In der Umgebung
Do, 28. März 2024
Gastronaut
Experte
am 18. April 2013
SpeisenAmbienteService
Der Hausherr Konstantin Filippou sitzt mir gegenüber und lächelt. Zum einen aus wahrer Freundlichkeit heraus, zum anderen, weil er bemerkt haben dürfte, dass ich in etwa bei der Hälfte seiner Erklärung der Zubereitungsmethode seines Entenleberparfaits ausgestiegen bin. Zu meiner Ehrenrettung muss ich aber anmerken, dass das beim zehnten Arbeitsschritt war. Auf meine Frage, ob er sich damit nicht ein wenig der Molekularküche nähert, verneinte der ehemalige Novelli-Küchenchef. In seinem nach ihm benannten Lokal arbeitet Konstantin Filippou ja nicht mit flüssigem Stickstoff und ähnlichem, er experimentiert nur eben gerne.

Diese fast schon kindlich-begeisterte Verspieltheit zeigt weniger bei der schlichten, aber gelungenen Einrichtung des Lokals in der Wiener Dominikanerbastei, dafür aber bei so ziemlich jeder einzelnen Speise des Grazers. So probierte ich von zwei Sorten Entenleber. Die eine Sorte bestand aus Entenleberparfait gemeinsam mit Rinds-Zungen-Mousse und Birne auf einem Erbsenspiegel. In meinen kühnsten Träumen wäre ich nicht auf diese Kombination gekommen. Aber nach dem ersten Bissen fühlt man sich auch wie in einem Traum: Die Geschmäcker verbinden sich zu einer fast unbeschreiblichen Einheit, die bis dato die beste Entenleber meines Lebens war. Aus diesem Grund musste ich auch von meiner sonst üblichen goldenen Regel abweichen und machte nicht nur einige Kost-Bissen, sondern habe die Portion aufgegessen. Doch der Status der "bis dato besten Entenleber meines Lebens" hielt nicht lange an, ging dieser doch umgehend an die zweite Speise vor mir. Da es sich dabei aber um jene Speise gehandelt hat, bei deren Erklärung mein Speicher versagt hat, kann ich über diese halbflüssige Versuchung nur sagen, dass ich in dieser Entenleber baden möchte.

Beim Warten auf die Hauptspeise wurde mir die Zeit auf wunderbare Weise vertrieben. Denn beim durchstöbern der umfangreichen Weinkarte begann ein spannendes Gespräch mit einem der sehr engagierten Kellner über die möglichen Getränke-Paarungen. Mitten im Gespräch meinte er, dass der interessante Dialog gerade etwas zu "trocken" wäre, verschwand und kam 30 Sekunden später mit einem Glas wieder, um mich von dem gerade erwähnten Wein probieren zu lassen. Fast war ich schon dabei den wirklich top-informierten Mann zu meinem nächsten Wein-Event einzuladen, da kam auch schon meine Hauptspeise daher: Schnecken!

Man kann über Schnecken denken, was man will. Und viele Menschen beginnen schon beim Gedanken an diese Weichtiere zu würgen. Dabei darf man nicht vergessen, dass Schnecken in aller Form ja schon seit jeher zu den Klassikern der österreichischen Küche gehören. Aber Konstantin Filippou bereitet sie nicht etwa in der typischen Variante mit Schneckenhaus und viel Knoblauch zu, sondern logischerweise viel kreativer: Zum einen bekam ich cremiges Schneckenragout mit Schwarzbrotsauce, zum anderen gebackene Schneckenstücke auf roten Rüben und Liebstöckl. In beiden Fällen hat der Hausherr den Eigengeschmack der Tiere zweimal auf überraschende Art neu interpretiert. Und auch hier habe ich beide Teller leergegessen. Das mache ich sonst wirklich nie! Hier war es mir aber um keinen Bissen zu viel!

Wenn ich das neue Lokal von Konstantin Filippou mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre dieses Wort "harmonisch", denn das Essen passt harmonisch zum Ambiente, der Wein harmonisch zum Essen, und auch das Zusammenspiel des Hausherrn mit seinem Team läuft hier so freundschaftlich ab, wie ich es selten gesehen habe! "Es klingt abgedroschen, aber wir sind hier wirklich eine Familie", meint Filippou zu mir. Gehört habe ich diesen Spruch schon in vielen Lokalen. Aber hier habe ich ihn zum ersten Mal geglaubt...
gebackene Schnecken - Konstantin Filippou - WienKonstantin Filippou - WienSchneckenragout mit roten Rüben - Konstantin Filippou - Wien
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30 Kommentare·Zeige alle Kommentare

