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Do, 25. April 2024

Osteria Del Salento, Wien - Bewertung

amarone1977
Experte
am 10. Jänner 2014
SpeisenAmbienteService
Attenzione – rustico! Molto rustico.

Was ich damit meine: das Lokal ist so ziemlich genau das Gegenteil eines „Edel-Italieners“ im Stile eines „Danieli“ im 1. Bezirk.

Das hier ist eine echte Vorstadt-Trattoria wie sie im Buche steht. Will man beim Eingang die Türe zumachen, um den typisch Wiener Durchzug nach draußen zu verbannen, hat man schon mal den Türgriff in der Hand.

Die zierliche Signora mit der Reibeisenstimme à la Gianna Nannini duzt mich sofort und führt mich zum einfachst gedeckten Zweiertisch, den ich rechtzeitig reserviert hatte.
Das Lokal bietet vielleicht Platz für 30 Personen, die man aber auch von Dienstag bis Samstag jeden Tag reinbekommen muss.
Dürfte also nicht ganz unbegründet sein, dass ich zweimal am Telefon „beh caro, siamo pieni!“ hören musste.

Il Salento – die kleine wurstförmige Halbinsel, der Stiefelabsatz Italiens, der sich mehr oder weniger mit der Provinz Lecce deckt. Pugliesi also.

Apropos Wurst – die bekomme ich an jenem Abend auch auf den Teller, in Form eines klassischen Rezepts aus dem Süden:
Orecchiette con salsiccia e formaggio piccante. Die Ohrwaschselpasta also, mit der typischen Wurstfülle und jeder Menge würzigem Hartkäse. Tomaten dürfen nicht fehlen, leider auch Paprikastücke, die aber groß genug zum Aussortieren sind.

Serviert wird eine enormer Berg an Nudeln, der fast nicht zu packen ist. Sehr gut die Wurst, die Orecchiette sind – ma sì! – perfekt al dente, nur die Paprika und die dünn aussuppenden Tomaten stören mich als Nachtschatten-Feind ein wenig. Comunque – buona!

Passt immer: ein Glas vom Parade-Rotwein Primitivo, am besten immer frisch aus der Damigiana.

Als Gedeck wird zuvor übrigens ein bisschen Ciabattobrot serviert, außerdem noch die unsäglichen, selten wirklich frischen oder gar knusprigen Taralli. Dazu Oliven und Pomodori secchi, die getrockneten Tomaten.

Tirami su: immer eine vergleichbare Größe, egal wohin man kommt in Italien. Es gibt die Trevisaner Spezialität natürlich überall, aber nicht überall ist sie gut. Hier zeigt sich, dass die Salentini nicht so oft in Treviso waren: wieder ist die Portion riesig, wieder wird die Portion rustikal auf den Teller geknallt.
Sehr frisch, fast schon zu frisch, dadurch ist es auch weniger schnittfest, wie schon zuvor die Past ein richtiger Berg.

Monte Tiramisu hat auch ein altbekanntes Makel – Schlagobers als Helferlein für die Konsistenz der Creme. Ich mag’s nicht so gern, mir ist bekanntlich die originale Variante mit Mascarpone und Eischnee lieber, dadurch kommt auch der intensive Geschmack von Ei und Zucker mithilfe des abenteuerlich fetten Mascarpone viel besser zur Geltung. Schade!

Infine: Caffè und ein hausgemachter Liquore. Die zeigen dann wieder, was sie können.
„Ehehee, vedi??“ ist auch die Signora, mit weit geöffneten Augen belehrend und stolz, wie eine Italienerin eben stolz sein muss.

Fazit: die feine Klinge spielt man hier nicht, hier isst man deftige Kost, die aber trotzdem nicht schwer im Magen liegt.
Die beiden Signori (Signora serviert, Signore kocht) sind wahrlich authentisch bis in die Haarspitzen, sie scheren sich einen feuchten Staub um das, was in Lokalen wie etwa dem nahe gelegenen Sestante dem Wiener als „Italienisch“ vorgesetzt wird.
Ein zweiter Besuch ist fällig.
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2 Kommentare

Ich bin dort vor ca. 3 Jahren mal reingeschneit ohne Reservierung. Naja den Rest kann man sich denken. Wir mussten leider wieder abziehen. Seitdem nehmen wir es uns vor, da wir ja Liebhaber der gemütlichen, rustikalen, echten Küche egal welchen Landes sind. Danke für den Bericht. Der Besuch ist jetzt wirklich bald fällig.

10. Jän 2014, 14:55·Gefällt mir2

anita47: ich bin beim Thema Rauch eher ein Motschkerer, aber es hat mich an jenem Abend nicht wirklich gestört, obwohl am einzigen größeren Tisch drei Raucher saßen.

10. Jän 2014, 14:50·Gefällt mir
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