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Sa, 20. April 2024

Pizza Mari - Bewertung

amarone1977
Experte
am 22. März 2013|Update 17. Sep 2013
SpeisenAmbienteService
Mari‘, nicht Mari. Hat aber nichts mit der guten Marie zu tun.

„Spingere“– also schon die Eingangstür drückt sich im wahrsten Sinne des Wortes klar italienisch aus.
Drinnen dominiert der Holzofen, der Rest des Interieurs ist der hier schon mehrfach beschriebene Purismus.

Die Preistafel mit den weißen Schiebebuchstaben auf schwarzem Grund weckt Erinnerungen an Schulkantinen, Freibadbuffets und Rathaus-Anschlagtafeln.

Die notdürftig befestigten Lautsprecher wiederum gehen wieder in Richtung Freibad, man wartet nur, dass eine schnarrend-brüllende Stimme durch den Trichter schreit „Pizza fertig, Herr Amarone bitte zur Kasse kommen!“

So schlimm ist es dann doch nicht, aber das Thema Purismus hat schon eine andere Pizzeria im 9. Bezirk ähnlich und doch zugleich angenehmer gelöst. Die hier gähnende Leere des Gemeindestüberl-Klassenzimmer-Verschnitts ist akustisch keine Ohrenweide und lädt eher zum Pizzabestellen und gleich Mitnehmen ein.
Ich würde also meinen, auch "das Ohr isst mit", nicht nur das Auge.

Service: von Italienisch keine Spur. Hier dürften eher österreichische und deutsche Stundentinnen ihren Semesterjob gefunden haben. Es herrscht grundsätzlich sehr flottes und kurz angebundene Sachlichkeit, dazwischen werden aber auch, vom Pizzaiolo bis zur Kellnerin auch immer wieder mal Smartphone-Updates überprüft.

Der Wein. Was gibt’s? „Zweigelt“. Die Signorina wartet, fast schon wieder am Sprung, nur mehr auf das Ja oder Nein – und ich lass mich zum „Ok“ hinreißen. Sbagliato. Sbagliatissimo…
Der Wein ein lindes Himbeerkracherl, moussiert dezent vor sich hin.
Wenn sich schon am Rand das Schaumkrönchen bilden muss, dann doch lieber zwei Bier als Zweigelt.
Erst mal ein Kleines. Moussiert auch, aber erwartungsgemäß, „bitt’scheen mit Foam oben“ ist also nie ein Problem, sondern erfreulicher Standard. Das Bier schmeckt, und bekanntlich eh auch in bella Italia ein beliebter Pizzabegleiter.

Margherita. Fast schon eh und eh mein Gradmesser – und immer noch die beste Pizza, Experimente mit Ananas, Mais oder Kürbisrisotto tun dem Thema Pizza originale keinen Dienst.

Teig: grundsätzlich kein schlechter, aber die Oberfläche am Rand wird leicht trocken, grau-braun, immerhin nicht „hartschalig knusprig“, wie so manche Kebap-Pizzaioli sie wollen.

Der Fior di latte hat allerdings die richtige Konsistenz, das typische Aroma hält sich aber zurück.

Eher eine Enttäuschung: die hier so gelobte Tomatensauce. Für meine Begriffe hat sie das ungewürzte Aroma, „fresca dalla scatola“, also säurig-tomatig, da fehlt mir der Basilikum-Hauch, da durfte auch kein Olio ran. Einfach nur die krude Polpa, das ist mir dann doch zu wenig.

Bei all dem lauten Gemurmel im Lokal würde lautes Rufen höchstens unangenehm auffallen, also ein dezentes Handzeichen, was ich eigentlich auch nicht wirklich mag.
„Zahlen?“ die junge zackige Madam will schon die Brieftasche zücken.
Ich hätte aber gern noch was Süßes. Die Torta Caprese, also offensichtlich ein Rezept aus Capri, kommt ganz ohne Mehl aus. Schokolade, Mandeln, Butter sind hier die Hauptzutaten .

