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Mi, 24. April 2024
amarone1977
Experte
am 4. Juni 2012|Update 12. Jul 2013
SpeisenAmbienteService
(Anm.: Updates vom 19.7.2012, 12.7.2013 ganz unten unter den Sternderln ***********************************)

Fährt man mit Kopfweh, Husten und erhöhter Temperatur noch 25 Kilometer, um gut zu essen? Nach Etmißl! Where the freak is Etmißl?

Doch, das lohnt sich, vor allem wenn man beim Hubinger einkehrt. Und das geht so:

Etmißl ist ein 500-Seelendorf am Fuß des „heiligen“ Berges der Obersteirer, dem Hochschwab. Eine 30-er-Beschränkung durch das Ortsgebiet, die Straße zu schmal für Leitlinien. Eine Kirche, ein paar schöne Höfe, traumhaftes Wetter. Und zwei Gasthäuser.

Von außen betrachtet ein einfacher, alter Gasthof – von innen betrachtet ein einfacher, alter Gasthof. Genau deswegen würde ich mich auch hier so wohl fühlen.
Eine richtige Stube, Kachelofen, schön gedeckte Tische mit viel Platz zum Nebentisch.

Ich brauche dringend was zu trinken.
Darf’s ein Aperitif sein, junger Mann? - Ja bitte einen Tee, für meine Stimme.
Frau Chefin hat alles, der Kräutergarten spielt alle Stückeln. Frischer Salbei, eventuell sogar mit Thymian, dazu ein Schälchen Blütenhonig. Fast fürsorglich überprüft die Wirtin zweimal, ob der Tee auch schon richtig gezogen hat. Ich sage nur: Elixier!
Frau Chefin verspricht mir und dem Nebentisch, ich würde nach dieser Portion Tee noch was vorsingen können.
Ich will’s euch nicht antun. Aber der Tee schmeckt traumhaft.

Brot. Aufstrich, Paprika. Letzteren lasse ich dort, wo er ist. Der Aufstrich ist ein guter Beginn, das Brot ist zum Teil selbst gemacht, zum Teil selbst gekauft. Eine der beiden jungen Damen im Service erwähnt es mit sympathisch-selbstironischem Unterton.

Asmonte-Schaumsuppe mit gerösteten Blunznradln. Was bitte ist Asmonte? Ganz einfach, hatte ich auch schon im Fischbacher „Forsthaus“: die steirische Antwort auf Parmigiano.
Sehr schönes Süppchen, das zu Recht auf den Namen Schaumsuppe hört, nicht zu salzig, der Käse ist salzig genug, die knusprig-zarten Blunznradln passen perfekt dazu.

Ein Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln.
Schon lange keinen Rostbraten mehr gegessen. Allerdings auch, weil ich schon lange keinen guten mehr zwischen die Zähne bekommen habe.
Der hier wird bei jedem Bissen besser. Das Fleisch zeigt was es kann. Medium, sehr zart und doch mit einem gewissen Biss, der dem Fleisch aber verdammt gut steht. Das Sößchen ist sehr gut, auch wenn bei meinem Geschmack immer ein bisserl weniger Salz ginge.

Überbackende Rhabarberpalatschinke mit Vanille-Parfait und Erdbeeren.
Eine dem Salzburger Nockerl ähnliche Schnee-Burg, die sich auf der Palatschinke türmt.
Die Füllung mit Rhabarberstücken, wunderbar abgeschmeckt, schön süß-sauer, und doch ganz anders, als ich den Rhabarber kenne.
Das Vanilleparfait schmilzt wie auf Befehl, sensationell.
Schon lange kein so feines Dessert gegessen. Perfektes Parfait, der Ei-Schnee zergeht und schmeckt (normalerweise zergeht Eischnee und schmeckt nicht…) und die Palatschinke hat endlich ihre perfekte „innere“ Begleitung gefunden.

Und: die beigestellten Erdbeeren sind endlich mal Erdbeeren, die aromatisch und süß sind. Kein Zweifel, die kommen weder aus Chile, noch aus Spanien. Steiermark, und kein Erdbeerland, ich wusste es. Es zahlt sich aus, für das Besondere ein ganzes Jahr zu warten.

