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Hartaberfair
am 1. Juli 2012
SpeisenAmbienteService
Wenn man den Bewertungen und Kommentaren hier Glauben schenken darf, scheint das Weingut Reisenberg sehr zu polarisieren. Nach unserem ersten eigenen Besuch des „Heurigen“ zeigt sich mal wieder, dass die Wahrheit wohl in der Mitte liegt.

Das Essen: Die Karte ist als übersichtlich zu bezeichnen. Es gibt rund ein Dutzend Gerichte aus der Küche, sowie noch einmal etwa halb so viele Gerichte vom Grill. Ein klassisches Buffet wie aus anderen Heurigen gewohnt gibt es nicht. Die Speisen aus der Küche werden serviert, die vom Grill muss man sich selbst abholen.

Wir haben uns für den Schweinsbraten, den Tafelspitz und das Roastbeef mit Steinpilzen entschieden. Die Portion Roastbeef war übersichtlich und schön angerichtet. Das Fleisch war geschmacklich gut und schön dünn geschnitten. Die Steinpilze waren scharf angebraten und kräftig gewürzt. Dazu wurde Sauce Tartar gereicht und zwar reichlich. Für die Menge an Fleisch und Pilzen viel zu viel. In Summe war das Roastbeef mit den Pilzen lecker, aber für 17 Euro eher eine kleine Portion. Ich habe mir daher noch eine Portion Ofenerdäpfel vom Grill geholt. Zwar waren die Kartoffeln in Alufolie eingepackt, aber leider kamen sie nicht vom Grill, sondern eher aus dem Dampfgarer. Insofern schmeckten die Erdäpfel eher wie Pellkartoffeln. Der winzige Klacks Kräuterjoghurt dazu war ein Witz. Zum Glück war noch reichlich Sauce Tartar vom Hauptgang übrig.

Der Schweinsbraten wurde mit Serviettenknödel und Sauerkraut serviert. Laut meiner Frau schmeckte zwar alles ausgezeichnet, allerdings bestand die Portion aus einem dünnen, kleinen Stück Braten und einem Wammerl. Also eigentlich ein Etikettenschwindel. Um 15 Euro war der Preis als ambitioniert zu bezeichnen.

Der Tafelspitz unserer Begleitung war geschmacklich ebenfalls einwandfrei und da es sich um drei Stücke mageres Fleisch handelte war die Portion effektiv deutlich größer als der Schweinsbraten mit 16,5 Euro aber auch etwas teurer. Zum Tafelspitz sollte es laut Karte Rösti und Spinat geben. Der Spinat entpuppte sich als Crémespinat (die Konsistenz muss man mögen) und schmeckte etwas überwürzt nach Gemüsebrühe. Eine völlig falsche Vorstellung hatten wir vom Rösti. Statt eines solchen gab es etwas, das wie zerstampfte Bratkartoffeln aussah und zu einem kleinen Berg aufgetürmt war. Geschmacklich waren die Beilagen ebenso in Ordnung wie die gereichte Schnittlauchsoße und der Apfelkren.

Die zum Nachtisch gewählten Marillenknödel waren delikat und um 5,8 Euro das einzige Gericht, bei dem ich nicht von einem angesichts der Portionsgröße überhöhten Preis sprechen würde.

Schwachstelle sind in meinen Augen die Getränke, was für einen Heurigen eher ungewöhnlich ist. Die Weinkarte ist vorsichtig ausgedrückt sehr übersichtlich. Die angebotenen Weine dafür sehr teuer. Die günstigste Flasche Wein kostet 20 Euro, im Schnitt muss man 30 Euro hinlegen. „Einfallsreich“ finde ich die Tatsache, dass der Preis einer Flasche Wein exakt auf die Gläser heruntergerechnet wird. Kostet eine Flasche à 0,75l beispielsweise 28,6 Euro, so kostet ein Achterl 4,77 Euro, also immer genau 1/6 des Flaschenpreises. Dass also eine Flasche nicht günstiger ist als sechs Gläser des Weins habe ich so auch noch nie erlebt. Der von meinen Begleiterinnen gewählte Wein (Sabathini und Landwein) war in Ordnung, aber sicher nicht seinen Preis wert. Auch die übrigen Getränkepreise sind sportlich: 1l Soda 5,4 Euro, 0,33l Almdudler 2,88 Euro, 0,33l Stiegl Goldbräu 3,48 Euro und 2,76 Euro für einen kleinen Braunen.

