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Experte
am 15. Oktober 2012
SpeisenAmbienteService
Das Chinarestaurant „Ostmeer“ wollte ich schon sehr lange besuchen, oft fuhr ich bereits an dem Lokal nahe Schwarzenberg-Platz vorbei. Nun hat es endlich geklappt, und ich kann wieder einen weißen Fleck auf meiner persönlichen „To-Do-Landkarte“ ausfüllen.

Von außen betrachtet hat das Lokal einen kleinen straßenseitigen Gastgarten (Schwindgasse), und es wirkt relativ groß, der Lokaleingang befindet sich in der Argentinierstraße. Leise ist es im Gastgarten sicher nicht, denn die Schwindgasse ist eine gut befahrene Verbindungsstraße vom Schwarzenberg-Platz / von der Prinz-Eugen-Straße in Richtung vierten und fünften Wiener Gemeindebezirk. Da sowieso sehr schlechtes Wetter war, nahm ich natürlich im Lokal Platz.

Gleich nach dem Eintreten in das Lokal fühlt man sich völlig zurückversetzt in die guten alten „80er-Jahre“. Ein für die damalige Zeit so typisch eingerichtetes Chinesische Restaurant präsentiert sich dem Gast. Hochglanz lackierte und furnierte Sitzmöbel und Tische, aufwändig verzierte Fenster mit Holzornamenten und überall kunstvoll geätzte und bemalte Spiegel. Da und dort als Auflockerung kleine Trennwände, teils Holz, teils Glas, adrett eingedeckte Tische, eine kunstvoll gestaltete Deckenbeleuchtung mit angenehmer Hinterglas-Beleuchtung, eine sehr große massive Holzschank und natürlich auch ein „klassischer“ Runddurchgang mit aufwändigen Holzornamenten verziert. Man ist in einer anderen Welt und auch in einer anderen Zeit angekommen und ich gestehe, ich mag das manchmal ungemein. Das Lokal ist tatsächlich sehr groß, bietet sehr viele Plätze und ist ein typisches Ecklokal in L-Form. Das „Ostmeer“ hat keine Hauben oder Sterne und genau in diesem Rahmen und auf diesem Niveau werde ich es bewerten.

Sehr freundlich wurde ich von einem der beiden Kellner begrüßt, und rasch wurde mir die sehr umfangreiche und adrett gestaltete Speisekarte gereicht. Ja, es werden natürlich die Klassiker der panasiatischen Küche geboten, jedoch finden sich auch sehr interessante Speisen und teilweise ungewöhnliche Kompositionen auf der Karte. Es gibt auch bereits für nur eine Person mehrgängige Menüs á la carte, Vietnamesische Frühlingsrollen und Jiao-Zi (in Japan Gyoza = gefüllte Teigtaschen), eine knusprige Vorspeisenplatte mit einigen Variationen an Rollen und Jiao-Zi, gebackene Hühnerbällchen im Eierteig, diverse „Xiang-Lin“-Speisen (auf heißer Eisenplatte serviert) oder eine „Dong-Hai Ente“, die eine knusprig gebratene Ente mit Sojasprossen und Pflaumensauce ist. Die Nudeln werden hier in diversen Variationen hausgemacht, so steht es in der Karte geschrieben. Lediglich die Nachspeisen können insofern nicht überzeugen, als dass es ausschließlich gebackene Nachspeisen gibt außer den „gerösteten Cashew-Nüssen mit Honig“. Ein Peking-Entenmenü darf natürlich ebenfalls nicht fehlen (EUR 54,50 / 4 Personen).

Zu trinken hatte ich ein Krügel „Ottakringer vom Fass“ (EUR 3,30), das O.K. und ohne Tadel war. Der kleine „Espresso“ zum Abschluss war überraschenderweise sehr gut (EUR 1,80) und dazu auch noch sehr günstig.