Ende Runde eins, so zu sagen. Hierher komme ich sicher wieder, allerdings um mich auch hier für wenigstens eine Nacht einzumieten, hoffentlich ohne Verkühlung, obwohl der Salbeitee wirklich ein Balsam war.
Wunderbarer Gasthof in wunderbarer Gebirgskulisse. Sehr empfehlenswerte Küche, die das Einfache beherrscht und dabei das Besondere herausholt.

Und das soll mir eine Monatsempfehlung wert sein.

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Update 19.7.

Zwei Übernachtungen samt Verköstigung beim Hubinger. Diesmal ohne Halsschmerzen.

Ich habe also mein Versprechen wahr gemacht, mich dort nach stolzem Mahl gleich gemütlich einzuquartieren.

Erster Abend.
Gedeck: Kräuteraufstrich. Brav. Mit frischem Schnittlauch, eigentlich muss man das gar nicht erwähnen.

Rehkraftbrühe mit Teigtascherl (4€). Die Suppe wird viel zu bescheiden auf der Karte geführt. In der herrlichen „Gicht“-Brühe tummeln sich nämlich „ganz nebenbei“ auch unglaublich zarte Filetstückchen, schön knackiges, nudelig geschnittenes Gemüse und ein paar kleine, schön bissfeste Eierschwammerln.
Die Tascherln sind schön dezent würzig gefüllt, der „Rest“ geht runter wie Öl.

Beiried mit Fisolen und Kartoffeln, gratiniert (20€). Das Fleisch setzt dort fort, wo es schon damals als Rostbraten angefangen hat. So zart und saftig, man muss sich bemühen, langsam zu essen. Die Fisolen sind fast schon ein wenig zu bissfest geraten, sorgen aber keineswegs für Baucherlweh danach. Die gratinierten Kartoffeln passen perfekt dazu, zerfallen nicht im Mund. Schön.
(Leider sind mir die Bilder der beiden Gänge versehentlich beim Kopieren verlustig gegangen)

Topfen-Marillen-Kuchen. Ganz einfach gemacht, ohne Schnickschnack. Marillen sind von der Säure her „gebändigt“ worden, der Staubzucker oben drauf wäre aber gar nicht erst nötig gewesen.

Zweiter Abend.

Gedeck: Liptauer. Bin kein Liptauer-Fan. Aber dieser hier schmeckt.

Schwammerlsuppe mit Hadnsterz (4,10€). Ein steirischer Klassiker, das haben in unserer Familie schon vier verschiedene Generationen an einem Tisch gemeinsam konsumiert. Immer wieder. Hier kommt man grade eben erst von einer kurzen Laufrunde rund um das Dorf zurück und lässt sich so zu sagen diese Suppe einflößen. Kurz gesagt: besser geht’s nicht. Der Sterz schön bröckelig-nussig, aber nicht trocken, dafür aber auch nicht klebrig-batzig. Und die Suppe lässt in puncto Würzung keine Wünsche offen. Die Schwammerl sind nicht jene Rieseneierschwammerl aus Litauen, sondern schön kleine, kompakte, würzige, nicht wässrige Vertreter aus der Gegend. Unglaublich. So fein.

Eierschwammerlsauce mit Serviettenknödel (10,50€). Ja, ich hab mir heut tatsächlich ein „Waldmenü“ zusammengestellt. Knödel mit wunderbarer Konsistenz, Sauce nicht übertrieben mit Rahm gestreckt, sehr gut abgeschmeckt. Einziger Kritikpunkt, natürlich mit der Chefin besprochen: ich würde nie Paprikawürfel hineinschneiden. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

Heidelbeerstrudel: keine Kulturheidelbeeren, wenn auch noch nicht Jahrgang 2012, klar. Viele Bemmerln drin, Zunge zeigen beweist: echte Hochschwab-Beeren! Gut!

Die Chefin nimmt sich wie immer gern und viel Zeit für die Gäste, man fühlt sich rundum wohl.

So wohl, dass dem feinen Mahle eine angenehme Bettschwere folgt. Ab ins gemütliche Zimmer (38€). Internetanschluss, eine Matratze, die des nächstens kein U-Hackerl aus mir macht.
Frühstück für morgen? Selbst gemachtes Brot, ebenso die Marmeladen. Alles da.
Gute Nacht! Hoffentlich bald wieder.

PS: die 5 für's Essen sind wohlverdient. Was man vor allem auch erwähnen muss: bei aller gebotenen Qualität schafft man hier das Kunststück, auch die Dorfbevölkerung an den Tisch zu bringen. Kompliment!

