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Do, 28. März 2024

Hotel Hubertushof - Bewertung

amarone1977
Experte
am 27. September 2012
SpeisenAmbienteService
Hubertushof – der Name allein löst bei mir automatisch folgende Assoziation aus: großer Dorfgasthof.
Warum eigentlich?

Schnell auf die Autobahn A10, zwei Ausfahrten weiter. Zielort Anif ist ein wenig irreführend für Navi-Fahrer. Denn Anif liegt östlich der A10, Grödig liegt westlich.
Wenn man zum Hubertushof will, muss man aber die Richtung „Grödig“ der „Doppelabfahrt“ Salzburg-Süd/Grödig wählen und nicht die Richtung „Anif“.

Hat man diesen kleinen Irrtum überwunden bzw. ist er gar nicht erst passiert, so fährt man von der Autobahn ab, passiert das Ortsschild Neu-Anif und kann den riesigen Hotel-Gasthof zur Rechten gar nicht erst verfehlen. Da war sie also wieder, die Assoziation. Obwohl ich bis dato noch nie in Neu-Anif gewesen war.
Ein „Prachtbau“ aus der Zeit Ende der 70er bzw. Anfang der Achtzigerjahre, in typisch Salzburger „Landarchitektur“. Fehlt nur mehr der hölzerne Glockenturm am Dach, den man aber wohl allein schon wegen der Größe des Gebäudes gar nicht erst sehen würde.

So auch innen, die ineinander gebauten Sitzgruppen sind ein Gesamt“kunstwerk“ aus dunkel gebeiztem Holz und dem typischen Schnitzwerk wie etwa diese „Blumenmuster“, die mit klassischem Tischlerwerkzeug aus dem Holz gearbeitet werden.

Das Lokal ist riesig. Rezeption, Bar, Raucherbereich, Nichtraucherbereich, Festsaal, Stüberl, Kammerl (?)….
Allesamt getrennt durch „falsche“ Fenster, im Nebenraum kann man irgendeinen Komiker und jede Menge Umtata samt Gelächter durchhören. Stört aber nicht wirklich.

Die Sitzgruppen, meist rundlich angeordnet, sind durchaus gemütlich, auf den Stoffen und Pölstern sind grüne und rote Hirschen aufgestickt. Waidmannsheil, jodeldidö!

Das Personal ist zünftig in Sound-of-Music-Uniform unterwegs, krachlederne „Buam“ und dirndl-bewehrte „Madln“ flitzen freundlich, aber auch ordentlich mit Arbeit ausgestattet umher.
Störend: vom Bestellen der Getränke über das Essen bis zum Servieren der verschiedenen Speisen lerne ich allerlei verschiedene Personen „kennen“, die ich danach auch zumeist nicht mehr wiedersehen sollte.
Da kann’s dann schon mal passieren, dass nach dem Servieren von Käse eine weitere Servicedame nochmal das Besteck für den Käse servieren will, nicht wissend, dass dies schon längst Vergangenheit ist.

Ich nehm’s mit Humor und Gelassenheit – habe ich doch schließlich Zeit.

Große Karte: Klassisches und Regionales, Internationales wird auch geboten. Und ein Tagesmenü, je nach Hunger 3-, 4- oder 5-gängig. Preislich sind die Sprünge nicht enorm, und der Preis wirklich nicht unattraktiv – also gleich die 5 Gänge geordert, zu 36 Euro, die da wären:

Gedeck: Weißbrot und eine Brotsorte, die ich hier mal als verlängerten Kornspitz bezeichnen will, schräg aufgeschnitten – dazu einen eher banalen Liptaueraufstrich.

eine Wurzelkrenterrine (welcher Kren ist keine Wurzel?) mit Sauerrahm und gebratenem Gemüse: Melanzani und Paprika sind fein im Salzburger Wok gedünstet, aber Fan von Nachtschattengewächsen werd ich wohl nimmer werden. Die Terrine erinnert in der Konsistenz an einen festeren „Obstgarten“ – nur ohne Obst, dafür mit einer feinen Schärfe vom Kren und dem Sauerrahm als passenden Emulgator. Obers hätte wohl nicht gepasst. Gut so.

Eine Leberknödelsuppe. Guter, feiner, fester Knödel. Ausreichend würzig. Nur die Suppe überzeugt mich nicht so ganz, da fehlt mir ein wenig das Bauernküchenfeeling, warum weiß ich nicht. Vielleicht wurde sie filtriert? Oder ein wenig verdünnt? Immerhin: frischer Schnittlauch.

