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Do, 25. April 2024

Vapiano Praterstraße, Wien - Bewertung

Otternase
am 5. Juni 2013
SpeisenAmbienteService
Mit äußerst geschickten und besonders raffinierten, ja fast tiefenpsychologischen Manövern konnte ich verhindern, dass meine Tochter, Otternase junior, ein Opfer der mafiösen McDonalds’schen Juniortütenspielzeugversuchung wird. Heute ist sie einer der wenigen Teenager, der industrielles Fastfood in Burgerform eher grauslich bis unessbar findet.

Womit ich damals allerdings nicht rechnen konnte: VAPIANO und STARBUCKS

Obwohl das Mädel weiß, wie eine gute Pizza aussehen und schmecken soll, obwohl sie köstliche Sughi selbst fabrizieren kann und sogar schon eigenhändig Nudelteig zubereitet hat, fällt sie mit ihrer Clique regelmäßig in eine der VAPIANO-Filialen ein.

Gruppendynamische Unterjochung!
Das rede ich mir zumindest ein, glaube aber nicht ernsthaft nicht daran.

Ich recherchiere kurz und finde heraus, dass die SE VAPIANO ein deutsches Unternehmen ist mit 108 Filialen, 49 davon in Deutschland und allein 6 Restaurants in Wien. Das sind mehr als in jeder anderen Stadt weltweit (o tempora, o mores ... quo vadis Vindobona?).
Die erste Filiale wurde 2002 in Hamburg eröffnet und die 100. war jene am Wiener Westbahnhof. Abgesehen davon ist das anno 2013 eröffnete Restaurant am Bahnhof Wien Mitte mit 400 Plätzen das größte der stark expandierenden Franchise-Kette.
Einige der Firmengründer begannen ihre Karriere bei McD, jedoch wird bei VAPIANO kein Fastfood angeboten, sondern „italienische Speisen nach dem Fast-Casual-Prinzip“ (aha ...). Weiters steht geschrieben: [...] der Name VAPIANO setzt sich aus den Italienischen Worten VA (geht) und PIANO (langsam) zusammen [...]

GEHT-LANGSAM also ... ein genialer Name für ein Restaurant.

Die kleine Otternase quält mich unermüdlich, ich soll mit ihr endlich das neue Lieblingslokal besuchen.
Schließlich bin ich mürbe und breitgeschlagen und betrete die Filiale im 2. Bezirk an der 4-spurigen, stark befahrenen Praterstraße. Vor dem Lokal gibt es sogar einen relativ großen Schanigarten, und ich frage mich, ob es schön ist, hier mitten in der Verkehrshölle im Freien zu sitzen. Innen ist das Lokal eher modern und dem Zeitgeist entsprechend eingerichtet, aber doch irgendwie ganz gemütlich. Viel Holz, farbige Wände mit Bildern, gepolsterte Ledersessel und auch einige Pflanzen gibt es da.

An der Kassa gleich beim Eingang erhält jeder Gast eine Kreditkarte, mit der man sich zu den verschiedenen Abteilungen für Pizza, Salat, Pasta und die Getränke begibt. Sobald man an der Reihe ist, deponiert man seinen Wunsch und hält die Karte an einen Scanner. Will man also mehrere Gänge verspeisen und noch dazu ein Getränk haben, muss man sich bei 4 Reihen anstellen. Da wir zu zweit sind, ist es halb so schlimm. Trotzdem nervt mich diese Art der Nahrungsbeschaffung.
Die meisten Leute hier freuen sich aber, wenn sie den als Köchen verkleideten Pasta-Wokpfannen-Bedienern zusehen dürfen und ihnen Befehle wie „mehr Chili!“ oder „ein wuzzikleines Bisschen Knoblauch“ zurufen können.

Am Pizza-Schalter erhalte ich nach der Bestellung eine Art Pager, der nach Fertigstellung der Mafia-Torte ein Signal von sich geben wird und mich zur Abholung derselbigen auffordert.

Nachdem Otternase junior ihre Pasta mit Mozzarella und Kirschtomaten (ich hätte „Caprese“ gesagt) sowie einen Arizona Iced Tea (uhhh trendy!) erstanden hat und ich einen kleinen Salat plus ein Paracelsus Zwickl mein Eigen nenne, nehmen wir nach nochmaligem Anstellen (diesmal an der Kassa) im Garten Platz.

Erstaunlicherweise ist es nicht so laut wie ich dachte und sogar recht angenehm hier draußen zu sitzen.

Ich sehe mir nun die Rechnung genauer an und stelle fest, dass man um's gleiche Geld anderswo (konkret: 100m Luftlinie Richtung Nord-Ost) sogar eine Bedienung dabei hat.
Otternase junior ist einstweilen im 7. Himmel und ich mache mich über mein Zwickl her. Plötzlich ein unmenschliches, markerschütterndes Geräusch. Vor Schreck fällt mir beinahe das köstliche Bier aus der doch recht innigen Umklammerung meiner Hand. Der Pager hatte eine lautstarke Botschaft für mich:

Pizza ist fertig.

Ich hole das vorgeschnittene Ding, es sieht auf den ersten Blick gar nicht so übel aus. Der Rand meiner Margherita ist resch und nicht zu dick. Innen sehe ich Tomatensugo, Käse und ein winziges Sträußchen Basilikum.
Gott sei Dank finde ich am Tisch nebst Öl und Essig auch einige Blumentöpfe mit frischen Kräutern zum Selberpflücken – ich gehe zumindest davon aus, dass die nicht nur Dekoration sind.
Die Pizza ist mit der Basilikum-Nachwürzung essbar, aber keine Offenbarung. Ich darf auch von der Pasta meiner Tochter kosten und muss feststellen, dass diese total teigig bis fast matschig ist und im Mund immer mehr wird.

