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Fr, 19. April 2024

mochi - Bewertung

Schirmmann
am 25. August 2014
SpeisenAmbienteService
Das Mochi liegt auf dem Weg von der Innenstadt zum Prater in einem ruhigen Teil der Praterstraße. Herausragendstes Merkmal ist ein echt einladender Schanigarten, der größer ist als das ganze Lokal. Nach eigener Angabe verbindet das Mochi "traditionell japanische Esskultur mit Einflüssen der verschiedensten internationalen Küchen". Das merkt man auch sofort, wenn man einen Blick auf die Karte wirft: Gefüllte Pimenta, Kimchi, usw. Die sowieso schon nicht sehr japanischen Uramaki werden Inside-out Rolls genannt. Es handelt sich also nicht nur um Fusion- sondern auch um sehr modernes asiatisches Essen. Das setzt sich beim Ambiente fort: Die Musik ist modern und soulig und hat ganz und gar nichts japanisches an sich. Gefühlte zehn Mal mussten meine Ohren an nur einem Abend "Son of a Preacher Man" über sich ergehen lassen. Auch die modern künstlerisch gestaltete Unisextoilette ist das genaue Gegenteil von dem was man von einem japanischen Restaurant erwartet. Richtig störend bei der Einrichtigung sind die kleinen Tische, die vor allem im Winter noch dazu sehr nahe beieinander stehen, und jede Privatssphäre im Keim ersticken. Die Kellnerinnen wirken für konservativere Gemüter etwas zu..... progressiv, sind aber höflich. Kurz zusammenzucken musste ich nur, als meine Aussprache von Edamame forsch korrigiert wurde. Es versteht sich von selbst, dass ich selbst nach einem halben Dutzend Besuchen noch nie einen Japaner dort enteckt habe.

Zwischenresümée: Japanisch ist am Mochi nicht viel. Es handelt sich also eher um einen Nachfolger des Dots (um das es ja in den letzten Jahren eher ruhig geworden ist) - nicht um Konkurrenz für das Unkai oder Nihonbashi. Aber wer einen Fisch an seiner Fähigkeit auf Bäume zu klettern beurteilt, tut dem Fisch bekanntlich Unrecht! In diesem Sinne:

Die Karte ist übersichtlich - sie passt bequem auf ein Blatt. Im Gegensatz übrigens zur Getränkekarte, die ihren Namen auch verdient. Das Essen kommt schnell und die Einsehbarkeit der Küche (wenn man drinnen sitzt) schafft Vertrauen beim Gast.

Das Gyu Tataki, ein sehr kurz angebratenes Rind, ist recht säuerlich; um genau zu sein besteht das Gericht zum Großteil aus Rettich (Daikon Oroshi). Schon der Koriander ist manchen zu intensiv, aber selbst wer ihn mag wird mitunter von der ungleichmäßig verteilten Schärfe des Gerichts abgeschreckt. Die gute Fleischqualität entschädigt für die kleine Portion.

Das Mochi for Two kommt in drei Gängen: Der erste ist Sashimi auf ebenfalls sehr viel Rettich; der Oktopus wird mit billiger Teriyaki-sauce übertüncht - dabei wäre er allem Anschein nach sowieso frisch. Der zweite sind je zwei Lachs, Butterfisch und Garnelen - also das billigste vom billigen. Beim Butterfisch handelt es sich außerdem um eine Wiederholung vom ersten Gang. Der dritte Teil sind Kappamaki (Gurken), Avocado mit Rogen außen und Tempura-maki mit Lachs außen - wieder mit dieser fürchterlichen Teriyaki-sauce. Letztere beiden sind außerdem aneinanderklebend - hoffentlich absichtlich. Der Fisch ist oft sehr dünn geschnitten - nicht hira-zukuri sondern (von der Dicke her) ito-zukuri; außerdem nicht ganz konstant. Es ist traurig, aber herausragend ist das Gari (Ingwer).

Der gegrillte Lachs ist ein ordentliches Stück (auf einem Bananenblatt??) mit viel Jungzwiebel. Trotz seiner Dicke ist es ganz durch und dementsprechend trocken - nicht jedermanns Sache. Der Gurkensalat ist wieder etwas unpassend scharf geraten. Nicht originell aber gut ist der Beilagenreis mit weißem Sesam. Zusätzlich zur reichlichen Sauce gibt es noch eine extra-Schüssel mit noch mehr davon - man weiß was man der österreichischen Klientel schuldet.

Die Spicy Tunarolls gelten als Spezialität des Hauses und enttäuschen nicht.

Die Nachspeisen sind kreativ, aber nur drei an der Zahl und dementsprechend bald hat man sie satt; das gilt vor Allem für das Sake Calpico - ein ganz ordinäres Kakigōri ("geschabtes" Wassereis) bei dem man nach drei Löffeln schon wieder aufhören möchte.

Die Sakeauswahl ist begrenzt und der Reiswein kommt außerdem nur in kleinen Flaschen daher.

Bei alledem stört, dass es das Mochi verstanden hat bei jedem Besuch einen kleinen Hygiene-Faux Pas zu begehen: Die Stäbchen sind immernoch nicht einzeln verpackt, auffallend viel vom Geschirr hat im Laufe der Zeit Sprünge abbekommen, mal ist ein Reiskorn in der Sojasaucen-Schüssel, mal außen auf einem Maki. Unterm Strich kann ich mich leider trotz sehr viel gutem Willen (siehe oben) nicht mit dem Mochi identifizieren.
Hilfreich23Gefällt mir14Kommentieren
2 Kommentare

Gut gebrüllt, Löwe! Nagel auf den Kopf getroffen.

27. Aug 2014, 12:16·Gefällt mir1

Schöner Bericht, bitte mehr davon!

25. Aug 2014, 16:08·Gefällt mir3
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