Meiner Meinung nach geschmacklich kein typisches Convenience-Produkt von Bindi, wie einer der Vortester bemerkt hat, schön nussig, ein bisschen „saftiger“ könnte sie sein. Ist aber ok, laut Madam ist sie auch hausgemacht. Ich geh nicht davon aus, dass sie mir ins Gesicht geflunkert hat.

An der Wand steht – giustamente! – geschrieben: Non si beve il Cappuccino dopo la pizza! – Oder so ähnlich, auf alle Fälle ist das für den Italiener ebenso ein Fauxpas, wie wenn ein Italiener bei uns das Bier verdünnt. Espresso ist vor allem zum Verdauen gut, Milchschaum und Pizzateig im Magen sind für das Nachmittagsschläfchen eine unselige Vereinigung.

Doch bei „Caffè und Grappa“ hat mir die Signorina teutonica nicht zugehört: der Grappa ist keiner, vielmehr bekomme ich ein heillos totparfümiertes Produkt, das vom „Sapore“ her ein wenig an diese „frivolen Hüttengaudi-Liköre“ mit den frechen Comics drauf erinnert.
Da ich aber kein Feigling bin, frage ich nach. Dabei wird mir erklärt, es sei ein Muskat-Tresterbrand. Keine Ahnung, wie man ein dermaßenes Produkt so verhauen kann. Ich habe schon sehr guten Tresterbrand aus der Weststeiermark bekommen, aber der hier schießt im negativen Sinn den Vogel ab – und bleibt natürlich auf dem kleinen Tablett stehen. Furchtbar!

Fazit: Pizza naja, nicht schlecht, aber auch doch unter den hohen Erwartungen.
Ambiente unromantisch, Service kurz angebunden bis halbwegs freundlich, aber mit Italianità nicht so wirklich vertraut.
Beste Pizza der Stadt? Mitnichten.
Pizza Margherita - Pizza Mari - WienPizza Mari - Wien
Hilfreich25Gefällt mir16Kommentieren
8 Kommentare

Unregistered: falsch. In Napoli herrscht die Camorra, nicht die Mafia. Ich glaube aber, dass du auch das jetzt nicht wirklich verstanden hast. Unregistrierte Einsilbige sollten sich ein anderes Hobby suchen - oder eine Selbsthilfegruppe gründen.

30. Aug 2013, 19:15·Gefällt mir2
Unregistered

Hast du nichts besseres zu tun als eine zweiseitige Bewertung zu schreiben?!! Vielleicht bist du ja von der Restaurant- bewerungs Mafia ;)

30. Aug 2013, 18:34·Gefällt mir
Lukkalk

Danke, ich hätt's nicht besser sagen können. Sehr unterschiedliche Pizza-Erlebnisse hier gehabt.

27. Apr 2013, 09:56·Gefällt mir

Stephan: Passalaqua oder nicht, das Problem ist immer: wer legt Hand an der Macchina an :-/, wobei der Caffè nicht das wahre Problem war. Soviel zum Caffè. Aber der beste Grappa hilft nix, wenn die deutsche Studentin den aromatisierten Tresterbrand aus Österreich bringt. Beste Pizza der Stadt: ich bin auch nur der kleine amarone, der nicht jede Pizzeria der Stadt kennt und kennen kann. Aber sowohl bei Luna Rossa als auch in der Türkenstraße hatte ich bis dato bessere. Vor allem die etwas "angebräunte", "staubige" Teigoberfläche hat mir hier in der Mari' nicht so ganz zugesagt.

2. Apr 2013, 23:22·Gefällt mir

Jetzt kann ich mir endlich ein Bild von dem Lokal machen. Vielen Dank, Amarone!!

22. Mär 2013, 13:46·Gefällt mir1

"Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht." Bin ich jetzt im Weber'schen Sinne mächtig? ;-)

22. Mär 2013, 13:38·Gefällt mir3

mi piace davvero

22. Mär 2013, 11:48·Gefällt mir1

Forderung erfüllt, Erwartungen übertroffen. Bravo, amarone. Herrlicher Bericht!!

22. Mär 2013, 11:32·Gefällt mir1
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