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Fr, 19. April 2024

Zur Herknerin - Bewertung

Gastronaut
Experte
am 10. September 2013
SpeisenAmbienteService
Jeder, der schon dort war schwört darauf, dass es hier so schmeckt wie bei der Oma. Was ja eigentlich schon ein unbeschreibliches Lob ist, denn bekanntlich kocht niemand besser als die Oma. Es lebe also das selektive Gedächtnis...

Ich habe keine Ahnung mehr, wie meine Großmutter gekocht hat. Ich weiß zwar noch, dass sie - wie wahrscheinlich auch jede andere Oma – großartig backen konnte. Der Rest entzieht sich meiner Erinnerung komplett. Also auf „Zur Herknerin“ in die Wiedner Hauptstrasse 36 in Wien. Das von anderen viel gerühmte Interieur, das nicht nur zufällig an die Auslage eines Installateur-Geschäfts erinnert, vermittelt sofort die Aura von gelebtem Leben, ähnlich wie man es in altertümlichen Gasthäusern am Land noch findet. Die Tische sind schlicht, und die Dekoration wirkt so, als hätte Stefanie Herkner, die junge Betreiberin, so ziemlich alles was sie in ihrer eigenen Wohnung gefunden oder am Flohmarkt um wenig Geld erstanden hat hier einfach an die Wand geklatscht. Und nachdem man mit ihr schnell ins Gespräch kommt, konnte meine letzte Theorie auch schnell bestätigt werden.

Stefanie Herkner hätte niemals Wirtin werden sollen. Ihr mittlerweile verstorbener Vater, die Hernalser Gasthauslegende Heinz Herkner wollte immer, dass seine Tochter etwa „g’scheites“ wird. Über mehrere Stationen hatte sie das auch durchaus erfolgreich gemacht, doch der innere Ruf die Menschen wie schon ihr Vater mit Essen, Trinken und überwältigend guter Laune glücklich machen zu wollen war am Ende stärker. Unterstützt von ihrer Mutter setzt Stefanie Herkner auf einfach Gerichte ohne aufgesetzten Anspruch der abgehobenen Besonderheit. Und genau das macht es aber besonders.

Wird man in anderen Gasthäusern oft etwas schief angesehen, wenn man „nur“ so etwas Profanes wie Krautfleckerln bestellt ist das „Zur Herknerin“ einer jener seltenen Orte, zu denen ganze Heerscharen pilgern, nur um lange darüber zu diskutieren, ob die leicht salzigen Krautfleckerln hier nicht doch mehr Süße vertragen würden oder nicht. Gegessen werden sie hier trotzdem in rauen Mengen. Meine waren übrigens herrlich buttrig-saftig und mir hat der Salzgehalt absolut gepasst...Tatsächlich ein Gericht zum Wiederkommen.

Als zweites probierte ich dann etwas Sarma. Bei diesen mit Faschiertem gefüllten säuerlich-pikanten Krautroularden nach altem slowenischem Rezept musste ich feststellen, dass ich unwillkürlich begann mich zu entkrampfen. Die Anspannung der Neugier eine mir vollkommen unbekannte Speise zu probieren, wich sofort der freudigen Entspannung die man verspürt, wenn man etwas schmeckt, das man schon lange nicht mehr gegessen hat. Ob ich früher jemals Sarma gegessen und geliebt habe, kann ich nicht sagen. Aber es schmeckte so, als hätte ich es früher gerne gegessen.

Als drittes kostete ich noch vom Rindsragout mit Spiralen. Letztere waren eigentlich viel zu weich gekocht. Dafür war das Rindsragout mit Gemüse so herrlich, dass ich die viel zu weichen Nudeln dann doch noch nutzen musste, um den wunderbar sämigen Saft des Eintopfes noch in vollen Zügen genießen zu können. Auch wenn ich vor 30 Jahren nie im Kindergarten essen musste, versetzte mich diese Speise aufgrund ihrer Einfachheit zurück in jene Zeit...

Eigentlich hätte ich noch süße Knödel essen sollen, denn im „Zur Herknerin“ schwören sowohl Gäste als auch die Betreiberin selbst auf jegliche süßen oder pikanten Knödel, die hier angeboten werden. Und hätte es an diesem Tag Semmel- oder andere pikante Knödel gegeben, hätte ich sie auch gegessen. Nachdem aber auf der Wochenkarte diesmal nur süße standen, musste ich passen...Bin ja keine Naschkatze..

Ich weiß zwar immer noch nicht, wie meine Großmutter gekocht hat. Aber ich bin mir dafür sicher, dass es ihr hier geschmeckt hätte...
Rindsragout mit Spiralen - Zur Herknerin - WienSarma mit Rahm und Kartoffeln - Zur Herknerin - WienZur Herknerin - Wien
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1 Kommentar

schöner Sarma Vergleich Split in1130 und Galaxy in 1150 nicht abschrecken lassen vom Namen die kochen beide sehr gut

11. Sep 2013, 02:04·Gefällt mir1
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