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Do, 18. April 2024

Panoramaschenke - Bewertung

uc0gr
Experte
am 17. Juli 2014|Update 18. Jul 2014
SpeisenAmbienteService
Ja, die gute alte „Panoramaschenke“ – eine wahre Institution in Favoriten, wenn es um festliche Familienfeiern oder gediegenes Familienessen ging. Bereits 1974 wurde das Lokal am nordöstlichen Rand des Kurparks Oberlaa, früheres WIG-Gelände („Wiener Internationale Gartenschau 1974“), errichtet und damit dürfte die Familie Eitljörg, wohl ein goldenes Näschen gehabt haben. Viele Ausstellungsgelände oder Olympiaparks verwaisten nach der jeweiligen Veranstaltung, nicht so der Kurpark Oberlaa, eine nach wie vor extrem beliebte Freizeitoase der Bevölkerung in und um Favoriten. 1995 wurde das Lokal dann recht umfangreich umgebaut und erweitert.

Im Familienbesitz sind mittlerweile ein Hotel, eine Pension, das Restaurant „Panoramaschenke“ und das Ristorante „Don Alfredo“ – der Filmteich ist also offensichtlich in fester Hand von Eitljörg, was ich persönlich immer eher negativ empfinde, da es keine natürliche und echte Konkurrenz gibt, wo Nachfrage und Angebot die Qualität bestimmen, und nicht der Monopolismus herrscht.

Vor dem Hotel gibt es ein paar hauseigene Parkplätze, mehr davon in der Filmteichstraße – also relativ problemlos die Anfahrt mit dem Auto. Wer gerne etwas Alkohol trinkt, hat auch den Bus der Wiener Linien direkt vor der Haustüre.

Ein kleines, aber nettes Foyer, wo diverse Speisenangebote angepriesen werden, muss man noch durchschreiten, vorbei an der großen Schank und auch noch durch die sehr großen Gasträume hindurch in den Gastgarten (bei Schönwetter natürlich). Bereits an dieser Stelle möchte ich bemerken, drinnen möchte ich nicht so gerne sitzen. Hier präsentieren sich die Gasträume des Lokals mehr als die für ein Hotel so typischen, nüchternen Speisesäle, denn als gemütliches Restaurant. Ein langer Tisch ist besonders schön eingedeckt, das dürfte wohl der „Schautisch“ sein, findet man doch genau dieses Szenario immer und überall im Internet, wenn es um die Panoramaschenke geht. Ein Speisesaal wurde in einem Wintergarten geschaffen, aber trotzdem ist es ein „Speisesaal“. Auch das Interieur ist auffallend nicht mehr zeitgemäß sondern eher „überwutzelt“ – 1995 ist halt auch schon fast 20 Jahre her…

Den Gastgarten, der in einen Gastgarten und einen Biergarten (rustikaler) zweigeteilt ist, finde ich jedoch sehr adrett und gemütlich. Riesige, wirklich riesige Sonnenschirme beschatten den Gastgarten, im Biergarten verrichtet diese Arbeit eine riesige Markise. Zur Auflockerung im Gastgarten ein Wasserspiel, das aber eigentlich unter tags völlig untergeht, vielleicht ist es erst bei Dunkelheit durch die Beleuchtung aparter.

Die Speisekarte, flugs durch einen außerordentlich netten Kellner gebracht, verheißt üppige, lukullische Genüsse quer durch die Küchen von Wien, Österreich und Böhmen. Die „Panoramaschenke“ hat keinerlei Auszeichnungen oder Hauben, die Preise sind aber für ein Restaurant in Favoriten definitiv etwas gehoben – daran wird natürlich auch die Qualität von mir gemessen.

Zu trinken hatten wir „Clausthaler Alkoholfrei“ (EUR 4,00) – zwecks „Erinnerung“ wenigstens im „Budweiser“-Glas, aber leider das wohl schlechteste aller alkoholfreien Biere, zwei „Eistee Leitungswasser“ (EUR 2,90/0,5l), Leitungswasser wird nicht extra verrechnet, sowie einen grenzwertig schmeckenden „Doppelten Espresso“ (EUR 3,90) vom Meinl.