Einmal die „Gegrillten Jiao-Zi mit Fleischfülle und Knoblauch-Sojasauce“ (EUR 2,90) - die Füllung der vier Täschchen bestand aus fein faschiertem Schweinefleisch, war sehr gut abgeschmeckt und der Nudelteig ausgesprochen geschmackvoll. Von der Form her würde ich nicht unbedingt auf hausgemacht schließen, so kenne ich sie auch aus den Asiamärkten in „China-Town“ nahe des Naschmarktes. Außerdem wurden sie nur auf einer Seite deutlich sichtbar gegrillt und auf der anderen Seite waren sie recht hell und „letschert“. Die Salatgarnitur dazu (Sojasprossen und scharfer Krautsalat) war gut, die Knoblauch-Sojasauce dazu war klassischer Standard. In Summe ein eher schwaches GUT, wegen der Zubereitung der Jiao-Zi.

Einmal die „Vietnamesischen Frühlingsrollen mit Fleischfülle und süßer Essigsauce“ (EUR 2,70) – serviert wurden drei kleine Frühlingsrollen, deren Füllung sehr gut war. Hausgemacht waren die Röllchen definitiv. Leider waren die Rollen selbst sehr unterschiedlich gegart, von noch sehr blass bis etwas verbrannt. Die für vietnamesische Frühlingsrollen so typische und üppige Salat- und Kräutergarnitur (Thai-Basilikum, Koriander, etc.), damit man dann die Röllchen damit umwickeln kann, fehlte leider völlig bis auf drei verlorene Blätter Häuptel-Salat. Die süße Essigsauce war brauchbar aber auch nicht mehr – es wurde jedoch einfach deutlich zu wenig Sauce gereicht. Ein schwaches und gerade noch GUT bis fast mäßig.

Einmal die „Dong-Hai Ente“ (EUR 8,20) – eine wunderbar knusprige Ente mit gebratenen Sojasprossen und Pflaumensauce wurde serviert. Garniert mit ausreichend und frischem Lauch war diese sehr knusprige aber nicht trockene Ente ein Gedicht. Die Pflaumensauce war sehr würzig süßlich und fruchtig und die Ente schmeckte deutlich nach Sternanis. Mir wurde jedoch versichert, dass dieser Geschmack von der fermentierten dunklen Sojabohnenpasta käme, Sternanis würde man hierfür nicht verwenden. Wer Sternanis absolut nicht mag, sollte dieses Gericht meiden, aber es schmeckte mir wunderbar. Das Bett an Sojasprossen war sehr üppig und sie waren allesamt noch knackig und resch. Für mich ein glattes SEHR GUT. Die Portion war sehr üppig und ich fand den Preis hierfür fast schon sensationell günstig.

Summa summarum gebe ich für die Speisen ein ehrliches GUT, wobei für mich die Ente einfach das Highlight war. Sonst hätte es wohl eher nicht so glatt dafür gereicht. Die Speisen sind mehr als ausreichend, gut gewürzt und frisch zubereitet. Die Preise sind durch die Bank günstig und manchmal sogar sensationell preiswert.

Das Ambiente hätte sich aus meiner Sicht durchaus ein „Sehr gut“ verdient. Schlüssig, adrett und sehr gepflegt trotz der Zeitreise in die „80er“, mir hat es sehr gefallen. Die Sanitäranlagen können aber hier absolut nicht mithalten, weil einfach nicht mehr dem heutigen Standard entsprechend. Daher gibt es in Summe für das Ambiente nur ein GUT.

Der Service ist freundlich, nett und beantwortet jede Frage gerne und auskunftswillig. Die Unterhaltung scheitert jedoch da und dort am schlechten Deutsch der Kellner. Rasch abgeräumt wird nicht benötigtes Geschirr hier aber definitiv nicht, trotzdem das Lokal kaum besucht war. Auch war man von Zeit zu Zeit eher mit dem Knabbern irgendwelcher Snacks hinter der Theke beschäftigt. Aber beide Kellner waren höflich, freundlich und für dieses Lokalniveau gebe ich daher gerade noch ein GUT.