@Literat: Ich glaube, daß eine Lokalkritik NUR subjektiv sein kann. Objektivität ist unmöglich, denn was sollte daran objektiv sein, wenn ich nur persönlich Erlebtes und persönliche Eindrücke wiedergeben kann. Objektiv berichtet kann nur der Rechnungszettel werden, ev. auch die Speisekarte, alles andere ist nur subjektiv. Und so soll es auch sein. Wie sonst könnte ich zum Beispiel ein Geschmackserlebnis objektiv erklären. Was mir gut schmeckt, wird Anderen vielleicht nicht schmecken. Und genau aus diesem grund ist eine ausführliche Review, in der erklärt wird, WARUM es gefallen/geschmeckt hat, so wertvoll. Und auch wenn ich Schnecken nie essen würde, kann ich nachvollziehen, daß Gastronaut sie offenbar gerne ißt und er erklärt auch seine Meinung dazu. In Fragen des Geschmacks und persönlicher Eindrücke Objektivität zu fordern, ist unrealistisch und leider nicht erfüllbar.

10. Jul 2013, 16:52·Gefällt mir2

Im Gastgarten darf im Freien nicht geraucht werden, weil der Boden so teuer war? Wenn man einen Aschenbecher hat, wirft man ja keine Zigarettenstummeln auf den Boden. In diesem Lokal herrschen ja amerikanische Sitten. Ein Lokal das uns sicher nicht zu sehen kriegen wird!

10. Jul 2013, 14:00·Gefällt mir1
Neuer Gast

Wir waren gestern abend zum ersten Mal dort Essen. Das Essen ist grösstenteils wirklich sehr gut, doch die Dauer zwischen den einzelnen Gängen viel zu lang. Der Chef selbst dürfte - soferne er es war den ich im Lokal getroffen habe - ein sehr netter, lockerer Typ sein. Die Kellner sollten allerdings ein wenig von ihrem versnobten Gehabe ablegen. Summa summarum ist alles ein wenig überzogen und übertrieben. Sehr negativ fanden wir es, dass im Gastgarten im Freien nicht geraucht werden darf - mit der Begründung der Boden wäre so teuer gewesen. Hingegen muss man sehr aufpassen mit dem Sessel nicht über die ungesicherte Balustrade zu rutschen.

10. Jul 2013, 12:54·Gefällt mir

Wenn alles Subjektive, gut erklärt wird, dann kann man sich vielleicht auch gut ins Subjekt hineinversetzen und sich selbst situativ - in seinen Vorlieben oder Abneigungen - wieder erkennen oder eben nicht... die Subjektivität ist doch unsere Individualität und das macht dieses Forum aus, so bunt und so facettenreich... wie das Leben ;)

18. Mai 2013, 17:13·Gefällt mir3

An die beiden unregistrierten Unbekannten: wenn man eure Kommentare liest, dann bestätigt das höchstens die Befürworter. "Das Essen ist gut!!! Aber ich würde es nicht empfehlen....... " Logisch? Wenn ich jemanden beneide, dann sage ich genau das... ich find's gut, aber ich würd niemandem sagen, dass es so ist.

5. Mai 2013, 00:00·Gefällt mir
sigi

wo wäre österreich ohne die Neidgesellschaft sehr traurig!!!!!!

4. Mai 2013, 20:14·Gefällt mir
Unregistered

Bedeutender Unbekannter! Da schließe ich mich vollkommen Deiner Meinung an! Sehr teuer....und viel Show! Ich finde das Lokal mittelmäßig. Hr. Filipou ist keineswegs einer der besten Köche Österreichs...außer das er sich sehr bemüht ununterbrochen in der Zeitung von sich zu lesen und sich abzubilden. Ich kenne einige die das Lokal besucht haben und keineswegs damit zufrieden waren. Ich würde dies auch Freunden keineswegs als erste Adresse weiterempfehlen

1. Mai 2013, 11:44·Gefällt mir
ein bedeutender Unbekannter

Also ich bin keineswegs zufrieden mit demLokal. Die Preise enorm teuer und meines erachtens nur viel Show. Es gibt in Wien und auch im internationalen Vergleich weitaus bessere Köche und Lokale. Kurz zusammengefasst, viel Reklame und Show. Wenn man bedenkt, wie oft in den Lokalzeitungen einen Annonce geschalten war. Das Essen ist gut!!! Aber ich würde es nicht empfehlen.......

1. Mai 2013, 11:41·Gefällt mir
Literat

Man kann über Schnecken denken, was man will.

21. Apr 2013, 16:51·Gefällt mir

...und "Deutschlehrern" ;)

20. Apr 2013, 19:36·Gefällt mir3
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