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Fr, 29. März 2024

DSTRIKT - Bewertung

Diese Review zählt nicht für die Gesamtwertung des Lokals, da dieser Tester dieses Lokal bereits neuerlich bewertet hat.
dieBrotvernichter
Experte
am 15. Juni 2014
SpeisenAmbienteService
Unsere Erwartungen an ein Steakhouse sind ohnehin schon groß, aber an jenes des Ritz Carlton noch viel größer und dann noch einmal hoch 2: weil dort nicht nur die Bar hoch oben in der Atmosphäre angesiedelt ist, sondern die Preise schon in Stratosphärenhöhe unterwegs sind und diesmal auch wieder unsere Lieblingsnachbarn mitessen.

Weinflaschen haben beim Eingang in einem mächtig hohen Holzregal ihren Auftritt. Sehr geschmackvoll. Von einem der jungen Serviceherrn aus der grundsätzlich besonders gut geschulten und kompetenten Mannschaft werden wir absolut höflichst empfangen. In einem sehr gemütlich gestalteten Restaurantraum. Mit viel Holz und verschiedenen Stoffen ausstaffiert. Die Bestuhlung zu den weitläufigen Tischplatzierungen erinnert an Sofasessel. Zumindest optisch wirken die sehr komfortabel. Wir wollen nämlich doch lieber draußen sitzen, anstatt wie bei der Reservierung eigentlich angegeben im schönen Inneren. Aber die Abendsonne lockt... Kein Problem, selbstverständlich - der Outdoor-Vierertisch wird uns angeboten und extra eingedeckt.

Der Tisch wird mit viel weißem Textil und robusten Stoffservietten eingedeckt - ganz auf nobel getrimmt. Die aber wiederum mit einem aussagekräftig bedruckten Papierband ummantelt sind. Da kommt der urban legere Stil ins Spiel - so wie die Küchenlinie auch. Corporate Identity: denn die Fleischstück-Orientierungskarte am Rind findet man auch in der Speisenkarte wieder. Auf einem hochwertigen Holzbrett mit großer Metallklammer fixiert, findet man Gerichte, die hauptsächlich aus regional österreichischen Zutaten bestehen. Großteils vom Josper Grill. Mit extravaganten und auch üblichen Beilagen individuell kombinierbar. So auch eine große Auswahl an Saucen. Ausgenommen sind nautische Tiere und deren exotische Begleiter.

Weinkarte ist da schon klassischer aber ebenfalls in Holz gehalten. Und die verdient das Wort "selektiert" tatsächlich. Da kann nix schief gehen. Wir entscheiden uns für 0,75 Liter vom Ghost Pines 2011 (Cabernet Sauvignon, € 61,00). Zu viert geht das schon. Vor allem wurde die Entscheidung vom kompetenten jungen Servicemann unterstützt. Denn der Ghost Pines aus Californien ist "marmeladig", meint er. Und wir finden's spannend und wollen das mit viel Fleischbegleitung probieren. Dazu kommen großzügig eingeschenkte 100ml von einem guten Chardonnay um € 7,50. Ja, bei den Preisen endet der legere Stil.

Zum Wein kommt natürlich (und problemlos) Leitungswasser und vorweg ein Thymianbrot in der Auflaufform. Dazu Butter und Steinsalz. Eines der besten frisch hausgebackenen Brote, das wir bislang vernichten konnten. In acht Teile geschnitten portioniert. Der Brotteig und auch die Servieroptik erinnert an flaumige Mini-Buchteln. Herzhaft. Warm. Dünne resche Kruste. Perfekt. Das fängt gut an.

Der Außenbereich ist für ein Hotel im Hochsegment sehr unspektakulär gestaltet ebenso die Outdoormöblierung - aber zumindest sitzt man nicht unangenehm. Von beabsichtigtem Purismus keine Spur dafür umso mehr von unkreativer Belangslosigkeit.