Einmal die „Eierschwammerl-Cremesuppe“ (EUR 4,80) – diese war jetzt optisch nicht der Renner und auch zu stolzem Preis (gute 66,- ÖS, dafür hätte man früher die Wirtsleut‘ wohl durchs Dorf gejagt), aber sie war geschmacklich sehr gut. Die Eierschwammerl wurden nicht zu Tode püriert, es waren durchaus auch noch Stückchen vorhanden. Nicht zu sehr eingedickt, nicht zu viel Obers, eine durchaus erfreuliche Suppe, die ein SEHR GUT verdiente.

Einmal die „Grießnockerlsuppe“ (EUR 3,90) – eine sehr brav gefertigte Rinderbouillon, die den Namen auch zu recht trug. Etwas zu lind, aber trotzdem offensichtlich mit Knochen, Fleisch und Wurzelwerk gut angesetzt. Das Grießnockerl offensichtlich hausgemacht, flaumig, buttrig, passt. Die beste Tochter von allen war entzückt und daher ebenfalls ein glattes SEHR GUT.

Einmal die „Spaghetti Bolognese“ (EUR 8,50) – diese wurden als Hauptspeise bestellt, da sie sonst nur in der Kinderkarte angeboten werden. Daher gleich ein „Danke“, dass man hier auch flexibel genug ist, und der Dank der besten Tochter von allen ist dafür gewiss. Die Sauce Bolognese war tatsächlich recht gut, ganz offensichtlich gab man ihr auch die Zeit zum Einkochen, vermisst habe ich aber die klassische Stangensellerie – den Geschmack kann man nicht übergehen. Die Nudeln waren darüber hinaus völlig weich gekocht, keine Spur von „al dente“ und der Parmesan kommt hier aus dem Sackerl – leider nur ein MÄSSIG.

Einmal die „Gebackene Steinpilze mit Sauce Tartare“ (EUR 18,50 - Tageskarte) – eigentlich kosteten sie laut Tafel nur 17,50, es ist mir aber beim Bezahlen leider nicht aufgefallen. Also mehr als gute alte 250,- Schilling (ja, ich bin noch manchmal so ein schillingprüfendes Urgetier) für diese Speise zu verlangen, ist schon etwas frivol. Keinerlei Beilage dazu, außer einer, zugegeben hausgemachten aber auch völlig versalzenen und, wie fast immer, in maximal homöopathischer Menge dazu gereichten Sauce Tartare. Die Panier war gut, die Pilze gut abgetropft, aber auch ganze fünf Stück davon matschig-weich, also nicht mehr frisch. Ein glattes MÄSSIG.

Extra einmal den „Gemischten Salat“ (EUR 3,80) – der Salat präsentierte sich mit ganz guter, eher würziger Marinade und einer sehr kleinen Menge vom guten Kernöl - der Preis auch hier wieder stolz. Die Küchenarbeit war offensichtlich deutlich grobmotorisch: große Salatblätter und eine Tomatenscheibe dick, ungleichmäßig und natürlich mit Strunk geschnitten. Die Blattsalate waren jedoch frisch, keine schlechte Stelle, wie so oft, war zu finden. Trotzdem, um diesen Preis leider nur MÄSSIG.

Einmal die „Nougat-Nusstorte“ (EUR 3,70), die der besten Tochter von allen sehr gut schmeckte. Hausgemacht ja, nicht zu geil, sehr nussig – GUT aber nicht bemerkenswert oder gar günstig.

Einmal die „Variation von Böhmischer Desserts“ (EUR 7,80) – da hat man es mit mir wieder einmal nicht leicht, weil…originale „Böhmische Powidltascherl“ (hier aus Topfenteig) werden stets aus Kartoffelteig gemacht, wie ich von meiner Urgroßtante, einer altböhmischen Köchin, bereits als Kind lernen durfte – meine beste Tochter von allen war übrigens DER Star im Kindergarten, weil sie noch eine Ur-Urgroßtante hatte, aber das ist eine andere Geschichte. Auch die heute immer wieder gesehene „Nudelteig-Variante“ der Powidltascherl ist nicht original, dafür aber um einiges leichter. Darüber hinaus haben Nougat-Knödel ebenfalls keinerlei historische Verankerung in der „Böhmischen Küche“, sind aber stets ein “Renner“. Die Mohnnudeln waren jedoch sehr gut und original. Geschmeckt hatte alles, aber „Böhmische Desserts“ sehen halt etwas anders aus – ein gut gemeintes GUT.