Im VAPIANO werden die Teigwaren frisch zubereitet, man kann die Pastamaschinen sogar durch eine der Auslagen sehen. Leider ist dies aber keine Garantie für ihren Wohlgeschmack.

Nachdem mich meine liebe Kleine nach diesem Besuch noch mehrere Male genötigt hatte, hier essen zu gehen und die Konsistenz der Pasta jedes Mal ein zähes Trauerspiel war, bat ich um ein Gespräch mit dem Geschäftsführer diesbezüglich. Er entschuldigte sich höflichst und ließ eine neue Portion kommen. Same result as every day ...

Daraufhin erklärte er mir, es läge wahrscheinlich an der vorherrschenden Hitze, die würde dem Teig schaden und seine Beschaffenheit beeinträchtigen (das soll er mal einer sizilianischen Nonna erzählen, die bei 45° im Schatten noch immer keine Probleme bei der Nudelproduktion hat).

Wie dem auch sei, ich habe mich inzwischen damit abgefunden, dass mein Kind dieses Lokal und die Matsch-Pasta liebt.

Ich brauch’s nicht.
2002 wurde das erste VAPIANO in Hamburg eröffnet
2011 begann das ... - Vapiano Praterstraße - WienSpaghetti mit Mozzarella und Kirschtomaten - Vapiano Praterstraße - WienInsalata mista - klein - Vapiano Praterstraße - Wien
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19 Kommentare·Zeige alle Kommentare

War das damals noch akzeptabel?

21. Mär 2015, 09:09·Gefällt mir

H-G-L auch von mir. Toller Bericht.Ich stimmt dir, Otternase, völlig zu. Die Pasta ist wirklich matschig latschig und überall besser als im vapiano. Da geh ich lieber zu Happy Noodels und esse die ,,Nudeln" auf ,,chinesische,, Art.

16. Mär 2014, 19:14·Gefällt mir1

Wo die schon überall gewesen ist...

16. Mär 2014, 17:16·Gefällt mir

Schlimmer als die Zunge von Miley Cirus wirds nicht sein. Link

16. Mär 2014, 16:54·Gefällt mir1

also ich denke mir bei den basilikumstöcken: will nicht wissen, wer das schon angefasst hat...

16. Mär 2014, 15:35·Gefällt mir1

stimme dir absolut zu - war zweimal dort und hab zweimal rohe Pasta bekommen. Wobei ich zugeben muss, dass die Ravioli Füllung phantastisch schmeckte. Hilft aber nix, wenn die Pasta noch fast roh ist.

12. Jun 2013, 18:35·Gefällt mir
Stephan

nun - so kleine greisslerartige Geschäfte, die ihre Nudeln selbst herstellen, kenn ich tatsächlich ein paar aus Norditalien. Und natürlich produzieren die nicht \"das selbe\" wie Vapiano. Ich bin aber der Überzeugung, dass das Vapiano an deren frische Pasta näher herankommt als das, was man in Wien sonst so bekommt. (Und alle die ich kenne, geben ei in die pasta fresca - bei der Pasta secca ist das ja m.W. nach so einer Art Reinheitsgebot verboten). Aber egal wie weit weg oder wie nah das Vapiano nun an der \"originalitalienischen\" pasta fresca sein mag: allein dass wir diese Diskussion führen zeigt doch, dass es sich um durchaus ordentliche Qualität handeln muss - unter Berücksichtigung, dass es sich um Systemgastronomie/Fast Food handelt freilich! Das Lokal vis a vis ist für mich qualitativ mindesten 3 Stufen unterhalb anzusiedeln - habs eh auch hier im ReTe bewertet. Somit sind wir bei Deinem Schlussatz - ich habe die Pasta im Vapiano eben nie als \"matschig\" empfunden :-)

7. Jun 2013, 09:21·Gefällt mir

@Stephan: danke für deinen Kommentar! Soweit mir bekannt ist, wird auch die Pasta fresca aus Hartweizen gemacht. Dieser ist proteinreich und besonders für die Herstellung von Teigwaren geeignet. Daneben gibt es auch noch den Weichweizen, der eher beim Bäcker verwendet wird. Ob man nur für den Nudelteig neben Salz und Wasser auch noch Eier oder Olivenöl verwendet, hängt ganz von der jeweiligen Region ab. Und darüber werden heiße kulinarische Diskussionen geführt, welche nun die "richtige" Zubereitungsart ist. Was eine Pasta nach dem Kochen aber niemals sein darf ist teigig oder matschig, auch nicht wenn sie frisch (also weich) und NICHT getrocknet war. Erzähl bitte niemals einem Italiener (und schon gar keinem italienischen Pastahersteller), bei Vapiano bieten sie genau das gleiche an, was er produziert! Nicht umsonst gibt es in Italien kein Vapiano. Geh doch mal ins Pasta e Basta ... dort gibt es ausgezeichnete frische Teigwaren Link In der Servitengasse gibt's noch die La Pasteria, die können das auch hervorragend. Die "Nudeldruckerei", die ich früher öfter aufgesucht habe, ist leider seit vielen Jahren geschlossen. Bezüglich dem Lokal vis à vis: ich hatte dort letztens eine sehr brave Pizza mit Büffelmozzarella, einem herrlichen Prosciutto crudo und Rucola. Der Teig war auch ganz besonders köstlich und resch. Aber über Geschmack lässt sich eben (nicht) streiten ...

6. Jun 2013, 18:27·Gefällt mir2

@amarone: für "al ponte" muss ich hoffentlich noch ein paar Jährchen warten ;-) aber das war wohl eher pasta al tombino ...

6. Jun 2013, 12:55·Gefällt mir1

Danke, wird korrigiert!

6. Jun 2013, 12:35·Gefällt mir
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