Der Service: Hier gibt es Abzug. Bei unserem gestrigen Besuch war der Heurige gerammelt voll. Dies scheint (laut der übrigen Bewertungen hier) öfters so zu sein, weswegen wir nicht nachvollziehen können, weshalb es offenbar nur 10 Speisekarten gibt. Uns wurde zu dritt eine auf den Tisch gelegt, die uns aber dann auch rasch wieder entwendet wurde, nachdem wir bestellt hatten. Außerdem fand ich es nicht sonderlich nett, mich vom Kellner schnippisch anreden lassen zu müssen, weil wir 15 Minuten zu spät nach unserer reservierten Zeit ankamen. Nicht sonderlich schön fand ich auch, als uns ungefragt weitere Gäste an unseren Tisch gesetzt wurden.

Auf meinen Wunsch nach einem Radler antwortete der Kellner nur „Gibt´s nicht.“. Ich bestellte dann Almdudler und Bier und mixte mir meinen Radler selbst. Auf diese Idee scheint der Kellner noch nie gekommen zu sein. Dieses 0,66l Radler kostete mich stolze 6,36 Euro.

Was überhaupt nicht geht ist die Tatsache, dass kein Leitungswasser ausgeschenkt wird. Für jemanden der schon viele Restaurants in Wien besucht hat und für den daher das Leitungswasser zum Essen inzwischen obligatorisch ist, war das eine unangenehme Überraschung. Angesichts der Hitze gestern mussten wir aber Wasser trinken. Also blieb uns nichts anderes übrig, als um schlanke 5,4 Euro je Liter Sodawasser zu bestellen. Warum das Weingut Reisenberg so eine Abzocke nötig hat weiß ich nicht. Übertroffen wurde diese Unart noch, als nicht mal zum bestellten Kaffee das in Wien selbstverständliche Glas Leitungswasser gereicht wurde.

Gestört hat mich des Weiteren, dass man die Speisen vom Grill, die man sich selbst holen muss, sofort zu bezahlen hat. Gestört deswegen, weil die Dame hinter der Theke sowohl mein Essen als auch das Geld in den Händen hatte, was sich sehr unhygienisch finde.

Das Ambiente: Hier kann es nur die Topnote geben. Die Lage in den Weinbergen und insbesondere der fantastische Blick auf die Stadt sind wohl einmalig. Muss man gesehen haben. Unverständlich ist für mich, weshalb man auf schöne Speisekarten verzichtet. Was man bekommt sind mit dem hauseigenen Drucker bedruckte DinA4 Seiten in Klarsichthüllen. Für einen Edel-Heurigen ein No-go.

Fazit: Das Weingut Reisenberg darf getrost als Edel-Heuriger bezeichnet werden. Die exklusive Lage wird bei den Preisen schamlos ausgenutzt. Wem das egal ist und wer bereit ist, für die grandiose Aussicht tiefer in die Tasche zu greifen, der sollte ruhig mal vorbeikommen. Vom Service sollte man sich aber nicht allzu viel versprechen. Der erfolgt eher in Form einer Massenabfertigung.
Tafelspitz - Weingut am Reisenberg - WienSchweinsbraten - Weingut am Reisenberg - WienRoastbeef mit Steinpilzen - Weingut am Reisenberg - Wien
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12 Kommentare·Zeige alle Kommentare

@ eho: Ich fürchte beim Genieser trifft zweiters zu. Wir sind nicht registriert, leisten keinen vernünftigen Beitrag der anderen hilft, dafür simma a bissal präpotent. Weiter so lieber Genieser!