Summa summarum gebe ich für die Speisen gerne ein wohlgesinntes GUT. Für die nicht ortsüblichen, gehobenen Preise erwarte ich mir dann aber auch gehobene Speisenqualität, die man hier allerdings nicht erfüllen kann. Zahlreiche hausgemachte Kuchen sowie Strudel (Apfel-, Topfen- und Mohnstrudel), Torten, Grammel-Pogatschen und sogar hausgemachtes Gebäck, das zweimal täglich frisch gebacken wird (z.B. XL-Salzstangerl), werden hier angeboten, was durchaus bemerkenswert ist, aber auch stets die Gefahr der in Summe nur Mittelmäßigkeit in sich birgt, weil man einfach zu viel will – genau so habe ich unseren neuesten Besuch in Summe wahrgenommen.

Für das Ambiente gebe ich ebenfalls ein GUT, weil für mich einfach ein schöner Gastgarten alleine, in einer nicht selbst geschaffenen schönen Umgebung (Kurpark), aber mit sehr wohl selbst geschaffenem Restaurant-Interieur aus vergangenen Tagen und in klassischem Hotel-Speisesaal-Stil, nicht für mehr reicht – ich würde nie in diesem Lokal drinnen sitzen wollen. Ja, die Lage ist wunderbar, hat einen hohen Erholungsfaktor mitten in der Stadt, einen Spielplatz gleich daneben, einen Streichelzoo in unmittelbarer Nähe mit obligatem Hängebauchschweinchen, aber dafür ist nicht die „Panoramaschenke“ verantwortlich. Die Sanitäranlagen sind sehr sauber und gepflegt.

Für den Service gebe ich gerne ein SEHR GUT. Wir hatten, wie in der „Panoramaschenke“ üblich, einen sehr netten Kellner aus Ungarn. Leider trug er, wie hier sonst hier Standard, kein Namenschild – ich hätte ihn gerne namentlich lobend erwähnt, vergaß aber leider auch nachzufragen, mein Fehler. Ob man sich nun generell freuen soll, ausnahmslos ungarische und tschechische oder slowakische Kellner, wenn auch gut ausgebildet und freundlich, zu treffen, überlasse ich gerne dem mündigen Leser. Ich persönlich möchte es nicht fördern.

Fazit: keine schlechte Küche, aber den Preisen entsprechend gut ist sie nicht. Familienfeiern kann man sicher wunderbar hier abhalten, große Speisekarte, viele Kinderspeisen (wobei ich dieses Wort schon hasse, Kinder sollen gute und abwechslungsreiche Speisen der Erwachsenen kennenlernen, jenseits von Pommes und Ketchup), trotzdem aber Massenbetrieb zu gehobenen Preisen – das ist die „Panoramaschenke“. Ich weiß, ein Heiligtum der Favoritner, aber kulinarisch toll ist nur der Preis. Besonders weh taten mir auch die, ja, ich bin kleinlich, „Vedges“ statt „Wedges“ in der Speisekarte. Preis-/Leistungsverhältnis = nicht angemessen.
Panoramaschenke - Visitenkarte 01 - Panoramaschenke - WienPanoramaschenke - Visitenkarte 02 - Panoramaschenke - WienPanoramaschenke - Lokaleingang - Panoramaschenke - Wien
Hilfreich12Gefällt mir8Kommentieren
1 Kommentar

Danke für die tolle Bewertung - überlege schön länger, mal wieder hinzugehen! Jetzt hab ich mal keinen Stress mehr deswegen, anscheinend ist meine Erinnerung an die Panoramaschenke tatsächlich besser als die Realität..

18. Jul 2014, 10:10·Gefällt mir1
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