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Do, 18. April 2024

Grünspan - Bewertung

yangel
am 31. Oktober 2011
SpeisenAmbienteService
Ich komme soeben vom Mittagessen beim Grünspan. Lang ists her, dass ich zum letzten Mal hier war. Früher ging ich ja wirklich sehr gerne und sogar mehrmals wöchentlich hin, sowohl mittags als auch abends. Nachdem die Qualität der Speisen bei meinen letzten paar Besuchen aber rapide abgenommen hatte, ist es mir irgendwann einfach vergangen. Ich erinnere mich noch gut an halbrohe Backhendln und wässrige, geschmacklose Erdäpfelsalate.
Ich habe damals diesen Gäste-Fragebogen, der ja auf jedem Tisch vorzufinden ist, wahrheitsgetreu ausgefüllt und mir dann einen ausgedehnten Urlaub vom Grünspan gegönnt.
Heute entschied ich mich kurzerhand, wieder einmal hinzuschauen und reservierte für mittags einen Tisch, was schnell und problemlos funktionierte.

Dass das Lokal an einem Tag wie heute (also kurz vor Allerheiligen) knallvoll war, muss ich wahrscheinlich nicht extra erwähnen. Der Ottakringer Friedhof befindet sich nur wenige Meter nebenan und das Wetter lud förmlich ein zur Friedhofstour mit anschließender Einkehr beim Grünspan.
Dementsprechend hektisch ging es bereits beim Empfang zu, Gäste und Personal wuselten kreuz und quer durch die Gegend, die Geräuschkulisse war hoch, die Luft anfangs etwas stickig.
Als wir an unseren gemütlichen Fenstertisch gebracht wurden, verflog der anfängliche Stress aber rasch.

Die Speisekarte hat sich kaum geändert. Es werden typisch österreichische Schmankerln geboten (Rindsuppe, Sur- sowie Wiener Schnitzel, Schweinsbraten, Zwiebelrostbraten, Gekochtes vom Rind mit allem Drum & Dran und klassische Desserts) aber auch überbackene Brote und täglich wechselnde Mittagsmenüs. Normalerweise gibt es auch eine Wochenkarte, die wurde diesmal durch die Gansl-Karte ersetzt - und die war wirklich vielversprechend: neben einer Gansleinmachsuppe und der gebratenen Weidegans werden auch noch eine Gänseleberterrine und Erdäpfelknödel mit Gansfülle angeboten. Zugegeben, die Ganslknödel hätten mich echt gereizt, aber die (Neu)Gier auf das gebratene Weidetier war einfach zu groß.
So entschieden wir uns beide für die gebratene Weidegans mit Bratapfel, Rotkraut und Brezenknödel, wobei der Gast die Wahl hat zwischen Rotkraut und warmem Speckkrautsalat.
Als Vorspeise bestellte ich noch einen in Speck umwickelten gegrillten Schafskäse mit Rucola und Balsamicodressing.

Zur "Ganslzeit bei Plachutta" möchte ich noch anmerken, dass in den normalen Plachutta-Filialen sowie beim Plachutta´s Gasthaus zur Oper das klassische "Martinigansl" angeboten wird, beim Grünspan hingegen eine "gebratene Weidegans" (siehe Foto).

Das Personal war recht freundlich, aber merklich angespannt und gestresst von den Horden an Gästen, welche im Minutentakt einfielen wie Termiten - und das teilweise in echt riesigen Gruppen!
Umso mehr wunderte ich mich, wie schnell ich doch meine Vorspeise am Tisch hatte. Fünf Minuten maximal - sogar die Getränke brauchten länger. Organisatorisch ist das Personal hier nach wie vor gut eingespielt (war es aber immer schon), wobei ich mein Getränk trotzdem ganz gerne vor der Hauptspeise gehabt hätte.

Der mit Speck umwickelte gegrillte Schafskäse war leider bestenfalls durchschnittlich, was jedoch nicht an den Künsten des Kochs lag, sondern an der eindeutig minderwertigen Qualität des Schafskäses. Er war geschmacklos und viel zu weich, zerlief bereits beim Schneiden und hatte die Konstistenz von Kartoffelpürree. Der dazu servierte Rucolasalat in Balsamicodressing schmeckte widerum hervorragend.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir von der gebratenen Weidegans gar nicht allzu viel versprochen hatte. Umso überraschter war ich dann, als wir sie bekamen.
Die gute Nachricht: das Fleisch war ein Wahnsinn, es hat mich echt umgehauen!! Für mich mit Sicherheit eines der besten Gansln, die ich je hatte - und zwar mit Abstand!! Das Fleisch hätte mürber und saftiger nicht sein können, die Haut knusprig gebraten, beides vorzüglich gewürzt und mit Sicherheit ofenfrisch gebraten, also weder aufgewärmt noch stundenlang warmgehalten oder sonstwas. Das Highlight war aber, dass ich beim besten Willen nahezu kein Fett finden könnte, ich hätte nie gedacht, dass man eine Gans derart saftig und dennoch fettarm hinbekommen kann. Hier also ein dickes und 100% verdientes Lob an die Küche - es war spitze!!
Die schlechte Nachricht: die Beilagen waren allesamt eher zum Vergessen. Das Rotkraut war nicht nur zerkocht, sondern auch überwürzt, wobei die extrem starke Zimtnote dominierte, ich hatte anfangs fast den Eindruck, als würde ich Weihnachtsbäckerei essen. Die Brezenknödel (die eigentlich aussahen wie zwei kleine Stück Serviettenknödel) schmeckten zwar gut, waren aber etwas zu wenig und passten eigentlich nicht wirklich zur Gans. Mit einem ordentlichen halbrohen Kartoffelknödel hätte man mir mit Sicherheit mehr Freude bereitet. Auf den Bratapfel habe ich verzichtet. Punkteabzug gibt es außerdem noch dafür, dass alles auf einem Teller serviert wurde und man vom Saft somit nicht viel hatte, weil sich der mit dem Rotkraut vermischte. Zumindest das Kraut sollte in einem Extraschälchen serviert werden, dann hätten wir auch nicht ständig diesen penetranten Zimtgeschmack im Mund gehabt.

Als wir fertig waren, dauerte es gute 10 Minuten, bis unsere Teller abserviert wurden, was ich dem Personal aufgrund der Tatsache, dass das Restaurant ausgebucht war bis auf den letzten Platz, aber gerne verzeihe.

Trotz einiger Kritikpunkte war ich von meinem heutigen Besuch positiv überrascht, und obwohl ich mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Stammgast vom Grünspan mehr werde, kann ich das Lokalen besonders den Martinigansl-Freunden mit gutem Gewissen empfehlen.
gebratene Weidegans mit Rotkraut, Bratapfel und Brezenknödel - Grünspan - WienGrünspan - Wiengegrillter Schafkäse mit Speck - Grünspan - Wien
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2 Kommentare

ich habe grundsätzlich ja nichts gegen Zimt, aber Du weißt schon - allein die Dosis machts... ;-)

1. Nov 2011, 09:45·Gefällt mir

Klingt doch irgendwie besser als "es ging zu wie im Hühnerstall" ;-)

31. Okt 2011, 15:59·Gefällt mir
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