Und genau die schmeckt man (oder eben nicht) bei einer unserer ausgewählten Vorspeisen: Beef Tartare mit Sauerteigcrostini und Dijonsenfsauce mit Cognac. Nobel sind auch die Portionen bemessen. Nämlich winzig. Dafür € 18,00. Fleisch bester österreichischer Bio-Weide-Qualität aus Salzburg. Dazu keinerlei Kritik. Das arme Tier und sein Bauer kann ja nix dafür. Aber der Koch. Überhaupt nicht abgeschmeckt - total fad. Viel zu grob geschnitten - zu Gulaschfleisch war's nicht mehr weit. Da war einfach alles zu wenig: Gewürz, Menge, Senfsauce (die beim Geschmack hätte helfen können). Zu viel vom viel zu harten, trockenen, konzentriert saurem Sauerteigcrostini. Ein paar letschate anfrittierte Zwiebelringerl oben drauf. In Summe: ganz schlecht. Das haben wir den Herren vom Service auch deutlich gemacht und wir hoffen, die dann auch dem Koch.

Duroc Rilettes - wurden in der Tageszeitung "Die Presse" und im "Falstaff-Magazin" besonders gelobt. Können wir so nicht nachvollziehen. Unbesonders gut. Das Papayachutney dazu war gekonnt abgeschmeckt. € 14,00 für zwei ganz kleine faschierte Laibchen.

Carpaccio von der Jakobsmuschel. Ist genau das richtige für Puristen, die's gern spannend mögen. Dazu kommt nämlich eine Creme von der Avocado, eine fein säuerliche Vinaigrette für die Muschel. Und Rucola mit Kren. Interessant. Hat unserem Lieblingsnachbarn auch ausgesprochen gut geschmeckt. Zutaten waren top. Muss man mögen. Zumindest: Kren und Rucola sind ein erstaunlich gutes Paar. € 18,00.

Josper, nach dem Grill in unserer Lieblingsnachbarn Garten, rangiert er auf Platz 2 unserer Top-Grill-Stationen. Von dort kommt für uns: Hüftsteak und Filet vom Rind. Krone vom Lamm. Das die guten Teile vom Josper sind, konnte man wirklich schmecken. Josperisiert. Rauchig. Noch intensiver als am Franziskanerplatz (Artner). Fleisch sehr gut zubereitet. Garpunkt-Wünsche fast auf allen Tellern erfüllt. Medium-Rare war nicht ganz getroffen. Beim Servieren der beiden Lady-Cut Filets mit unterschiedlichen Garpunkten kam's zu Verwirrungen. Vielleicht weil eines davon von einem Herrn verspeist wurde. Das kann schon irritieren. Aber nach Anschnitt und Kontrolle, haben wir Teller herumgereicht und alles war wieder gut. Sowohl das Fleisch vom Rind als auch jenes vom Lamm - wirklich gelungen. ( ca. € 30,00 pro Portion) Etwas einsam am großen weißen Teller. Damit's nicht ganz so allein waren: 2 Mini-Paradeiser leicht angeschmort und eine halbierte angebrannte Knoblauchknollenhälfte mit von der Partie. Die haben den Teller aber lang nicht aufgefüllt. Waren nur geschmacklich überraschend bereichernd. Deshalb gibt es ja die Beilagen in kleinen Cocotte-Förmchen serviert:

Wir sind Trüffel-Junkies (ja, der gute intensivierte naturidente Stoff: Trüffelöl). Das Zeug auf Pommes Frittes mit angeschmolzenem Parmesan - noch besser. Die feinere Art Cheese-Fries zu essen. Sehr sehr gut. Aber an Öl wird nicht gespart. Und auch Parmesan hat Fett. Keine Diät-Sättigungsbeilage.

