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Sa, 20. April 2024
Boonz
am 22. März 2016
SpeisenAmbienteService
Afrikanisch Essen - muss man dazu Student im 24. Semester sein oder überzeugter Grün-Wähler?

Seit Jahren schon interessierte es mich wie das Essen in diesem Restaurant wohl ist. Glücklicherweise konnte ich einen Freund finden der genauso interessiert daran war und mich motiviert begleitete.

Afrikanische Restaurants sind bei uns selten, sehr selten und irgendwie hat man auch sehr wenig Zugang zu dieser Küche. Was isst man wohl in afrikanischen Ländern, ist Äthiopien nicht furchtbar arm? Fleisch, Brot, Gemüse? Gibts mehr?

Also die Karte durchgesehen beim ersten Besuch - es gibt Fleisch, Brot, Gemüse.

Das Ambiente ist ungewöhnlich, denn es handelt sich um ein zweckentfremdetes Wiener Cafe. Teilweise wurde nicht einmal die Aufschrift des alten Cafes entfernt. Afrikanische Gelassenheit, fehlendes Gefühl für das Schöne oder rechtlich bedingt? Wir wissen es nicht. Das Lokal wirkt entspannt, wie eine Zeitmaschine in die 80er (oder so halt), aber jeder XXXLutz versprüht in der Deko Abteilung mehr Afrikafeeling als das Restaurant hier. Irgendwie Schade, es muss sich doch eine Gruppe motivierter Afrikanistikstudenten finden lassen, die hier mal dekorativ unter die Arme greifen.

Weiter zum Wesentlichen:

Die Idee das Essen mit den Fingern zu essen ist eigentlich das interessanteste.

Wie auf der Homepage ersichtlich, als auch hier bei den Tests zu lesen, wird Fleisch und Gemüse auf so etwas wie sauren Palatschinken serviert. Diese haben dabei aber eher die Konsistenz von einem dünnen Schwamm (wie hier weiter unten schon erwähnt).

Da ich keinerlei überschwänglichen Afrikagefühle in mir habe, einfach aus dem Grund, dass ich noch nie dort war und keinen Bezug zu diesem Land habe (außer durch König der Löwen), habe ich das alles neutral betrachtet und mich überraschen lassen.

Der Test soll zeigen wie das Restaurant für einen Durchschnittsbesucher ist. Ich esse gerne asiatisch, amerikanisch, österreichisch, den Rest so wie es sich ergibt.

Unsere Bestellung am besagten Tag war eine Platte für zwei Personen. Darauf die erwähnten sauren Palatschinken, Rindfleisch mit Sauce, Lammfleisch mit Sauce und Gemüse. Getrunken wurde ein klassisch afrikanisches Murauer Bier - importiertes gibt es leider nicht.

Das Essen wurde sehr freundlich und sehr schnell serviert - in einer flachen, großen Metallschüssel mit einem Strohhut zugedeckt. Der Kellner, welcher auch der Chef zu sein scheint, erinnert an den Helden aus "Die Götter müssen verrückt sein" und hat ein wirklich mitreißendes Lächeln.

Irgendwie spricht so eine Platte Essen immer einen Urinstinkt an und macht glücklich. Leider muss man aber sagen, dass das Essen jetzt nicht sonderlich liebevoll darauf angerichtet wurde. Zu gleichen Teilen zwar für zwei Personen, aber doch sehr simpel.

Die Palatschinken (zwecks leichteren Verständnis so benannt), sind kalt und feucht. Authentisch ungewohnt. Ich hätte lieber etwas wie echtes Fladenbrot gehabt oder Tortillas, aber authentisch ist kein Wunschkonzert. Für Mitteleuropa halt ungewöhnlich, man merkt deutlich, dass es kein für uns typisches Mehl ist.

Das Rindfleisch erinnert geschmacklich an Gulasch und ist ganz gut, das Lammfleisch ist auch angenehm, aber nicht zu stark oder zu schwach gewürzt. Daneben liegt gekochtes Gemüse und etwas Salat.

Gesamt gesehen muss man sagen, dass es weniger afrikanisch schmeckt als angenommen (von den Palatschinken abgesehen), aber einen nicht von den Socken haut. Es ist was es ist - simples Essen aus einem Land mit eingeschränkten Ressourcen.

Als Nachspeise wird das einzige echte äthiopische Getränk auf der Karte bestellt, ein süßer Wein.

Der Wein schmeckt wie eine Mischung aus Traubensaft und Honigmet mit einem deutlichen Gärgeschmack. Nicht umwerfend, aber authentisch (denk ich halt). Serviert wird der Wein in kleinen Flaschen die wie mini Karaffen oder dickbauchige Reagenzgläser aussehen. Sieht nett aus, wir fragten uns nur ob man diese überhaupt gut auswaschen kann.

Der Preis für beide Personen war günstig, die Menge eigentlich auch ausreichend. Afrikanische Nachspeisen gibt es leider nicht.

Zum Ende hin wurde der Service dann auch sehr schlecht, da sich der Chef irgendwohin verdrückte und die Angestellte bzw. seine Frau, sich lieber mit einer Freundin unterhielt. Afrikanische Gelassenheit ist vielleicht authentisch, aber beim Service eher fehl am Platz.


Fazit: Jeder der Mal Afrika auf der Speisekarte abhaken will, sollte dort vorbei schauen. Ich bin aber offen für Vorschläge, was professionellere afrikanische Restaurants angeht.

Im Endeffekt wurden meine Erwartungen völlig erfüllt:

Die Zielgruppe sind eher die Studenten vom Afrikanistik Institut und das Essen ist nicht schlecht, aber eben sehr simpel.

Ich bin überzeugt, dass es in Äthiopien, als auch auf dem ganzen Kontinent, vereinzelt umwerfende Gerichte geben wird, das Interesse diese hier anzubieten ist jedoch offenbar gleich Null - denn nicht einmal bei der Einrichtung ist viel von Liebe und Kreativität zu spüren.

Nochmal werde ich dort vermutlich nicht Essen, bereut habe ich es jedoch auf keinen Fall.
Hilfreich12Gefällt mir11Kommentieren
1 Kommentar

Afrika ist natürlich riesig und sehr divers. In Teilen Westafrikas wird angeblich fürchterlich scharf gegessen.

22. Mär 2016, 11:06·Gefällt mir
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