ab, da ich etwas Warmes speisen möchte. „No daunn vielleicht g’reste Knedln mit Speck und Ei“ - also gut her damit.

Dem Chef sitzt der Schalk im Nacken, er serviert die BLK-Suppe mit den Worten „Schaut net schee aus, schmeckt oba!“ Ich nehme den ersten Löffel um seine Worte zu prüfen und kann leider nur seine erste Behauptung bestätigen. Die Temperatur der Suppe ist knapp unter lauwarm, hat vermutlich noch nie ein Brokkoli-Röschen zu Gesicht bekommen und schmeckt noch am ehesten nach Knoblauch. Mehr als die Hälfte schaffe ich beim besten Willen nicht. Der junge Kellner serviert ab und fragt ob es mir denn nicht geschmeckt hätte. Er bietet an, die Suppe noch einmal aufzuwärmen - nein danke, ist nicht nötig.

Voll Spannung warte ich auf die gerösteten Knödeln. Die in einer Tonschale angerichteten Knödeln sehen appetitlich aus, und der erste Bissen ist auch gar nicht übel. Der dazu servierte Eisbergsalat ist in gefällige Stücke geschnipselt und schön knackig. Leider ist die Salatmarinade völlig geschmacklos und besteht fast nur aus Öl und Wasser, schade drum. Nachdem ich mich durch die oberste Knödelschicht gegessen habe, stoße ich auf einige Fleischstücke. Außer dem angekündigten Speck ist auch noch allerlei anderes wie z.B. Geselchtes verarbeitet worden. Ich beiße mehrmals auf einige Knorpel und Flachsen und muss deshalb auch meinen Hauptgang vorzeitig beenden.

Obwohl mich die Salzburger Nockerl interessiert hätten (aber ich weiß ja nicht ob die Chefin Zeit hat – siehe Foto!) nehme ich zum Abschluss nur die Marmelade-Palatschinken. Diese sehen köstlich aus und schmecken relativ gesehen sehr gut, auch wenn die Marmelade wahrscheinlich aus dem 2kg-Pomona-Kübel stammt.

Mittlerweile sind einige Stammgäste im GASTHAUS WAGNER eingetrudelt und bevölkern die Schank. Man unterhält sich angeregt, alle sind untereinander befreundet. In Wien sagt man „der Schmäh rennt“. Ich bin froh, dass es solche täglichen Treffpunkte noch gibt, wo vielleicht auch ältere, alleinstehende Menschen eine „Ansprache“ haben und Kontakte pflegen können und miteinander essen.

Aber die vielen 5-5-5 Wertungen sind maßlos übertrieben und entsprechen (leider) in keiner Weise der Realität.
Gasthaus Wagner - WienDas neue Gegenüber des Gasthauses Wagner.
Hier rettete man im Mautner ... - Gasthaus Wagner - WienGasthaus Wagner - Wien
Hilfreich22Gefällt mir8Kommentieren
7 Kommentare

11 von 11 hilfreich das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Soviele Hilfreich Votings hab ich bei über 200 Bewertungen net bekommen. Darauf kann sich jeder selbst einen Reim machen. :-)

15. Jul 2011, 23:50·Gefällt mir
Unregistered

nicht äpeln mit birnen vergleichen!! gutbürgerliche küche zum vernünftigen preis. venn vor der tür eine tafel mit der aufschrift geschlossene gesellschaft steht und ich nicht zu dieser gehöre würde ich auch nicht hinein gehen. die tische (übrigens immer sauber) sowie der eiswürfelbereiter wären mir persönlich recht egal, wenn ich einen kalten ausgezeichneten spritzer bekäme. dem wirt ( mir ) wurde übrigens nicht vom gulasch schlecht. in den gerösteten knödeln mit ei waren rohschinkenwürfeln und zwiebel. in der suppe waren auf 10 lt suppe 6 kg frische broccoli sowie frischer lauch. dass eine tagessuppe täglich morgens gekocht wird ist glaube ich auch normal. wenn sie mir zu kalt wäre würde ich jemanden bitten, sie doch etwas zu erwärmen (technik vorhanden) pomona marmelade kommt von der schwiegermutter aus dem weinviertel. salzburger nockerln dauern ca. 40 min.-fragen kostet nichts! zum samstag: die öffnungszeiten sind gut leserlich am eingang angebracht. liebe grüße auf ein neues

15. Jul 2011, 16:55·Gefällt mir
Unregistered

Man sollte den Unterschied zwischen einem Restaurant und einem Gasthaus erkennen :-)!!!

14. Jul 2011, 19:03·Gefällt mir

Danke für das viele Lob :-) Es beflügelt mich eifrig weiterzutesten und auch vor kulinarischen Abgründen nicht halt zu machen!

31. Mai 2011, 17:35·Gefällt mir3

*hach* das geht doch runter wie Öl...! Vielen Dank für diese herrlich lustig-satirische Bewertung ;)

31. Mai 2011, 13:34·Gefällt mir

Danke für den tollen Bericht! Jetzt hat man endlich ein realistisches Bild dieses Lokales, punktemäßig hat es jedoch nach wie vor ungerechtfertigterweise Höchstwerte! Lieber Admin, vielleicht finden wir auch dafür noch eine Lösung, wo vieles gerade in Veränderung ist. Das wäre meiner Meinung nach sehr wichtig für dieses Forum.

31. Mai 2011, 12:43·Gefällt mir1

Das freut mich, das hier jemand den Mut hat, das Lokal zu überprüfen und dann mit einer aussagekräftigen Review informiert. Danke

31. Mai 2011, 09:34·Gefällt mir
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