Frittierte Zwiebelringe mit Ketchupsauce. In Österreich noch nicht besser gegessen (in Stuttgart aber schon). Mit Panko-Brösel. Raffiniert. Besonders knusprig. Goldgelb. Nur leider zu wenig süß, weil zu knackig, weil zu kurz gegart. Ketchup Sauce - normal banal.

Wurzelgemüse von der Chioggia- und Roten Rübe, Karotte gelb und klassisch. Buttrig. Schnittlauch. Bissfest. Süßlich glänzend. Gut.

Und natürlich braucht das gute Fleisch noch was zum Eintauchen: Saucen. Aus der wirklich guten Auswahl, haben wir uns ausgesucht: Pfeffersauce, Pilzrahmsauce und Rotwein-Schalotten-Sauce. Alle Saucen wirklich gut zubereitet, abgeschmeckt und im Kännchen zum selber tröpfeln serviert. Toll.

Exklusiv isst man dort, soll heißen: Jedes einzelne Kännchen und Töpfchen ist natürlich auch extra zu bezahlen. (€ 4,50/ € 3,50 pro Stück) All Inclusive will die Rechnung: € 223,00 ausmachen. Das Beef Tartare wurde dabei bereits disqualifiziert und war nicht mehr mit dabei. 2 Gänge pro Person und eine Flasche Wein + 3 Schluck Weißwein. Sehr Stolz, zu teuer oder nobel? Angemessen finden wir nicht.

Die gesamte Service-Mannschaft war immer aufmerksam und hat uns gut umsorgt. Besorgt um das Beef Tatare bis zum Schluss. Nicht verrechnet. Und Interesse an Detailkritik. Damit man's verbessern kann. Sehr intelligent genutzt - diese Kritik. Noch einmal nachgefragt, ob sonst wirklich alles zu unserer Zufriedenheit war? Eigentlich schon. ABER so gut kann Essen gar nicht schmecken, dass wir so viel dafür bezahlen wollen. Und weil's dann sooo gut auch nicht war - kommen wir wahrscheinlich nicht mehr.
Hilfreich12Gefällt mir7Kommentieren
7 Kommentare

Ja, dialektal ist vieles möglich.

22. Jun 2014, 18:57·Gefällt mir

cmling: Zitat aus Wikipedia "... schwäb.-schweiz. u. bayr.-österr. auch das Teller zu lat. tellarium n."

22. Jun 2014, 18:04·Gefällt mir

Preis-Leistung ist dort nicht in Ordnung. Die Speisen schmecken aber sehr gut (nicht ausgezeichnet). Ausnahme: Beef Tartare, welches dann aber nicht auf der Rechnung war.

18. Jun 2014, 09:49·Gefällt mir

Bewertung - wie immer - sehr gut! Frage mich allerdings warum "Speisen: 4"? Wenn's "sooo gut auch nicht war" und ein Heidengeld kostet? In Relation zum Preis liest sich das eher wie 2,5 Punkte.

16. Jun 2014, 22:47·Gefällt mir

Gute und aussagekräftige Bewertung. In Sachen Preis kann ich Ihre Kritik völlig nachvollziehen, wirkt überteuert, aber delinski.at kann ich Ihnen empfehlen, denn das dstrikt ist dort fast täglich gelistet und Sie hätten sich fast 70€ erspart.

16. Jun 2014, 09:33·Gefällt mir1

Nein, wir auf keinen Fall. Da bezahlt man dann nicht mehr für die hochwertigen Zutaten, das gekonnte Zubereiten und Bemühen um den Gast, sondern imaginär Anderes (zB.: für ein Marken-Image etc.). Danke, aber in dem Fall:"...den Teller..." - weil Fall 4.

16. Jun 2014, 09:05·Gefällt mir

Essen kann so gut schmecken, daß ich deutlich mehr dafür gerne bezahle. Aber dieses Essen klingt fürwahr wenig verlockend. (Der Teller, übrigens, wenn möglich.)

16. Jun 2014, 08:17·Gefällt mir
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