Fazit: eine echte Alternative in der panasiatischen Küche kann man im „Ostmeer“ durchaus erwarten. Brav gemachte Speisen, die jedoch da und dort Schwächen in der Zubereitung zeigen. Die Preise sind sehr günstig und das Lokal ist auch für Familien geeignet. Ich hatte, da ich eine absolute Intoleranz gegenüber Glutamat „aus dem Schütter“ habe, kein Glutamatproblem mit den Speisen und keinerlei Nebenwirkungen – sehr positiv. Das Lokal ist ein vollkommenes Nichtraucherlokal, und den obligaten Pflaumenschnaps inklusive einem Glückskeks gibt es hier auch. Man hat, für die heutige Zeit indiskutabel, keinen Internetauftritt. Die Weinkarte bietet eine für ein China-Restaurant ungewöhnlich große Auswahl an Österreichischen Weinen (Jurtschitsch, Nigl, Netzl, Pasler, Klosterneuburg, Zull oder Christ). Sollte man in der Nähe sein, so empfehle ich durchaus eine Einkehr im „Ostmeer“, extra von weiter weg herfahren würde ich aber nicht unbedingt, wenn auch absolut nichts schlecht und die Ente für mich sogar ein Gedicht war.
Chinarestaurant Ostmeer Visitenkarte Seite 1 - Chinarestaurant Ostmeer - WienChinarestaurant Ostmeer Visitenkarte Seite 2 - Chinarestaurant Ostmeer - WienChinarestaurant Ostmeer Lokalaußenreklame - Chinarestaurant Ostmeer - Wien
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4 Kommentare

Durch die sehr gut geschriebene Bewertung von Gerry werde ich mir meine ersparen. Sehr positiv war heute der Service der Chefin, die perfekt Deutsch spricht, freundlich und kompetent und auch extrawünsche werden gerne realisiert. Die gebratenen Reisnudeln mit drei Sorten Fleisch waren sehr scharf gewürzt aber mit genug Biss, das Fleisch zart. Ebenso der Brokolli knackig, heiss und scharf zubereitet. Die Haifischflossensuppe traditionell schaumig und sicher authentisch zubereitet, aber persönlich nicht mein Geschmack. Ich habs probiert, aber werde es wohl nicht mehr bestellen. Die retrochinesische Einrichtung und Küche hat aber ihren Reiz und auch die Preise sind sehr günstig.Von den Portionen wird man mehr als satt. Bereuen wird man einen Besuch hier sicher nicht. I

22. Sep 2013, 14:35·Gefällt mir

P.S. das ist mir schon wichtig: es wurde KEIN Prospektmaterial eingescannt sondern lediglich Ihre Visitenkarte, die wegen des "normalen Gebrauchs" öffentliches Gut ist.

19. Okt 2012, 20:52·Gefällt mir

Lieber Heizen Chiu, ich bin schon "etwas" länger auf der Welt als hier im Forum aktiv, daher "erlaubte" ich mir, diverse Check-Ins nachzuholen. Wir gingen immer schon gerne und oft auswärts essen, wenngleich ich auch sehr, sehr oft selber koche. Die gewisse Ironie in Ihrem Kommentar kam schon an, keine Angst, besonders die mit dem Foto vom Klo oder dem "spannendem Glasschüsserl" - reinigt es, bevor es serviert wird, es schwammen undefinierbare Flankerl in der eigentlich klaren Sauce. Da ich nun annehmen muss, dass Sie in irgendeiner Form mit diesem Lokal verbunden sind: "Ändert das Erwähnte, es sind echte Mankos!" Sie können aber auch gleich konservativ weitertun und sich völlig kritikrestent geben. Auch kein Problem für mich.Aber so kommt halt dieses Lokal "rüber", nicht mehr und nicht weniger. Liebe Grüße und Danke vom Gerry

19. Okt 2012, 20:45·Gefällt mir
Heizen Chiu

Dieses Lokal braucht keinen Internetauftritt es hat ja Sie. Nicht nur eingescantes Prospektmaterial sondern auch die spannenden Fotos wie zum Beispiel das Glasschüsserl mit süßem Essig sind sehr informativ. Schade das kein Foto vom Klo dabei ist. Nur eines ist irritierend. Wie macht man innerhalb eines Jahres 1318 Check-Ins?

19. Okt 2012, 20:16·Gefällt mir
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