8. Okt 2012, 16:57·Gefällt mir1

G-Nieser: Gesundheit! Übrigens - wenn du dich schämst, Leitungswasser zu bestellen, dann soll das so ein. Als brav konsumierender Gast (mehrgängig, dazu zwei, drei Achtel Wein) möcht ich über das Glasl Wasser nicht diskutieren müssen. Ich lasse mich nicht zu einer Gruppe zählen, die abends ausgeht, um nichts als Leitungswasser zu konsumieren. Ich kenne solche Menschen auch gar nicht, meiner Meinung nach sind sie auch ein Hirngespinst schlechter und ständig jammernder Gastronomen (wurde auf restauranttester.at aber eh schon lang und breit diskutiert....).

4. Okt 2012, 14:27·Gefällt mir

@Genieser Entweder hast du die anderen Kommentare nicht gelesen oder nicht verstanden. In deinem Interesse hoffe ich Ersteres!

4. Okt 2012, 14:14·Gefällt mir
Der Genieser

also billig war es da noch nie. wer es sich nicht leisten kann soll halt einfach zu hause seine 2 gläser leitungswasser trinken aber von gratis wasser trinkenden gästen kann kein lokal leben. ich geh gerne hin. ich kenn die preise, geniesse die aussicht und leitungswasser trinke ich zuhause. es gibt übrigens stilles wasser in kleinen und grossen flaschen am reisenberg. klarerweise muss man diese kaufen

4. Okt 2012, 13:48·Gefällt mir
Essfreak

Uns hat es der Kellner damals auch so ähnlich erklärt (nochdazu sehr freundlich). Ich bin mir aber nicht mehr sicher ob es an der Entkalkung oder Anreicherung mit irgendwas liegt. Vielleicht gibt es in diesem Forum auch Hobbychemiker die das näher erklären können:) Das Soda soweit ich weiß kommt aus der Flasche.

22. Aug 2012, 15:39·Gefällt mir

Tja, leider steht´s halt nicht in der Karte und so eine nette und überzeugende Erklärung bekommt man vom Personal leider auch nicht.

21. Aug 2012, 19:12·Gefällt mir2
gast

Das mit dem Leitungswassser hat nichts mit Abzocke zu tun sondern mit der Kalkproblematik am Reisenberg. Das Leitungswasser dort oben ist nach dem ganzen Enthärtungs- und Filterungsprozess "schneeweiß". Der Wirt hat sich halt dazu entschlossen es nicht pur auszuschenken. Wahrscheinlich weil ohnehin jedes Glas entweder zurückgeschickt werden würde oder stehen gelassen werden würde...weil es eben schneeweiß ist. Absolut sauber aber halt für den Gast ungewohnt. Dies sollte eigentlich auch zur Information in der Speisekarte stehen, dann würden diese vorschnellen Verteufelungen und unbedachten Aufregungen hier nicht stattfinden...

21. Aug 2012, 10:17·Gefällt mir1

Leitungswasser war immer schon in die Preise mit hineinkalkuliert worden. Dieses Gejammere von (schlechten) Gastronomen führt nur dazu, dass Leute eben ihr Dinner nächstes Mal woanders konsumieren werden.

13. Aug 2012, 14:22·Gefällt mir

Wenn 4 Personen an die EUR 200,00 ausgeben, sollte es auch möglich sein ein Glas Leitungswasser zu verschenken.

13. Aug 2012, 14:16·Gefällt mir

Beim Leitungswasser gehen wohl die Meinungen sehr auseinander. Ich kann verstehen, wenn dafür etwas verlangt wird, wenn sonst kein Getränk konsumiert wird. Bei einer Zeche von 200 Euro für 4 Personen = 50 Euro/pax empfinde ich es als eine Frechheit! Vor allem, weil ich es bei immer mehr Lokalen (auch Einfacheren) erlebe, dass zum Glas Wein automatisch ein Glas Wasser serviert wird. Eine Verweigerung setzt dem Ganzen dann noch eins drauf.

13. Aug 2012, 14:02·Gefällt mir
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