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Update 12.7.2013

- Super Grammelschmalz, zergeht auf der Zunge, feiner Kürbiskernaufstrich, nicht "sauer".

- Schwammerlsuppe, nicht püriert, alles schön gewürfelt, suppig, würzig, frische Kräuter. Mmmmm...

- Rehnüsschen: zart rosarot, ein butterweiches Tierchen, guter Rahmkohlrabi, ausgezeichnete, ja geniale Erdäpfel"wuzerln" in geriebenen Mandeln gewälzt, buttrig-gummig, herrlich.

- Beerenmus vereint sich unglaublich gut mit dem Fleischerl, ja gibt's denn das?

- Marillenknödel: stopf den Minz-Zweig in die Marille, das schmeckt nochmal so gut... zwei Aromabomben, nur leicht gezuckert.

- Frühstück: selbst gemachte Marmeladen - und das butterweiche hausgemachte Brot. So muss Brot schmecken. Fazit: gestärkt und fröhlich in den Arbeitstag, so geht das!

Hubinger - es war mir wieder mal ein Volksfest!
Gedeck: Schmalz, Kürbiskern, Brot - Landhotel Restaurant Hubinger - ETMIßLSchwammerlsuppe mit Hadnsterz - Landhotel Restaurant Hubinger - ETMIßLRehnüsschen mit Erdäpfelnockerl, Rahmkohlrabi, Beerenmus - und Schwammerl! - Landhotel Restaurant Hubinger - ETMIßL
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13 Kommentare·Zeige alle Kommentare
Hochschwab

Kann mich hier nur anschliessen, bin wirklich begeistert vom Hubinger. Herrliches Essen und das immer (kann ich nach ca. 15 Besuchen heuer beurteilen). Sehr persönliche Betreuung durch die Chefin, freu mich jedesmal aufs Hingehen.

31. Aug 2012, 19:15·Gefällt mir

Wie machst du das dann? In Gebärdensprache? *gggggg ;-)

6. Jun 2012, 13:24·Gefällt mir2

Ich bin halt selbst der strengste Chef - auch mit mir selbst. Drei Tage Referieren ohne Stimme gehört dann leider auch dazu, da ich mich leider nicht selbst ersetzen kann ;-(

6. Jun 2012, 10:27·Gefällt mir

Hauptsache dir gehts wieder gut, aber wenn meine Mitarbeiter hustend und/oder schleimend ankommen, dann schick ich sie wieder heim. Abgesehen vom Ansteckungsrisiko ist es nicht so angenehm daneben zu sitzen. Aber es ist eh Vergangenheit und Amarone ist wieder frisch wie der junge Frühling, hoffentlich... ;-)

6. Jun 2012, 10:00·Gefällt mir

eho: mir ging's sogar schon am nächsten Tag besser. Klar, das sollte man niemandem in seiner Nähe antun. Aber die Viren sind ohnehin allgegenwärtig, wenn ma's kriegt, kriegt ma's ;-/

5. Jun 2012, 12:36·Gefällt mir

derweinrat: das solltest du bald nachholen ;-)

5. Jun 2012, 09:13·Gefällt mir

Antoinette: vielen Dank für die Blumen! :) Bitte versteh aber auch, dass ich DEINER Hubinger/Johanns-Erfahrung nicht beiwohnen konnte und ich abgesehen davon das Service der beiden Lokale nicht nach deinen Erfahrungen bewerten kann, sondern nur nach den meinen. Und das war beim Hubinger einfach bei aller Exklusivität des Johann doch um eine Portionen familiärer. Außerdem wurde ich bei Johann fast immer von einem sehr jungen Nachwuchskämpfer bewirtet, der zwar bemüht war, aber natürlich noch nicht die Erfahrung und Leichtigkeit mitbringen konnte.

5. Jun 2012, 09:13·Gefällt mir

Super Bericht, wie immer. Hat ein "Gefällt mir" verdient. Allerdings wäre es nicht nur für dich, sondern auch für deine Umgebung bei weitem gesünder wenn du mit diesen Symptomen daheim im Bett bleibst. Hoffentlich gehts dir schon besser!

5. Jun 2012, 07:08·Gefällt mir1

Antoinette: ich war in beiden Lokalen, und du?

4. Jun 2012, 23:10·Gefällt mir

Gerry - des mecht i a mana!

4. Jun 2012, 22:12·Gefällt mir
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