Ein rosa gebratenes Filet vom Tullnerfeldschwein mit Bayrischkraut und Erdäpfel-Speckroulade.
Kein Murren und Knurren beim Schweinefilet – auch wenn Schweinefleisch bei mir sonst vielleicht zweimal im Jahr am Speiseplan steht. Sehr anregend und saftig- resch das Kraut, die Erdäpfel-Speckroulade kann sich allerdings nicht ewig auf den Speck rausreden, dass sie dermaßen salzig ist. Zuerst geht’s ja noch, aber die zweite Roulade bleibt stehen, da wird’s zu penetrant.

Ein Käsetellerchen: wie alles hier im Haus sehr bemüht angerichtet, nebst Rollino, St. Patron und einem geruchstechnisch kaum „meckernden“ Ziegenkäse findet sich ein wenig Feigensenf, ein paar Träublein (ich mag die „flüssig fermentierten“ lieber…) und ein buntes Kartoffelchips-Grüppchen. Ja, das Waldviertel vermarktet sich ja neuerdings mit violetten Kartoffeln. Hübsch anzusehen und schmeckt alles zusammen auch ordentlich und gut aufeinander abgestimmt.

Eine Himbeerta… - wie hieß das nochmal? Kein Mousse, kein Pudding, aber in Konsistenz der Terrine zuvor sehr ähnlich. Sehr gut, wenn auch die Säure der Himbeere irgendwann mal eher eindimensional daherkommt. Was der Himbeere gut täte: ein „Gegenspieler“ wie etwa die rote Ribisel. Wer diese Kombination schon mal probiert hat, erinnert sich lange daran!

Pralinen zum Schluss, eine mit Eierlikör, eine mit Passionsfrucht! Beide sind sehr gut, sehr harmonisch, nicht übersüßt, nicht „parfümiert“.
Serviert als kleine Entschuldigung für die versalzene Beilage zuvor. Danke sehr!

Getränke: ein sehr guter, frisch gepresster Apfel-Karotten-Zitronen-Drink. Erfrischt und sollte auch dem grassierenden Grippevirus entgegenwirken.
Wein: ein tadelloser Blaufränker und eine für meinen Geschmack eher fade Auslese, die obendrein mit dem Himbeerdessert gar nicht gut harmoniert, es entsteht ein bitterer Nachgeschmack.
Mir sind italienische Süßweine außerdem fast ausschließlich lieber. Die Burgenländer kommen da irgendwie ein wenig „dünn“ daher.

Fazit: ein Riesengasthof mit enormem Betrieb und doch gemütlicher Atmosphäre. Wohl auch als Tribut dafür kleine Serviceschwächen, aber zweifelsohne sehr freundliche Bedienung.
Die Küche ist gut, wenn auch nicht außerordentlich, der Salzstreuer darf nicht so locker liegen.
Man muss aber auch fairerweise sagen, dass die 50 Euro samt Getränken (36 für das Menü) recht straff kalkuliert sind.
Hotel Hubertushof - AnifGedeck: Liptauer, Weißbrot, Körndlbrot - Hotel Hubertushof - Aniffrisch gepresst: Apfel-Karotte-Zitrone - Hotel Hubertushof - Anif
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4 Kommentare

Donk! :)

27. Sep 2012, 21:38·Gefällt mir

Genau das ist es in der Küche, lieber amarone1977, man lernt NIE aus in der Küche...spannend und so überraschend! Aber jung müssen die Blätter sein und recht frisch auch die Blüten...würzig und wirklich gut - ähnlich dem Borretsch im Saft stehend. Danke noch einmal für einen sehr guten Bericht vom Gerry

27. Sep 2012, 21:08·Gefällt mir1

Gerry: man lernt nie aus! Meine kulinarisch beschlagene Familie hatte allerdings nie die "oberirdischen" Teile vom Kren verarbeitet, muss ich mal probieren. Danke!

27. Sep 2012, 20:56·Gefällt mir

Super Bericht, wie immer, man kann aber auch durchaus die jungen Blätter und Blüten und nicht NUR die Wurzel des Krens verarbeiten - besonders in Salaten! Gerry

27. Sep 2012, 20:01·Gefällt mir
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